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Hofgeschichte  
Genealogie

Haus Schemmel - Unterwüsten Nr. 103
Geschichte des Hauses

Haus Schemmel[1], ursprünglich Unterwüsten Nr. 103, heute Vlothoer Straße 5.

Wilhelm Schemmel (1839-1909), der Erbauer des Hauses Unterwüsten Nr. 103 war um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert Abgeordneter im Lippischen Landtag und mit seinen Gütern in Sundern in Unterwüsten Nr. 6 und Röntorf im Kirchspiel Talle, einer der einflussreichsten und vermögensten Bewohner Wüstens. Er half mit Krediten vielen in Not geratenen Bauern und trat auch als Mäzen auf. Er unterstützte z.B. das ehemalige Kinderheim Bethesda in Salzuflen. Heinrich Thelemann  (1858-1928)[2] war zur selben Zeit Pastor in Wüsten.

Im Jahr 1899 kam es zu einem Zerwürfnis zwischen dem Wüstener Pastor Heinrich Thelemann und dem Gutsbesitzer Wilhelm Schemmel. Der Grund des Streites[3] zwischen den beiden Kontrahenten soll hier aber nicht Gegenstand einer Erörterung sein. Dieses Zerwürfnis war so heftig, dass es zu einer zehnjährigen Kirchenspaltung in Wüsten kam. Wilhelm Butterweck schreibt dazu in seinem Buch von 1926, "Die Geschichte der Lippischen Landeskirche"[5] : "Während seiner Amtstätigkeit in Wüsten [Pastor Heinrich Thelemann] entstand ein tiefer Riß in der Gemeinde, veranlaßt durch einen heftigen Streit zwischen ihm und dem Gutsbesitzer W. Schemmel, dem bekannten konservativen lipp. Landtagsabgeordneten und Mitglied des Synodalvorstandes ... Dieses Zerwürfnis hatte zur Folge, daß ein Teil der Gemeinde einen besonderen Seelsorger erhielt, für den der gen. Schemmel ein besonderes Pfarrhaus (heute Küsterwohnung) erbaute."

In einem Brief[5] vom Dezember 1899, unterschrieben von 113 Wüstener Bürgern, zumeist Familienvorstände, an das "Hochfürstliche Konsistorium", stellten sie sich auf die Seite von Schemmel. Diese zuvor fleißigen Krchgänger blieben nun dem Gottesdienst unter Pastor Thelemann fern. Die Mehrheit der Wüstener Bürger blieb aber auf Seiten von Pastor Thelemann.

Neben dem hauptamtlichen Pastor Thelemann stellte Wilhelm Schemmel zweite von ihm bezahlte Pastoren ein[6], von denen die "Abtrünnigen" im Kirchspiel Wüsten seelsorgerisch betreut wurden. Es waren nacheinander Konrad Bleibtreu, der später hauptamtliche Pastor in Wüsten; Max Warneck; Richard Wahle; Karl Müller und Otto Siebelist.   

Für sie und ihre Familien baute Schemmel im Jahr 1901 das Haus Unterwüsten Nr. 103, das zweite Pastorenhaus. Das Haus befindet sich noch heute im Besitz der Familie Schemmel.

Wilhelm Schemmel starb am am 18. November 1909 und Pastor Heinrich Thelemann verließ Wüsten am 16. Mai 1910, um Pastor in Silixen zu werden. Der Streit war beendet.


Quellen: 1 Foto: K. Pumpenmeier, Frühjahr 2013.
  2 Heinrich Thelemann, Pastor in Wüsten von September 1884 bis Mai 1910.
  3 Siehe hierzu: Bender, Wolfgang: Die Hand am Puls der Zeit. Lippische Alltagsgeschichte des ausgehenden 19. Jahrhunderts im Spiegel Amtsärztlicher Berichte. Detmold 2000. Seite 127ff.
  4 Butterweck, Wilhelm, Pastor in Schötmar: Die Geschichte der Lippischen Landeskirche. Verlag Fritz Dröge, Schötmar, 1926. Seite 635.
  5 Konsistorial-Akten, betreffend das amtliche und ausseramtliche Verhalten des Pastors Heinrich Thelemann in Wüsten ... Archiv der Lippischen Landeskirche in Detmold.
  6 Butterweck: Seite 636.