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Rittergut Steinbeck
   
   
   
   

Margarethe von Stietencron (1862-1937)

Margarethe von Stietencron

Schloß Stietencron in Schötmar

 

Margarethe von Lengerke, so ihr Mädchenname, wurde am 30. Oktober 1862 in Bremen geboren und entstammte einer alten niedersächsischen Familie. Ihr Vater, Dr. Heinrich von Lengerke (1825-1906), hatte sich zunächst als Syndikus der Bremer Handelskammer betätigt, bevor er 1864 das Rittergut Steinbeck bei Wüsten kaufte; 1868/70 ließ er oberhalb des Hofes ein neues Gutshaus im Stil eines englischen Herrenhauses errichten. Doch Heinrich von Lengerke spielte auch auf der politischen Bühne seiner neuen Heimat eine beachtliche Rolle. Als nationalliberaler Abgeordneter gehörte er seit 1876 fast 25 Jahre dem lippischen Landtag an – dessen Präsident er ebenso lange war; von 1887 bis 1890 vertrat er Lippe zusätzlich im Reichstag. Unvergessen ist sein karitatives Wirken: Mit der Stiftung von 10.000 M legte er den Grundstein für ein Kranken- und Siechenhaus, aus dem das heutige Stift Wüsten erwuchs. Verheiratet war Heinrich von Lengerke mit Wilhelmine Smidt (1837-1899), die der berühmten Bremer Gelehrten- und Bürgermeister-Familie Smidt angehörte.

Mit ihren drei Brüdern verlebte Margarethe von Lengerke eine unbe-schwerte Kindheit auf Gut Steinbeck und schlug dann den ihr vorgegebenen Weg junger adliger Frauen ein, verbunden mit dem Ziel, sich mit einem ebenbürtigen Partner zu vermählen. Dieser fand sich in Iwan v. Stietencron (1844-1897), dem Eigentümer des Rittergutes Schötmar; die Eheschlie-ßung fand 1885 auf Steinbeck statt. Aus der Ehe gingen zwei Töchter und zwei Söhne hervor: Benedicta (1886-1951), Iwan (1890-1914), Heinz (1893-1915) und Carola (1897-1972). Da Iwan von Stietencron bereits 1873, nach dem Tod seines Vaters, sein Erbe angetreten hatte, stand der jungen Familie das gesamte Schötmaraner Schloss zur Verfügung, das der Gutsherr schon vor seiner Eheschließung nach eigenen Plänen hatte umbauen und modernisieren lassen.

Kurt Wallbaum (1924-2007) hat in seiner 1988 erschienenen Monografie über das Rittergut und das Schloss Schötmar ausführlich die Verdienste Iwan von Stietencrons geschildert, die vor allem darin bestanden, die Fläche des Gutes zu vergrößern und alte Reallasten durch die Zahlung einer einmaligen Summe Geldes abzulösen. Allerdings verkaufte er auch Acker-flächen an Bauwillige, wodurch er die Entwicklung Schötmars enorm förderte. Beispielhaft sei hier die Südseite der Asper Straße genannt, die zwischen 1886 und 1898 zwischen „Tivoli“ und Mühlenweg fast vollständig bebaut werden konnte. Großes Interesse brachte Iwan von Stietencron dem Schlosspark entgegen, in dem er seltene Bäume anpflanzen ließ. Gelegentlich stellte er ihn der Schötmaraner Bürgerschaft für Feste zur Verfügung.

Nachdem Iwan von Stietencron am 22. Dezember 1897 im Alter von 52 Jahren verstorben war, hinterließ er seine Frau Margarethe und vier unmündige Kinder. Erbherr auf Schötmar wurde der erst siebenjährige Sohn Iwan, dessen Rechte durch seine Mutter als Vormund wahrge-nommen wurden. Damit lastete eine große Verantwortung auf Margarethe von Stietencron, die sich bis dahin kaum um die Bewirtschaftung und Verwaltung des Gutes gekümmert haben dürfte. Bravourös und mit großer Umsicht meisterte sie als Sachwalterin in den nächsten gut anderthalb Jahrzehnten ihre Aufgaben, wobei sie sich im Wesentlichen an den von ihrem Mann aufgestellten Leitlinien orientierte. Doch setzte sie auch zahl-reiche eigene Akzente, deren Wirkungen bis heute spürbar sind.

So unterstützte sie, dem karitativen Engagement ihres Vaters folgend, maßgeblich den Bau des Schötmaraner Krankenhauses, für das sie nicht nur kostengünstig einen Bauplatz zur Verfügung stellte, sondern auch häufig Wohltätigkeitsveranstaltungen organisierte und mitgestaltete. Mit großer Energie verfolgte sie den grundlegenden Umbau des Schlosses, der in der Erweiterung des Mitteltraktes und der Verlegung des Eingangs von der Nord- zur Südseite hin kulminierte. Die 1913 begonnene Umbaumaßnahme war im Hinblick auf die anstehende Übernahme des Anwesens durch ihren ältesten Sohn durchgeführt worden, dem sie ein renoviertes und moder-nisiertes Schloss übergeben wollte. Doch es sollte anders kommen!

Im bald darauf ausbrechenden Ersten Weltkrieg fiel bereits in den ersten Tagen der Anerbe, ziemlich genau ein Jahr später auch sein jüngerer Bruder. Beide wurden in einer gemeinsamen Trauerfeier Anfang Dezember 1915 (zunächst) im Mausoleum beigesetzt. Ihr beider Soldatentod hatte zur Folge, dass Margarethe von Stietencron gemäß Familienvertrag das Ritter-gut an ihren Schwager Hartwig von Stietencron (1847-1932) übergeben musste. Sie selbst – obwohl sie sich so für den Erhalt des Gutes eingesetzt hatte – verließ Schötmar und lebte fortan in Bremen, wo sie am 6. Februar 1937 verstarb. Beigesetzt wurde sie jedoch vor dem Mausoleum im Park „ihres“ Schlosses.

Dr. Stefan Wiesekopsieker


Quellen:

EiS (Evangelisch in Schötmar), Informationsblatt aus den ev.-ref. und ev.-luth. Kirchengemeinden, Nr. 186 (Juli-Oktober 2011), S. 8-9.

  Dank an Herrn Dr. Wiesekopsieker, Schötmar, der diese Biografie übermittelt hat.