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Hüttenbernd oder Hüttenmeier Oberwüsten Nr. 66

Die Hebamme Pohl aus Oberwüsten
von Jörg Pohl

Anna Margretha Louisa Hüttenmeier wurde am 22.06.1781 als eheliche Tochter von Jobst Henrich Hüttenmeier und dessen Ehefrau Anna Margrehta Elisabeth Deppe auf der Hüttenstraße Nr. 66 in Oberwüsten geboren.

Am 24.06.1781 wurde sie in Wüsten von Pastor Clüver getauft.

Am 10.07.1795 schrieb der Nachfolger von Pastor Clüver, nämlich Pastor Köhler, einen Bericht an das ‚Hochfürstlich Lippische Amt Schötmar‘. Darin beschreibt er die Lage in Wüsten in Bezug auf das Hebammenwesen. Die Hebamme Schröder aus der Unterwüsten wurde wegen ihres Alters in den Ruhestand versetzt. Eine neue Hebamme wurde kurzfristig nicht gefunden.
Eine 36 jährige Einliegerin auf Hüttenberends Hofe namens Ausmeyers, die sich gemeldet hatte, wurde wegen ihres Körperbaues nicht genommen. Pastor Köhler berichtet in diesem Schreiben auch, dass die Bevölkerung der jetzigen Hebamme bisher nur 6 Groschen für die Geburtshilfe gezahlt hat. Auf seine Anmerkung hin, dass dies wohl zu wenig wäre, antwortete man ihm, keine Frau gäbe mehr, auch Meierfrauen meistens nicht.

10 Jahre später, am 01.09.1805, heiratete Anna Margrehta Louisa Hüttenmeier Bernd Henrich Pohl aus Unterwüsten. Im gleichen Monat brachte Sie ihr erstes Kind zur Welt. Familie Pohl wohnte als Einlieger bei Schwein in Oberwüsten. Später, ab 1819 gab der Pastor im Taufregister an, dass sie als Einlieger bei Rasche in Oberwüsten wohnten.

Die zuständige Hebamme für Oberwüsten war Anne Katharine Elisabeth Wienböker, geborene Schwein. Diese starb am 09.11.1815 an ‚Brustkrankheit‘ im Alter von 67 Jahren. Pastor Krüger schrieb dazu ins Kirchenbuch: Anne Katharine Elisabeth, nachgebliebene Witwe des Johann Franz Wienböker, geb. Schwein, viele Jahre gewesene Hebamme in Oberwüsten.

Am 27.01.1816 verfasste Pastor Krüger ein Beglaubigungsschreiben über Anna Margrehta Louisa Pohl. Diese war 1816 34 Jahre alt. Gleichzeitig bescheinigte er, dass sie eine ehrbare Frau wäre, und so ihrer Wahl zur Hebamme seitens der Kirche nichts im Wege stünde.

Kurz danach, am 14.02.1816, schrieb Gemeinderat Weßel aus Schötmar, dass von der Kanzel und in den Bauerschaften öffentlich bekannt gemacht worden war, wer gegen die Wahl der Frau Pohl zur Hebamme wäre, dieses unverzüglich dem Amte mitzuteilen hätte. Es kam aber kein Einspruch.

So wurde Frau Pohl, die zu dieser Zeit selbst schon vierfache Mutter war, zusammen mit einer anderen Hebammenschülerin aus Ehrsen wahrscheinlich in Lemgo von Medizinalrat Dr. Focke unterrichtet. Dass der Unterricht erfolgreich abgeschlossen wurde, bescheinigte Dr. Focke am 05.03.1816. Frau Pohl selbst war zu dieser Zeit mit ihrem 5. Kind im 6. Monat schwanger. Zwei Tage zuvor, am 03.03.1816, wurde Frau Pohl vereidigt.

Am 06.03.1816 schrieb Gemeinderat Weßel, dass die Anstellung der Hebamme Pohl von der Kanzel bekannt gemacht worden war. Frau Pohl war nun offiziell die neue Hebamme von Oberwüsten.
Ihr 5. Kind aus der Ehe mit Bernd Henrich Pohl brachte sie am 24.06.1816 zur Welt. Der Knabe verstarb aber 3 Wochen später am ‚Husten‘.

Hebamme Pohl leistete im Durchschnitt pro Jahr bei 30 Geburten Geburtshilfe.

Sie selbst wurde noch zweimal Mutter, nämlich 1819 und 1822.

Am 31.08.1823 verstarb ihr Ehemann an einer Kolik. Die Witwe Pohl heiratete nicht noch einmal.

Am 29.06.1844 verfasste Pastor Knoll aus Wüsten ein Bittschreiben an das ‚Hochfürstliche Amt Schötmar‘. Darin berichtet er, dass die Hebamme Pohl schon seit einiger Zeit aus Krankheitsgründen ihren Dienst nicht mehr versehen könne. Frau Pohl hätte gesagt, dass Ihre Kränklichkeit durch ihren Beruf entstanden wäre. Sie hätte sich im Winter oft erkältet, vor allem, wenn sie nachts gerufen wurde. Mittlerweile sei sie fast ganz arbeitsunfähig.

Pastor Knoll bat das Amt um eine Pension von jährlich12 bis 13 Reichstalern für die Hebamme. Am 30.07.1844 wurde Frau Pohl eine jährliche Pension aus dem Hebammenfonds von 6 Reichstalern bewilligt. Das Geld bekam sie jeweils zu Michaelis.

Die Hebamme starb am 27.02.1849 in Oberwüsten. Pastor Knoll gab als Todesursache ‚Auszehrung‘ an. Das ist gleichbedeutend mit Tuberkulose oder Entkräftung.

Am 15.10.1849 bat Pastor Knoll die ‚Hochfürstliche Regierung‘ darum, den Erben der Hebamme Pohl, einem Sohn und einer Tochter, doch bitte noch für ein Jahr die Pension von 6 Reichstalern zu zahlen. Der Sohn und die Tochter, die beide arm wären, hätten die kränkliche Mutter lange gepflegt und hätten auch die Beerdigungskosten selbst aufgebracht.

Der daraufhin befragte Untervogt Kleine gab zu Protokoll, dass die Hebamme 4 unbemittelte Kinder hinterlassen hatte, 2 davon verheiratet, 2 ledig. Weiterhin gab er an, dass letzte durch die lange Pflege der Mutter verarmt sind.

Am 23.11.1849 wurde zugunsten der Kinder entschieden. Sie erhielten einmalig 6 Reichstaler.

Die Hebamme Anna Margrehta Louisa Pohl wurde 67 Jahre alt.


Quellen: Landesarchiv NRW L77A Nr. 6319-6322
  Landesarchiv NRW L108 Schötmar Fach 23
  Kirchenbücher Wüsten im Archiv der Lippischen Landeskirche Detmold.