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Flora und Fauna in Wüsten  ̶  Rotkehlchen (Erithacus rubecula)

Systematik:

Ordnung:
Sperlingsvögel
(Passeriformes)
Unterordnung:
Singvögel (Passeri)
Familie:
Fliegenschnäpper (Muscicapidae)
Gattung:
Erithacus
Art:
Rotkehlchen (Erithacus rubecula)

 

Abb. 2 Rotkehlchen unter dem winterlichen Futterplatz

Abb. 3 Singendes Rotkehlchen

Abb. 4 Jungvogel

Abb. 1 Rotkehlchen auf einem Erlenzweig

Kennzeichen:
Das Rotkehlchen ist ein kleiner rundlicher, relativ langbeiniger Vogel mit großen schwarzen Augen. Männchen und Weibchen sind vom Aussehen her gleich. Das Rotkehlchen hält sich zumeist auf dem Boden auf und zuckt häufig mit Schwanz und Flügeln.

Färbung:
Brust, Gesicht und Stirn sind leuchtend orangefarben. Die Oberseite ist einfarbig olivbraun und die Unterseite hellgräulich bis weißlich.
Der Jungvogel hat noch keine rötliche Kehle. Er ist stark dunkelbraun und rahmfarben gefleckt.

Fortpflanzung:
Das Nest legt das Rotkehlchen in Bodenvertiefungen, an Böschungen unter Grasbüscheln, zwischen Baumwurzeln, unter Gestrüpp, auch gelegentlich in Mauerlöchern, aber immer in Bodennähe an. Ende April bis Anfang Mai legt das Weibchen 5 - 7 weißgrundige Eier mit rötlichen bis dunklen Punkten. Das Weibchen brütet 13 - 15 Tage, die Jungen werden von beiden Eltern im Nest gefüttert. Häufig kommt es zu einer zweiten Jahresbrut.

Nahrung:
Kleine wirbellose Tiere wie Insekten, Spinnen und Würmer. Im Winter auch Beeren und am Futterplatz auch vom Meisenknödel oder anderer fettreicher Nahrung.

Biotop:
Zur Brutzeit in Wäldern aller Art vom Tiefland bis zur oberen Waldgrenze, in Gebüschen, Hecken, Parks und Gärten, vor allem in Gewässernähe z.B. an Bachrinnen. 

Verbreitung:
In Mitteleuropa ist das Rotkehlchen ein häufiger Brutvogel. Es fehlt aber in Island und den nördlichen Breiten Skandinaviens und Rußlands, ebenso im Süden der iberischen Halbinsel..

Vorkommen in Wüsten:
Bei uns in Wüsten ist dieser hübsche Vogel keine Seltenheit. Obwohl er im Sommer hier häufiger ist, sehen wir ihn im Winter an unseren Futterstellen öfter. Während der Brutzeit ist er sehr heimlich. Er hält sich unter Büschen und auch unter Unkraut auf. Er verrät uns nur selten sein Nest.

Wanderung:
Teilzieher und Kurzsteckenzieher. Rotkehlchen ziehen nachts. Aus dem Norden Europas fliegen sie im Winter nach Mitteleuropa und die, aus unseren Breiten, ziehen zum Teil bis nach Nordafrika.

Verhalten:
Das Rotkehlchen-Männchen singt vor der Brutzeit beinahe den ganzen Tag, gleich ob es regnet oder die Sonne scheint. Beginnt das Weibchen mit der Brut nimmt der Gesang stark ab, um dann wieder anzusteigen. Auch im Winter wird gesungen.
Das Rotkehlchen bewegt sich sowohl am Boden als auch im Gezweig nur hüpfend vorwärts. Es badet häufig im Wasser und auch im Sonnenschein zu allen Jahreszeiten.
Bei Gefahr nimmt es eine Drohhaltung an und singt laut und warnend.

Aus der lippischen Vogel-Literatur:

Gustav Wolff schreibt in seinem Buch: "Die lippische Vogelwelt" über das Rotkehlchen nachstehendes:

"Das Rotkehlchen ist einer unserer häufigsten Brutvögel. Man trifft es im Laub- und im Nadelwalde, sowohl in den Flußtälern, als auch an den Gebirgshängen überall an, und vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätsommer vernimmt man seinen innigen und schönen Gesang, öfter hört man noch bis Mitte Oktober beim Scheine der Herbstsonne Rotkehlchens Lieder. Am 14. Dezember 1916 sang ein Rotkehlchen laut und anhaltend im Gebüsch meines Gartens, desgleichen am 16. Dezember bei äußerst milder Witterung noch nachmittags um 4 Uhr. Auch am 23. Februar 1919 hörte ich bei milder und feuchter Witterung ein überwinterndes Rotkehlchen in meinem Garten fleißig singen. Einzelne Vögel, doch wohl weniger unsere eigentlichen Sommerbrutvögel, als vielmehr höchstwahrscheinlich nordische, zugewanderte Vettern, bleiben stets den ganzen Winter über bei uns. An offenen Waldbächen gehen sie im strengen Winter der Nahrung nach, oder kommen in die Dorfgärten, in die Nähe der Häuser, selbst in die geöffneten Scheunen, sind regelmäßige Gäste des Futterplatzes, wissen sich überhaupt schlecht und recht durchzuschlagen. Im März ziehen die Scharen aus südlichen Winterherbergen heimkehrenden Rotkehlchen durch und beleben für Tage Busch und Strauch mit Ihrem Gesang und mit lebhaften Lock- und Weckrufen. Das Nest steht in der Regel am Boden in einer Vertiefung, an Hängen unter einem Grasbüschel, einer Baumwurzel, doch fand ich es auch wiederholt in Mauerlöchern des hiesigen Parks in über 1 m Höhe, einmal in einer Baumhöhle."

Im 1928 erschienenen Buch "Vögel am Nest" von Gustav Wolff können wir lesen:

"Viel schlichter und einfacher [als das Nest der Heckenbraunelle] ist das Nest unseres hübschen Rotkehlchens. Der überall häufige Vogel, den man in größeren Gärten, Parks und Anlagen, in dichten Feldgehölzen und am Rande finsterer Nadelwälder, an bebuschten Flußläufen und an niederem Stangengehölz und mächtigem Hochwald gleichmäßig antrifft, brütet gern am Boden. In einer Bodenvertiefung unter einem Grasbüschel, in einem niedrigen hohlen Baumstumpf, jedenfalls immer so, daß das Nest eine Überdachung hat, trägt das Rotkehlchen eine Menge Niststoffe, Grashalme, kleine Blättchen, Würzelchen und vor allem Moos zusammen und formt eine tiefe und saubere Mulde, die sorgfältig aus Würzelchen, Gräsern, Daunen, ein paar kleinen Federn und Wollklümpchen geflochten und gewebt ist. Wenn die Rotkehlchen auch zu unseren wenig scheuen Vögeln gehören, so lassen sie sich doch nicht gern und leicht beim Nestbau beobachten. Gewahren sie den Beobachter nicht weit von der Niststelle, so lassen sie sofort die Baustoffe aus dem Schnabel fallen, schnickern laut, beobachten von sicherer Warte aus oder fliegen davon."


Quellen: Bezzel, Einhard: Vögel. BLV Handbuch. Sonderausgabe. München, o.D.
  Glutz von Blotzheim: Urs N.: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. AULA-Verlag, Wiesbaden, 1988.
  Wolff, Gustav: Die lippische Vogelwelt. Druck und Verlag: Kunstdruckerei Dröge, Schötmar, o.D.
  Wolff, Gustav: Vögel am Nest. Herausgegeben von der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen. Verlag von J. Neumann-Neudamm,1928.
Text: Klaus Pumpenmeier
Fotos: Jürgen Podgorski, Bad Salzuflen. Abb.1
  Klaus Pumpenmeier. Abb. 2
  Monique Bogaerts, NL. Abb. 3
  Joe Dunckley / Cotch.net. Abb.4