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Heckenbraunelle (Prunella modularis)

Systematik:

Ordnung:
Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung:
Singvögel (Passeri)
Familie:
Braunellen (Prunellidae)
Gattung:
Braunellen (Prunella)
Art:
Heckenbraunelle (Prunella modularis)

 

Abb. 2 Heckenbraunelle in typischer Haltung auf einem Heckenrosenzweig

Abb. 3 Heckenbraunelle im Abflug

Abb. 4 Nest mit 4 Eiern und einem soeben geschlüpften Jungen.

Abb. 1 Nur selten finden wir die Heckenbraunelle im Futterhäuschen
und nie am Meisenknödel. Sie sucht am Futterplatz die "Brosamen" auf,
die andere Vögel fallen ließen.

Kennzeichen:
Die Heckenbraunelle hat fast Sperlingsgröße. Sie gehört zu den Vogelarten, die bei flüchtiger Betrachtung leicht mit einem Haussperling (♀) verwechselt werden, wenn nur der spitze Schnabel nicht wäre, der auf einen Insektenfresser hinweist.

Färbung:
Kopf und Brust sind bleigrau, die Oberseite ist braun mit schwarzer Längsstreifung. Beide Geschlechter sind gleich gefärbt.

Fortpflanzung:
Gewöhnlich brütet die Heckenbraunelle 2x im Jahr. Das Weibchen bebrütet die ca. 5 Eier etwa knapp 2 Wochen lang, anschließend füttern beide Altvögel die gleiche Zeit über die Jungen.
Das Nest hat die Form eines offenen Napfes und wird häufig gut getarnt in Bodennähe in einem Gebüsch gebaut, es kann aber auch höher angelegt sein.

Nahrung:
Wie schon eingangs erwähnt ernährt sich die Heckenbraunelle (Schnabel!) im Sommer vor allem von kleinen Tieren. Ihr Verdauungssystem ist aber so angelegt, dass sie auch pflanzliche Nahrung aufnehmen kann, besonders im Winter.

Biotop:
Die Vogelart ist häufig in Gärten und Parkanlagen anzutreffen, wird aber wegen ihrer unauffälligen und heimlichen Lebensweise leicht übersehen.
Als Nistplatz kann auch einmal ein Haufen aus Obstbaumschnitt in der Ecke eines Gartens gewählt werden wie er z.B. von Brombeeren überwuchert (Foto) einmal angetroffen wurde. Deshalb sollte man mit der Entsorgung solcher Holzhaufen immer besonders vorsichtig sein, vor allem, wenn diese Stellen längere Zeit nicht beachtet wurden. Diese Orte sind übrigens auch bei anderen Vogelarten wie Rotkehlchen, Grasmücken oder Zaunkönigen sehr beliebt. Es gibt Naturschützer, die solche Stellen sogar absichtlich auf ihrem Grundstück anlegen.

Verbreitung:
Die Heckenbraunelle kommt in weiten Teilen Europas und Kleinasiens vor und ist bei uns Standvogel oder Teilzieher. Einige Vögel bleiben im Winter hier und sind dann auch an Futterstellen anzutreffen. Durch die Klimaerwärmung dehnt sich ihr Brutgebiet nach Norden (Norwegen, Nordschweden und Finnland) immer weiter aus. 

Vorkommen in Wüsten:
Die Heckenbraunelle gehört in Wüsten nicht zu den Seltenheiten. Dadurch, dass sie sehr unscheinbar ist und sich zumeist am Boden oder im Gebüsch aufhält, wird sie wenig wahrgenommen.

Wanderung:
Durch den Klimawandel überwintert die Heckenbraunelle zumeist hier. Nur noch selten zieht sie in südlichere Gefilde.

Verhalten:
Heckenbraunellen sind unauffällige Vögel, sie leben sehr heimlich. Gern halten sie sich am Boden auf und sind auch noch durch die Färbung der Oberseite gut getarnt. Leicht kann man sie übersehen.
Im Frühjahr kann man schon vor dem Austrieb des Laubes die Heckenbraunelle häufig auf exponierten Stellen singen hören, von wo aus sie ihr Revier verteidigt. Das Lied besteht aus einer mehr oder weniger langen Folge von auf- und absteigenden Tönen ohne besondere markante Motive, der Gesang ist aber nicht unmelodiös. Der aufmerksame Beobachter wird feststellen, dass die einzelnen Heckenbraunellen sehr unterschiedliche Strophen haben können: Auch unter ihnen gibt es manchmal wahre Künstler.

Aus der lippischen Vogel-Literatur:

Unser Schötmaraner Vogelkundler, Gustav Wolff, berichtet in seinem Buch "Vögel am Nest":

"Etwa vierzehn Tage bis drei Wochen später als die Bachstelze trifft bei uns ein schlicht gefärbtes Vögelchen, die Heckenbraunelle ein. Doch bleiben regelmäßig einige Vögel den Winter über bei uns, treiben sich im Tannengebüsch, unter Buschwerk, in Reisighaufen umher und kommen leicht auf die mit Mohnsamen bestreuten Futterplätze. Wiederholt habe ich sie auf dem winterlichen Futterplatze auch paarweise beobachtet, und nach der Ankunft im Frühling haben sich die Pärchen dieses schlicht, aber fleißig singenden Vogels zusammengefunden und beginnen bereits Anfang April mit dem Nestbau. Am 15. April 1914 beobachtete ich längere Zeit ein Pärchen, das sein Nest in einem alleinstehenden dichten Tannengebüsch errichtete. Ende April lagen die ersten Eier im Nest, am 3. Mai saß das Weibchen brütend auf fünf glänzenden, schön blauen Eiern. Durch vorsichtiges Zurseitebiegen eines Zweiges ließ sich das Nest so weit freilegen, daß das photographische Objektiv den brütenden bzw. zur Brut auf das Nest gehenden Vogel im Bild festhalten konnte. Im Gegensatz zu den meisten von mir beobachteten Fällen legte das brütende Weibchen wenig Scheu.an den Tag, flog ohne große Umschweife zum Nest und ließ sich auf den Eiern nieder.  Als ich mich am 5. Mai vorsichtig der Niststätte näherte, flog das Männchen aus dem Gebüsch. Ich nahm an, daß es das Weibchen im Brutgeschäft abgelöst hatte, denn von diesem war zunächst nichts zu sehen. Am 5. Mai fand ich in einem im dichten Gebüsch stehenden Braunellennest nur zwei stark bebrütete Eier, aus denen bereits am folgenden Tage die Jungen ausschlüpften. Die im Winter hier bleibenden Braunellen beginnen offenbar schon früher mit dem Brutgeschäft als die Zugvögel; fand ich doch am 3. Mai 1915 in einem Braunellennest, das im dichten Efeu an einem mächtigen Fichtenstamm versteckt stand, bereits vier nackte Junge und ein unbefruchtetes Ei."

In seinem Buch "Die lippische Vogelwelt" schreibt Gustav Wolff:

"Ein schlicht gekleidetes Vögelchen, ist die Braunelle meist  nur dem Vogelkundigen bekannt. Und doch findet sie sich bei uns als häufiger Brutvogel, die ihr aus frischem grünen Waldmoose erbautes Nest mit den 5 schönen blauen Eiern in Hecken, Reisighaufen und Brombeergestrüpp, im Efeugeranke und jungen Fichtenschonungen errichtet. Die Lebensweise erinnert an die des Zaunkönigs, der fleißig vorgetragene Gesang an den des Kanarienvogels. Einzelne Braunellen bleiben regelmäßig den Winter über hier und sind dann ständige Gäste des Futterplatzes. Hier wissen sie ihren Platz zu behaupten und weichen Amseln und Sperlingen keinesfalls aus. Es sieht immer lustig aus, wenn solch ein kleiner schwacher Knirps auf den viel stärkeren und frecheren Sperling losfährt. Noch ehe die aus der Winterherberge heimkehrenden Braunellen zurückkehren, lassen die daheim gebliebenen fleißig ihren Gesang erklingen."  

Dr. Friedrich Goethe machte folgende Beobachtung:

"Auch bei dieser Art erhebliche Bestandsunterschiede in den verschiedenen Jahren. So 1926 außerordentlich häufig, im Frühjahr sang buchstäblich auf jedem Leitungsmast eine Heckenbraunelle. In der Nähe der Stadt Detmold überwintern meist nur wenige Tiere. Zahlreicher überwinterte die Art im Winter 1925/1926, der nicht einmal besonders milde war. Im Frühjahr 1946 stellte sich eine auffallende Seltenheit des Vogels in der Umgebung von Detmold fest." 


Quellen: Berthold, Peter: Vogelzug. Eine Aktuelle Gesamtübersicht. 5. Auflage. Darmstadt, 2006.
  Bezzel, Einhard: Vögel. BLV Handbuch. Sonderausgabe. München.
  Glutz von Blotzheim: Urs N.: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. München 1997, Band 14/II.
  Goethe, Dr. Friedrich: Vogelwelt und Vogelleben im Teutoburgerwald-Gebiet. Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe e.V. Bd. VIII, Detmold 1948
  Heuer, Peter Ulrich: Heckenbraunelle (Prunella modularis), Unveröffentlichtes Manuskript.
  Wolff, Gustav: Die lippische Vogelwelt. Druck und Verlag: Kunstdruckerei Dröge, Schötmar, o.D.
  Wolff, Gustav: Vögel am Nest. Herausgegeben von der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen. Verlag von J. Neumann-Neudamm.1928.
Text: Klaus Pumpenmeier
Fotos: Peter Ulrich Heuer, Naturfotograf, Bad Salzuflen. Abb. 2, 3, 4
  Klaus Pumpenmeier Abb. 1