Home Zurück zur Übersicht      

Grünling; Grünfink  (Carduelis chloris)

Systematik:

Ordnung:
Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung:
Singvögel (Passeri)
Familie:
Finkenvögel (Fringillidae)
Unterfamilie:
Stieglitzartige (Carduelinae)
Gattung:
Zeisige (Carduelis)
Art:
Grünling (Carduelis chloris)

 

Abb. 2 Grünling Männchen

Abb. 3 Grünling, Weibchen mit Nistmaterial

Abb. 4 Grünling, Weibchen im
Rhododendron-Strauch

Abb. 5 Grünling, Männchen mit kräftigem, kegelförmigen, hell fleischfarbenem Schnabel
Abb. 6 Flugbild des Grünling Männchens
 

Abb. 7 Das im Rüttelflug über dem ♀ zur Paarung auffordernde Grünling ♂ lässt sich auch durch das Drohen des ♀ mit geöffnetem Schnabel nicht beeindrucken und verharrt eine Zeitlang in dieser ritualisierten Haltung.

 
 

Abb. 1 Grünling: Weibchen links; Männchen rechts am Futterhaus.
Neben den Kohl- und Blaumeisen ist der Grünling wohl der
häufigste Gast an unseren winterlichen Futterstellen.

Kennzeichen:
Der Grünling (Carduelis chloris), auch Grünfink genannt, ist etwa haussperlinggroß, untersetzt, mit tief gegabeltem Schwanz, dickem Kopf und kräftigem, kegelförmigen, hell fleischfarbenem Schnabel.

Färbung:
♂: Rücken olivgrün, der Bürzerl heller gelblich grün. Auffallend sind die leuchtend gelben Flügel-Außenfedern. 
♀: Matter gefärbt; mehr graugrün und braun, Gelb weniger ausgedehnt.
Jugendkleid: Bräunliche Längsstriche auf Rücken und der Unterseite.

Fortpflanzung:
Nest meist nicht sehr hoch in dichten Büschen, Hecken und jungen Nadelbäumen. Ein umfangreicher Nestbau, napfförmig, aus Halmen und kleinen Zweigen mit weicher Nestmulde. Brutzeit von April bis Juli, 2 (3) Jahresbruten. Die 4-6 weißlichen Eier mit bräunlichen und schwärzlichen Flecken werden vom Weibchen 13-14 Tage lang bebrütet. Die Jungen werden 12-14 Tage von beiden Eltern im Nest gefüttert.

Nahrung:
Samen, Beeren, Knospen, Blüten. Während der Brutzeit werden die Jungen auch mit Insekten, z.B. Blattläusen gefüttert. Im Winter häufiger Gast an Futterstellen.

Biotop:
In Mitteleuropa sehr häufiger Brutvogel an Walträndern, in Parks und Gärten. Hält sich an den Siedlungsraum des Menschen und dessen Kulturlandschaft. Auch in Städten ist er anzutreffen. Kulturfolger! Braucht zu allen Jahreszeiten ein gutes Angebot von Sämereien.

Verbreitung:
Von Spanien, Frankreich und den Britischen Inseln im Westen über Mittel- Norwegen, Schweden und Finnland im Norden; im Osten bis zum Ural; der Mittelmeerraum, Türkei, Israel, die afrikanische Mittelmeerküstenländer bis Marokko.

Vorkommen im Ortsteil Wüsten:
In vielen Gärten und Parkanlagen, auch auf dem Friedhof an der Kirche wurde er beobachtet.

Wanderung:
Vielfach Stand- oder Strichvogel, wenige auch Kurzstreckenzieher nach Süden und Westen.

Verhalten:
Der Grünling verharrt an den Futterstellen, bis er gesättigt ist. Er ist aggressiv gegen jeden anderen Besucher; auch gegen Artgenossen. Geduldet wird nur der Partner. Störungen werden durch sofortige Flucht beantwortet.  

 

Aus der lippischen Vogel-Literatur:
Heinrich Schacht, unser lippischer Naturliebhaber, schrieb eine kleine Geschichte über den Grünfink:
"Aus der Jugendzeit lebt noch immer ein Vogel in meiner Erinnerung, der von meinem Vater, von dem ich nicht nur die 'Statur', sondern auch die Liebe zur Natur geerbt habe, gezähmt war und frei im Zimmer umherflog. Dieser Vogel war ein Grünling, bei uns gelber Hänfling oder grüner Saatfink genannt. Auf einem kleinen an der Wand angebrachten Brettchen hatte der Vogel seinen Lieblingsplatz, wo selbst auch sein Futtertröglein stand. Wenn ihn mein Vater beim Namen rief, Kaspar war er getauft, so flog ihm der zutrauliche Vogel sofort auf den Kopf, die Schulter, ließ sich streicheln, auf den Finger setzen und im Zimmer umhertragen. Wir Kinder aber sahen immer nur aus respektvoller Entfernung zu dem Vogel hinauf, denn er war so bissig, daß er, sowie wir nur den Finger zu ihm emporstreckten, schon in Kampfposition stand, den Schnabel weit öffnete, den Kopf niedergebeugt vorstreckte, die Flügel ausbreitete, zitternd bewegte und wenn man ihm zu nahe kam, so gewaltig zu kneifen verstand, daß die Stelle gleich mit Blut unterlief.
In späteren Jahren habe ich auch verschiedentliche Zähmungsversuche mit jung aufgezogenen Vögeln dieser Art angestellt, fand aber, daß die unangenehmen Eigenschaften, ihre Bissigkeit und Unverträglichkeit, die ihnen auch in Freiheit anhaften, gerade im gezähmten Zustande zu größerer Entwicklung gelangen und uns den sonst schmucken Vogel gänzlich verleiden können. Im ersten halben Jahre geht es noch, aber je älter er wird, desto empfindlicher und boshafter wird er. Mit anderen Vögeln verträgt er sich ebenfalls schlecht, was man am besten am Freßgeschirr wahrnehmen kann, wenn man einmal einige Hanfkörner als Leckerbissen in den Gesellschaftskäfig wirft."

Die Beobachtungen von Dr. Friedrich Goethe über den Grünfink:
"Obgleich diese Art bei Detmold recht gemein ist, fiel mir auf, daß Grünfinken hier fast nie überwintern, eine Feststellung, die auch Brinkmann bei Hildesheim und Sehlbach im Mittelwesergebiet machten [Ornithologen der damaligen Zeit]. Erst im Januar 1931 stellte ich in der Allee bei Detmold zwei überwinternde Grünfinken fest, die sich dort wochenlang aufhielten. Etwa Ende März erschienen gewöhnlich die Ankömmlinge. Sehr auffallend ist es, daß im Hochsommer der Grünling beim Gesang viel mehr trillert und der langgezogene, charakteristische Ton stärker schwindet als im Frühjahr. Ob es sich dabei um den ersten Gesang junger Männchen handelt?"

Gustav Wolff, unser bedeutender Schötmaraner Vogelliebhaber, schreibt in einem 1928 erschienenen Büchlein:
"Der kräftige Grünling oder Grünfink ist durchaus nicht selten und namentlich auf alten Friedhöfen, in älteren Anlagen häufig anzutreffen. Auch die Pappeln und Kopfbuchen der Landstraßen wählt er gern zur Anlage des Nestes. Zeitig im Frühjahr beginnt das Männchen sein schlichtes, aber nicht unangenehm klingendes Liedchen zu flöten, das indes auf die Dauer bald ermüdend wirkt und durch angefügte rätschende Töne auf die Nerven fallen kann. Ende April, oft jedoch erst Anfang Mai beginnen die Vögel mit dem Nestbau, und sind dabei aber noch vorsichtiger als unsere Hänflinge und auch gegen Störungen recht empfindlich. Die eigentliche Arbeit bei dem Nestbau muß auch hier das Weibchen leisten, immerhin trägt das Männchen Niststoffe mit herbei. Das Brutgeschäft scheint nach meinen Beobachtungen das Weibchen zu erledigen, wenigstens habe ich das Männchen nie am Nest oder doch in unmittelbarer Nähe gesehen. Auch eine Fütterung des Weibchens von seiten des Männchens habe ich am Nest nie beobachtet. Anfang Mai 1916 hatte sich ein Pärchen im hiesigen Park [Stietenkronscher Park] ein Nest im Efeu einer Grotte errichtet, und das Weibchen bebrütete von etwa der Mitte des Monats ab das Gelege aus 5 Eiern. Die Brutdauer währt genau 13 Tage, also einen Tag länger als die des Hänflings, doch vermag ich nicht zu behaupten, daß das die regelmäßige Brutzeit ist. Sind erst Junge im Nest, stellt sich auch der Grünlingsvater ständig mit zur Fütterung ein. Doch auch jetzt zeigen beide Ehegatten die alte Scheu am Nest." 

   
   

Quellen: Glutz von Blotzheim: Urs N.: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. München 1997, Band 14/II.
  Bezzel, E. / B. Gidstam: Vögel. BLV Bestimmungsbuch, München 1978.
  Bezzel, Einhard: Vögel. BLV Handbuch. Sonderausgabe. München.
  Cerny, W. / K. Drchal: Welcher Vogel ist das? Kosmos. Stuttgart, 3. Auflage, 1973.
  Goethe, Dr. Friedrich: Vogelwelt und Vogelleben im Teutoburgerwald-Gebiet. Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe e.V. Bd. VIII, Detmold 1948
  Schacht, Heinrich: Die Vogelwelt des Teutoburger Waldes. Verlag der Meyerschen Hofbuchhandlung (Max Staercke). Detmold 1931.
  Wolff, Gustav: Vögel am Nest. Herausgegeben von der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen. Verlag von J. Neumann-Neudamm.1928.
Text: Klaus Pumpenmeier
Fotos: Rolf Dieringer, Landschaftswart in Bad Salzuflen: Abb. 2, 3
  Klaus Pumpenmeier: Abb. 1, 4, 5