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Die Jobsthardestraße in Wüsten
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Auszug aus:
„In den Wind geredet. Biografische Notate“. von
Dr. Hartmut
Meierkord
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Die Jobsthardestraße in Wüsten hieß früher
Kirchstraße. Die Umbenennung erfolgte in einer Phase
tiefer kirchlicher Umbrüche und Verunsicherungen,
hervorgerufen auch durch die 1968er Studentenbewegung. So
stand etwa die Neubesetzung des Amtes des
Landessuper-intendenten in Lippe, ganz im Zeichen „starker
kirchlicher Anfechtung“, wie es im Westfalen-Blatt vom 20.
Januar 1970 hieß. Einer der Kandidaten, Herr Dr. Viering aus
Berlin, machte in seinem Bewerbungsvortrag denn auch
deutlich, dass die Kirche sich in einem Umbruch befände,
tiefgreifender als der vom Mittelalter zur Neuzeit, denn
heute würde die Existenz der Kirche selbst in Zweifel
gezogen. Tübinger Theologiestudenten würden die Grundlagen
des Evangeliums gänzlich verneinen und das Evangelium als
das „Erzeugnis neurotischer Spießer“ bezeichnen.
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Viering schürte damit Ängste und
knüpfte indirekt an den Konflikt zwischen Aufklärung und
sogenannter Erweckungsbewegung an, was ihm letztlich zum Job
verhalf. In diesem Klima und im Rahmen der Eingemeindung von
Wüsten in Bad Salzuflen erfolgte auf Wunsch und Druck
verschiedener Gemeindemitglieder u.a. Niederlag (Nachfolger
von Jobstharde) und Meierkord (Anwohner mit
Erweckungserlebnis an der Ostfront, bei dem er ganz knapp
dem sicheren Tod entkam) die Umbenennung der Straße, wobei
der nüchterne Hinweis auf das Bauwerk der Kirche
(Kirchstraße) durch den Namen einer Person (Jobstharde)
ersetzt wurde, die maßgeb-lich mit der Erweckungsbewegung in
Wüsten verbunden ist.
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Es handelte sich um eine
protestantische Bewegung, die eine Erneuerung der Kirche im
Sinne der Frömmigkeit zum Ziel hatte. Die Aufklärung führte
in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts auch zu Veränderungen
in der Theologie. Große Teile der Offenbarung wurden als in
der Vernunft begründbar angesehen und verloren so ihren
transzendenten Charakter. Sittlichkeit und Moral wurden in
den Vordergrund gerückt, Glaube und Erlösung in den
Hintergrund. Entsprechend sollte der Heidelberger
Katechismus durch den sog. „Leitfaden“ ersetzt werden. Die
Erweckungsbewegung entstand wesentlich durch die
Auseinandersetzung mit der Aufklä-rungstheologie und als
deren Gegenbewegung. Erweckungsbewegung und Romantik sind
eng verbunden, denn in beiden wird der aufklärerische
Rationalismus abgelehnt. Der romantischen Betonung des
Gefühls entspricht die Bedeutung der spirituellen Erfahrung
bis zur religiösen Schwärmerei der Erweckungsbewegung.
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Jobstharde wurde am 17. Juli 1797 in
Wüsten geboren und starb dort am 05. Juni 1858. Er hatte als
Landwirt auf dem Hof von Niederlag, Unterwüsten Nr. 13,
gelebt. Seine Lebenszeit umfasst im Wesentlichen die Epoche
der Romantik (1795-1848).
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