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Inhaltsverzeichnis |
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Vorwort |
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Erster Teil
– Überblick |
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Zweiter Teil
– Einzeldarstellung |
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Anhang |
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Entwurf zu einem Lippischen
Höferecht |
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Alphabetisches Verzeichnis |
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–
0 – |
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Der Bauer ist
des Vaterlandes
erster Sohn.
Ernst Moritz Arndt. |
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Das |
Lippische Höferecht |
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––––– |
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Von
Albrecht Tasche,
Assessor in Lage. |
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Clemens Böhringer vorm. Kotzenberg'sche Buchhandlung
Lage (Lippe).
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– VI – |
Vorwort.
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Das lippische Höferecht, dessen älteste gesetzlich
geregelte Teile bis auf das Jahr 1620 zurückgehen,
erstreckt sich in der lippischen Gesetzgebung auf
einen Zeitraum von etwa 300 Jahren. Bei den
mannigfachen Ergänzungen und Abänderungen und bei
dem Mangel einer einheitlichen Regelung des
Höferechtes sind die einzelnen gesetzlichen
Bestimmungen über die umfangreichen 25 Bände der
Landesverordnungen, wie die zur Zeit bereits über
16000 Druckseiten umfassende lippische
Gesetzsammlung allgemein heißt, weit und
unübersichtlich zerstreut. |
Die früheren Bearbeitungen des lippischen
Höferechtes von Georg Ferdinand Führer (Darstellung
der meierrechtlichen Verfassung in der Grafschaft
Lippe, Lemgo 1804) und von Bernhard Meyer (das
Kolonatsrecht im Fürstentum Lippe, Detmold 1855)
liegen mehr denn 50 und 100 Jahre zurück. Grade in
den letzten 50 Jahren sind aber erhebliche Eingriffe
in den Bestand des Höferechtes erfolgt. Dahin
gehören reichsgesetzlich : Die einheitliche Regelung
des Großjährigkeitsalters und des ganzen
bürgerlichen Rechts einschließlich des
Grundbuchwesens, landesgesetzlich: die anderweite
Regelung der Brautschätze und der Teilbarkeit der
Höfe sowie die Vorschriften, die zur Ausführung des
BgB. ergangen sind. |
Die größte Unsicherheit hat aber das BgB. durch
seine abweichende Regelung der güterrechtlichen und
erbrechtlichen Verhältnisse und nicht zuletzt durch
seine zahlreichen Vorbehalte zu Gunsten des
Höferechtes herbeigeführt. Eine neue, übersichtlich
gegliederte Darstellung des Höferechtes lässt sich
daher nicht von der Hand weisen. |
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– VII – |
Der Stoff ist in der Weise geordnet, daß im ersten,
einleitenden Teile ein kurzer Überblick über die
Bedeutung des Ackerbaues und über die
geschicht-liche Entwickelung des lippischen
Grundbesitzes und des lippischen Güterrechtes
insbesondere bezüglich des Bauernstandes zu geben,
der Versuch unter-nommen ist. Denn die für den
Ackerbau so wichtigen Grundbesitzverhältnisse,
namentlich aber die Güterrechts- und
Erbrechtsverhältnisse des lippischen Bauernstandes
sind beide nur unter Berücksichtigung ihres
geschichtlichen Werdeganges zu verstehen. |
In dem ausführenden zweiten Teile erfolgt dann die
eigentliche Darstellung des Höferechtes. Die in
Betracht kommenden Rechtsverhältnisse sind unter
sieben Gesichtspunkten zusammengefaßt: Hofgut,
Hoferblasser, Anerbe, Brautschatz, Überlebender,
Interimswirt, Leibzucht. |
Im
Anhange sind drei Muster der für die bäuerlichen
Verhältnisse am häufigsten in Betracht kommenden
letztwilligen Verfügungsarten beigegeben, um den
beteiligten Kreisen, namentlich dem Hoferblasser und
dem Dorf-Vorsteher, bei der Errichtung letztwilliger
Verfügungen zur Hand zu gehen. Beigefügt ist auch
ein Muster eines Hofabtretungsvertrages nebst
Leibzuchtsbestimmung und Auflassung. |
Schließlich folgt im Anhange eine Kritik des
Höferechtes nebst einem Entwurfe für dessen
gesetzliche Neuordnung. |
Abkürzungen. |
BgB. =
Bürgerliches Gesetzbuch; Zahlen, welche dem Datum
eines Gesetzes folgen, bezeichnen Band und Seite der
Landesgesetzsammlung, z.B.: Verordnung vom 24/9.
1782; 3,25 = Band 3 Seite 25; Güter-O.=
Güterordnung; Güter-G. = Gütergemeinschaft; Führer
s. S. 16; Meyer s. S. 16. |
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– VIII – |
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Dem Landwirte |
Herrn L.Lindemann |
Lindemannshof |
in Verehrung |
zugeneigt. |
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– 1 – |
Onnium
rerum, ex quibus aliquid acquiritur, nihil est
agricultura melius, nihil uberius, nihil dulcius
nihil homine libero dignius.
Cicero: de officiis.
Kein Beruf ist schöner, lohnender und erhebender,
kein Beruf eines freien Mannes würdiger als der
Ackerbau.
Cicero: Die Berufe. |
Erster Teil
|
Überblick
|
Kapitel I. |
Der Ackerbau |
§ 1. |
Staat und
Wirtschaft. |
Der
Staat, der heutige Inbegriff und oberste Maß-stab
aller irdischen Macht und Größe, baut sich auf zwei
Grundlagen, einer dinglichen und einer persön-
lichen auf. Die dingliche Grundlage bildet
– als ein räumlich
abgegrenzter Teil der ganzen Erdoberfläche – der
Grund und Boden eines Landes mit seinen Schätzen und
Werten in Berg, Forst und Acker. Die persönliche
Grundlage bilden – als ein zahlenmäßig abgegrenzter
Teil der ganzen Erdbevölkerung – die Bewohner eines
Landes. |
Der Grund und Boden einerseits, die Bevölkerung
anderererseits würden jeder für sich und ohne
Wech-selbeziehungen zu einander nicht wohl denkbar
sein. Erst durch die Herstellung und Betätigung der
Wech-
selbe- |
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– 2 – |
ziehungen zu
einander und unter sich tritt das hervor, was wir
als wirtschaftliches Leben zu bezeichnen ge-wohnt
sind. Das wirtschaftliche Leben mit seinen
un-endlichen, durch Nachfrage und Angebot geregelten
Bedürfnissen spielt sich seiner äußeren Erscheinung
nach nun ab zwischen Produktion und Konsumtion,
Erzeugung und Verbrauch der Lebensgüter.
Konsu-menten von Lebensgütern sind mehr oder minder
alle, Produzenten dagegen nicht alle Menschen. |
Das
Mittel zur Erzeugung von Lebensgütern im Sinne von
wirtschaftlichen Werten erblicken wir Menschen in
unserer Einsicht, unserem Willen und unserer
Arbeitskraft. Das Maß unserer Einsicht läßt uns die
Verschiedenartigkeit der Werte, insbesondere deren
Verwertbarkeit für uns erkennen. Vermöge des Willens
entschließen wir uns, diesen oder jenen
Wert-gegenstand für uns zu erlangen und uns und
unseren Bedürfnissen dienstbar zu machen. Die
Arbeitskraft schließlich dient zur Durchführung des
Willens mittels Arbeitsleistung zwecks unmittelbarer
Beschaffung der benötigten Werte selbst oder zwecks
Beschaffung von vorerst weiteren Mitteln zur
demnächstigen Erlangung der benötigten Werte. |
Die Betätigung der Arbeitskraft im Dienste der
menschlichen Einsicht und des menschlichen Wissens
kann auf die mannigfachste Weise und in den
ver-schiedensten Richtungen erfolgen. Sie kann sich
erschöpfen in der Vermittelung, also der Zuführung
und Beförderung der Lebensgüter von dem Produ-zenten
zu dem Konsumenten, der Hauptbetätigung des Handels
und des Verkehrs. Sie kann sich beschränken auf die
Bearbeitung und Verarbeitung der Rohstoffe, also auf
die Vervollkommnung und Werterhöhung von
Lebensgütern, der Hauptbetä-tigung der Industrie und
des Gewerbes. Die Arbeitskraft kann endlich sich
zuwenden der Hebung und |
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– 3 – |
Bereitstellung der Schätze und
Werte des Grund und Bodens selbst, der
Hauptbetätigung des Bergbaues, oder auch sich
zuwenden der Bewirtschaftung der Oberfläche des
Grund und Bodens, der Haupt-betätigung des
Ackerbaues, nämlich der Land- und Forstwirtschaft,
des Garten-, Obst- und Weinbaues sowie der
Viehzucht. Alles das ist auf die Erzeugung von
Werten gerichtete, ehrliche Arbeit. |
§ 2. |
Wirtschaft und Ackerbau |
Bei der Abmessung der verschiedenen Berufs- oder
Erwerbszweige, wie wir die mannigfachen Arten der
Werte erzeugenden Arbeitsleistung zusammen-fassend
bezeichnen, erhellt, daß Handel und Verkehr,
Industrie und Gewerbe nur in Tätigkeit treten
können, soweit Lebensgüter zur Vermittelung oder zur
Bearbeitung oder Verarbeitung vorhanden sind, daß
demnach diese großen und gewaltigen Erwerbs-zweige
abhängig sind von denjenigen Erwerbs- und
Berufszweigen, welche ihnen die zu ihrer Betätigung
erforderlichen Lebensgüter bereit stellen, nämlich
der Bergbau und der Ackerbau, zusammengefaßt unter
dem Namen: Urproduktion. Auszugehen von dem
nationalen Idealgrundsatze, - für den Fall eines
Krieges übrigens ein sich von selbst verstehender
Grundsatz, - daß jeder auf Selbständigkeit Anspruch
erhebende Staat seine Bedürfnisse im wesentlichen im
eigenen Lande muß und soll decken können, läßt sich
daher wohl sagen, daß Bergbau und Ackerbau das Maß
der Kräfte eines Staates darstellen. Denn nur in der
eigenen Kraft ruht das Schicksal der Nation. |
Bei dem
Verhältnis von Bergbau und Ackerbau leuchtet leicht
ein, wer von beiden die breitere Grund- |
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– 4 – |
lage und
die größere Machtsäule des Staates bedeutet. Gehen
wir von reichsdeutschen Verhält-nissen aus, so sehen
wir den deutschen Bergbau auf einen geringeren Teil
von Schlesien und West-deutschland, hier zumeist nur
auf Teile von Westfalen, des Rheinlandes, der Pfalz
und der Reichslande beschränkt, im Übrigen nur
geringwertig und verein-zelt über das Reich
zerstreut. Die im deutschen Berg-bau beschäftigte
Bevölkerung und die durch den Bergbau verkörperten
und jährlich gehobenen Werte überhaupt stehen in
keinem Verhältnisse zu denen des Ackerbaues.
Jedenfalls läßt sich bei dem Mangel einheimischen
Bergbaues für unser Land bis auf die Gewinnung von
Steinen, Mergel, Torf, Sand, Salz und Soole ein
Vergleich überhaupt kaum ziehen. |
Der deutsche Ackerbau mit seinen vielseitigen
Bedürfnissen und seinen weit überragenden Werten in
Land- und Forstwirtschaft, in Viehzucht, in Garten-,
Obst- und Weinbau wird durchweg für alle Zeiten sich
als der sicherste, nachhaltigste und kaufkräftigste
Abnehmer nicht nur für bergbauliche, sondern auch
für industrielle und namentlich gewerbliche
Betätigung erweisen. Ebenso wird der deutsche
Ackerbau mit seinen für die Ernährung der Nation und
seinen, für das tägliche Leben am
allerunentbehrlichsten Erzeug-nissen der Äcker,
Gärten, Ställe, Weiden und Forsten dem deutschen
Handel und Verkehre die meisten Güter und Werte
zuführen oder bei seiner großen Aufnahmefähigkeit
durch ihn sich zuführen lassen. |
§ 3. |
Ackerbau und Staat. |
Es kommt hinzu, dass der deutsche Ackerbau bei
seiner körperlich und seelisch gefunden, sittlich
hebenden Beschäftigung eine weit kräftigere und
kernigere Be- |
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– 5 – |
völkerung
ernährt und großzieht, als irgend ein anderer, der
großen, in ihrer wirtschaftlichen Not-wendigkeit und
gewaltigen Bedeutung sonst gewiß nicht zu
unterschätzenden Erwerbs- und Berufs-zweige.
Dementsprechend stellt auch der deutsche Ackerbau
eine verhältnismäßig große Zahl Heimat und Vaterland
liebender Männer als Soldaten und Krieger, weit
überragend an Zahl und vielfach auch an Güte den
Handels- und Gewerbestand, namentlich der Groß- und
Mittelstädte, insbesondere aber die bergarbeitende
und industrielle Bevölkerung. Gleich-zeitig trägt
damit der deutsche Bauernstand bei der größeren
Inanspruchnahme seiner Söhne für Heer und Marine
allen anderen Berufsständen voraus mittelbar auch
erheblich höhere Lasten zu Gunsten von Reich und
Bundesstaat. |
Schließlich lehren uns die Geschicke aller Völker
und Staaten aus aller Vergangenheit mit unverrückbar
feststehenden, unwandelbaren Tatsachen und
Begebenheiten und es bezeugen aus allen Zeiten uns
Männer geschichtlicher Namen, daß der Ackerbau die
Grundfeste bildet des Staates und die sicherste
Gewähr für die Dauerhaftigkeit des Staatsgebäudes. |
Für unser Land treffen alle diese, nicht etwa neuen
Gesichtspunkte umsomehr zu, als Bergbau fast
garnicht und Industrie mit Einzelausnahmen nur in
geringem Umfange und meist auf die Städte
beschränkt, betrieben wird, Handel und Gewerbe im
Lande dagegen durchweg nur örtliche Bedeutung haben,
der große Schienenverkehr uns aber überhaupt
entzogen ist. |
In Erkenntnis und Würdigung der hohen Bedeutung des
einheimischen Ackerbaues, der mangels Wein-baues und
mangels nennenswerten Garten- und Obst-baues zumeist
auf Fruchtbau, Forstwirtschaft und Viehzucht sich
beschränkt, setzt daher schon frühzeitig |
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– 6 – |
die
Gesetzgebung zur Pflege und Förderung dieses so
überaus bedeutsamen Berufs- und Erwerbszweiges ein.
Und man darf wohl sagen, es hat kaum eine Zeit
lippischer Geschichte gegeben, wo nicht der Ackerbau
treibende Beruf, der Bauernstand, der besonderen
Zuneigung und Fürsorge der Landes-herren sich zu
erfreuen gehabt hätte. |
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– 7 – |
Arbeit macht frei. |
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Kapitel
II. |
Grundbesitz und Hörigkeit. |
§ 4. |
Landesherr und Grundbesitz. |
Das lippische Höferecht hängt in seinen Grundlagen
mit der Geschichte des Landes und des
landes-herrlichen Hauses aufs engste zusammen. |
Die ersten Ahnen des Hauses Lippe treten als
Grundbesitzer an den Quellen und an dem Oberlaufe
des am Südabhange des Teutoburger Waldes
entspringenden und schon von den Römern so benannten
Flusses Lippe (lippia) in die Erscheinung. An den
Ufern der Lippe, namentlich in der Gegend von
Lippstadt lagen zum großen Teile die ältesten
Stammbesitzungen des Geschlechtes und liegen als
Reste jener Besitzungen noch heute das Lippische Amt
Lipperode mit dem 1139 von dem Geschlechte
gegründeten Stifte Kappel.*) |
*) Anm. (Mit der Zeit, urkundlich seit dem Jahre
1123, nimmt das Geschlecht nach dem Flusse, an
dessen Ufern und in dessen Zuflußgebiete seine
Hauptbesitzungen lagen, den Namen: „zur Lippe“ an.
So kommt es, daß das Gesamthaus sich noch heute:
„zur [zu der] Lippe“, also nach der Lippe, dem
Flusse, und nicht nach dem Landesgebiet sich „zu“ |
|
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– 8 – |
Die übrigen Güter und Gerechtsamen lagen
zusam-menhanglos und weit über das alte sächsische
Her-zogtum Westfalen und die Grafschaft Mark
zerstreut. |
Erst im Laufe der Jahrhundertwende findet eine
Abrundung und Festigung des Besitzes statt,
namentlich seitdem das inzwischen erstarkte
Geschlecht, die Gefilde diesseits (nördlich) des
Waldes als die glücklicheren |
oder „von“ Lippe nennt. Unrichtig ist, wie hier
bemerkt werden mag, die Bezeichnung Lippe-Detmold in
Beziehung auf das Fürstentum, den Bundesstaat Lippe,
im Gegensatz zum Fürstentum Schaumburg-Lippe. Diese
Ausdrucksweise würde zutreffend sein, wenn es sich
ähnlich wie bei den sächsischen und thüringischen
Staaten um eine lippische Landesteilung handelte.
Zwischen Lippe und Schaumburg-Lippe hat aber nie ein
territorialer oder verfassungsmäßiger Zusammenhang
bestanden. Lippe ist Stammland und untertäniges
Gebiet des Hauses Lippe, während das Land Schaumburg
bei dessen Erwerbe durch die Grafen zur
Lippe-Alverdissen 1640 teils nach Hessen-Kassel,
teils nach dem Stifte Minden zu Lehen ging. Mit der
Erwerbung des Schaumburger Landes wurde der
gemeinsame Familien- und Stammname „Lippe“ wie bei
den sächsischen Staaten beibehalten, aber umgekehrt
wie dort dem Landesnamen angefügt zum Unterschiede
und im Gegensatze zu demjenigen Teile von Schaumburg
(die Rintelner Gegend), der im Jahre 1647 infolge
eines Vergleichs auf Grund lehnsherrlicher Ansprüche
an Hessen-Kassel zurückfiel. Von Lippe-Detmold läßt
sich nur in Beziehung auf die verschiedenen Linien
des Hauses Lippe und zu deren Unterscheidung
sprechen. Hier bildet der Geschlechtsname Lippe,
dort Sachsen, bei Schaumburg-Lippe seiner Zeit der
Landesname Schaumburg den Maßstab und das gemeinsame
Mittel). |
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– 9 – |
erkennend
und den Anschluß nach der Weser suchend, den
Höhenzug des Teutoburger Waldes überschritten, dort
die Feste und jetzige Ruine Falkenburg (1186)
angelegt, die Grafschaften Brake und Schwalenberg
erworben sowie die Burgen und Städte Lippstadt,
Lemgo, Detmold, Horn und Blomberg gegründet und mit
Privilegien ausgestattet hat. Nun erst, um die Mitte
des 13. Jahrhunderts und nach dem weiteren Erwerbe
des Schlosses Varen-holz und der Grafschaft
Sternberg (1399) läßt sich von einem einheitlichen
Lande und einer Herrschaft Lippe im Sinne des
heutigen Gebietes sprechen. |
Die Edlen Herren zur Lippewerden in den alten
Urkunden als Domini terrae, also als Herren des
Landes, als Eigentümer des Grund und Bodens
bezeichnet und das Land als Dominium lippiense oder
lippense, also als Herrschaft Lippe. Die
Gerechtig-keiten der lippischen Edelherren sind
daher nicht auf die Verleihung eines kaiserlichen
Grafenamtes oder auf lehnsrechtliche Verhältnisse
zurückzuführen, sondern als Ausfluß ihrer
grund-herrlichen Rechte des Besitzes und der
Verwaltung, der Bewirtschaftung und Nutzung der
ihnen zu Erbe und Eigen gehörenden Grundgüter
anzusehen. |
Das Eigentum des landesherrlichen Hauses am Grund
und Boden erstreckt sich mit der Zeit durch-weg über
das ganze Landesgebiet des jetzigen Fürstentums.
Neben dem landwirtschaftlichen Hause kommen als
Eigentümer geringerer und vereinzelt liegender Teile
jetzt lippischen Grund und Bodens erkenntlich nur
die alten Klöster und Stiftungen namentlich
Paderborn, (Abdinghof) und Korvey bei Höxter in
Betracht. Bei ihnen haben sich aber, obwohl auch sie
den Grund und Boden in ähnlicher Weise
meierstättisch oder lehnsmäßig untergeben,
landesherrliche Machtverhältnisse für unser
Landes-gebiet dauernd |
|
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– 10 – |
nicht
gebildet. Schließlich sind sie als ausländische
Besitzer inländischer lippischer Grundgüter und
Gerechtigkeiten infolge des Rheinbundes aller ihrer
Rechte im hiesigen Lande verlustig gegangen. |
So läßt sich sagen, daß als Eigentümer des Grund und
Boden im Lande im wesentlichen nur das
landesherrliche Haus in Frage kommt, auf welches mit
der Vernichtung der Macht der alten Stammes-herzöge
(Heinrich der Löwe) und dem späteren Verfall der
Macht der deutschen Könige und Kaiser selbst, auch
deren Machtbefugnisse vielfach übergegangen sind.
Vielfach ist aber der Grund und Boden auch mittels
Kauf, Erbschaft, Schenkung und sonstiger Geschäfte
des Lebens erworben. |
§ 5. |
Die Grundherrlichkeit. |
Als Eigentümer des bei weitem größten Teils des
Grund und Bodens des Landes verwalten und nutzen die
Landesherrn das Land unbeschränkt und nach freier
Willkür. Soweit sie selbst nicht den Boden nutzen
oder unter eigener Leitung oder Aufsicht
bewirtschaften lassen, wird er im Laufe der
Jahrhunderte den Landesbewohnern überlassen, mit
zunehmender Bevölkerung und erweiterter Boden-kultur
in ausgedehnterem Maße. Diese Überlassung findet
rechtlich ihren Ausdruck in der Grund-herrlichkeit,
die sich nach der Bodenverteilung als Städte-, Guts-
und Lehnsherrlichkeit kennzeichnet. |
a) Die Städteherrlichkeit. |
Im Besitze der Eigentumsrechte am Grund und Boden
befinden sich die lippischen Edelherren bereits
lange Zeit vor der Gründung der ersten lippischen |
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– 11 – |
Städte
(Lippstadt in der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts, Lemgo um die Wende des 12.
Jahrhunderts, erneuertes Stadtprivileg 1245). Sowohl
den Grund und Boden ihrer Bezirke als auch ihre
Rechte und Vorrechte verdanken daher die Städte
lediglich der freien Entschließung und Gnade der
Edelherren zur Lippe, wie die alten, von den
berufenen Vertretern der Städte vielfach selbst mit
unterzeichneten und mit untersiegelten Urkunden
bezeugen. Besondere Gegenleistungen der Städte
erfolgten ursprünglich erkenntlich nicht. Nur haben
die Städte bei einem Wechsel in der herrschenden
Hand Huldigung zu leisten, d.h. Treue und Gehorsam
zu geloben, wogegen ihnen dann der neue Landesherr
jedes Mal alle städtischen Rechte und Vorrechte
(Markt-, Zoll-, Verwaltungs- und Gerichtsfreiheit)
zu bestätigen pflegt. Erst im Laufe der Jahrhunderte
sind diese anfänglichen Gnadenerweise zu wirklichen,
seitens des Landesherrn einseitig unwiderruflichen
Rechten geworden, die in den Städteordnungen und in
allgemeinen Landesgesetzen ihren Ausdruck und ihre
Sicherung gefunden haben und nunmehr nur noch auf
verfassungsmäßigem Wege abgeändert oder aufgehoben
werden können. |
b) Die Gutsherrlichkeit. |
Auf dem platten Lande ist der Grund und Boden gegen
gewisse, bruchteilmäßige Leistungen (Natural- im
Gegensatze zu den späteren Geldleistungen)* in
landwirtschaftlichen Erzeugnissen des Ackers und des
Stalles und gegen Leistung von Diensten bäuerlichen
Besitzern
|
*) Anm. (Korn- oder Sackzehnt, Fleisch- oder
Blutzehnt, also 1/10 oder 10 % des Ertrages, die
sogenannten großen, und die kleinen Naturalabgaben
wie Schweine, Schafe, Gänse, Hühner (Kleinvieh)
sowie Brot, Eier, Speck, Würste, Butter, Wachs,
Garn, Flachs, Wein). |
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– 12 – |
überlassen. Die Dienstleistungen bestehen seitens
der Bespannten (Voll- und Halb- oder Zuspänner) in
Spanndiensten, seitens der Unbespannten in
Hand-diensten. Die größeren Besitzer auf Höfen
werden Meier (große oder ganze, Mittel- und gemeine
Vollmeier, Halbmeier und Viertelmeier), die
kleineren auf Stätten, Kolone, früher Groß-, Mittel-
und Kleinkötter, sowie Hoppenplöcker, d.i.
Hopfen-pflücker, und Straßenkötter genannt. |
Ihnen
allen ist der Grund und Boden nebst Wohn- und
Wirtschaftsräumen nur zum Besitz auf Zeit, zur
Bewirtschaftung und Nutzung (meierstättisch)
überlassen. Das Eigentum mit den aus ihm
hervorgehenden Rechten (Veräußerung, Belastung,
Vererbung) verbleibt dem Landesherrn. Die
bäuerlichen Besitzer sind danach durchweg alle dem
Grund und Boden, also dem Gute nach hörig oder
eigen. Diese Art bäuerlichen Besitzes wird daher als
gutshörig, gutseigen oder als meierstättisch und,
seit mit ihm bereits Erbrechte der besitzenden
Familie verbunden sind, als erbmeierstättisch
bezeichnet. Für ihre Person, also dem Leibe nach
können diese gutshörigen Besitzer frei sein. Solche
leibfreie, meierstättische größere Besitzer werden
auch wohl mit dem Sammelnamen Freimeier belegt. |
c) Die Lehnsherrlichkeit. |
Zur Bewachung und Verteidigung der mit der
Erweiterung des landesherrlichen Besitzes angelegten
und zu unterhaltenden Burgen und festen Plätze im
Lande (der Lippstädter, Falkenberger, Braker, Horner,
und Blomberger Burg, des Detmolder, Varenholzer,
Sternberger und Barntruper Schlosses) werden
besonders tüchtige und waffengeübte Männer
eingesetzt, die Ritter und Dienstmannen, der spätere
und heutige landsässige Adel, in den alten Urkunden
als ministeriales, |
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– 13 – |
Dienstleute, bezeichnet. Zu ihrem Unterhalte und als
Entgelt für ihre namentlich in Kriegen zu leistenden
Dienste, die aber vielfach auch politischer,
diploma-tischer und familiärer Art sind, werden sie
gleichzeitig mit größeren Liegenschaften, also mit
Burg und Gütern, auch wohl mit ganzen bäuerlichen
Ort-schaften, also mit Land und Leuten belehnt. Auch
ihnen steht lediglich Besitz auf Zeit, das Recht auf
Bewirtschaftung und Nutzung zu. In Bezug auf Burg
und Güter sind auch sie hörig, da das Eigentum mit
den aus ihm hervorgehenden Rechten der Veräu-ßerung,
Belastung und Vererbung auch hier dem Landesherrn
verbleibt. |
§ 6. |
Der Guts- und Lehnsbesitz. |
Mochten die Besitzungen der Ritter und Bauern an
Art, Größe, Ertrag und Wert auch noch so
verschie-den sein, in Bezug auf den Herrn und
Eigentümer des Gutes und in Bezug auf die Befugnisse
über das unterhabende lehns- oder meierstättische
Gut stehen Ritter und Bauern im wesentlichen sich
gleich, soweit letztere nicht ausnahmsweise etwa den
Rittern selbst oder sonstigen Dritten dem Leibe oder
dem Gute nach eigen sind. Bauern und Ritter haben
kein Eigen-tumsrecht an dem Gute, die gegenüber
jedem Dritten, also auch etwa dem Landesherrn
gegenüber hätten geltend gemacht werden können. |
Gegenüber dem Landesherrn haben alle nur das
zeitweilige Recht auf Besitz und Nutzung des Gutes,
nur gegenüber jedem Dritten auch das unbedingte
Recht auf Besitz und Nutzung. Beide Arten von
Besitzern können mangels Eigentums daher weder
veräußern noch belasten noch auch in Bezug auf das
Gut klagen oder verklagt werden. Keiner von beiden
kann die ihm an |
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– 14 – |
dem Gute
zustehenden Befugnisse ohne Zustimmung des
Landesherrn auf einen Dritten übertragen. Alle diese
Rechte stehen ursprünglich lediglich dem Landesherrn
zu, der in Bezug auf die Ritterbesit-zungen als
Lehnsherr, in Bezug auf die bäuerlichen Besitzungen
auch als Gutsherr bezeichnet wird. |
Ritter wie Bauern haben ursprünglich ebenso wenig
ein Erbrecht am Gute. Beim Wechsel in der
beliehe-nen Hand findet daher jedes mal eine neue
Beleihung statt, an die Ritter gegen Leistung des
Lehnseides und gegen Entrichtung der Lehnsgebühr
unter Ausstellung eines Lehnsbriefes, an die Bauern
gegen Übernahme der Gutsleistungen in Erzeugnissen
und Diensten und gegen jedesmalige Entrichtung des
Weinkaufes unter Ausstellung wohl eines
Meierbriefes.* |
Beim Wechsel in der leihenden Hand findet dann
regelmäßig eine Prüfung und Bestätigung dieser
Briefe statt wie heute noch bei einem
Regierungswechsel die Landesbeamten bestätigt zu
werden pflegen. |
§ 7. |
Das Leibeigentum. |
Im engsten Zusammenhange mit den
Grundbesitz-verhältnissen sieht das Leibeigentum,
das sich nicht auf das Gut, sondern nur auf die
Person des Leibei-genen bezieht, auch nicht in der
Stadt oder unter den Rittern, sondern nur in
bäuerlichen Kreisen vor-kommt.
|
*) Anm. (Meierbrief-Winnzettel, Weinkauf-Gewinngeld,
Winkauf, abzuleiten, von winnen oder gewinnen, vgl.
noch heute den Weinkauf beim Gesindenmieten als
Zeichen, daß der Mietvertrag als abgeschlossen gilt;
der Weinkauf ist das sicherste Zeichen des
Gutseigentums wie der Sterbefall das des
Leibeigentums). |
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– 15 – |
Gegenüber dem Leibeigentum anderer deutscher Staaten
erscheint das lippische Leibeigentum in milderer
Form. Es besteht in der Hauptsache in der
Verpflichtung zur Entrichtung einer besonderen
Abgabe, des Sterbefalls. Der Sterbefall kann nach
dem Gegenstande der Leistung oder der Höhe des
Betrages ganz verschieden sein. Er ist mit dem Tode
des Libeigenen aus dessen Nachlasse zu entrichten.
Im 18. Jahrhundert betrug der Sterbefall gewöhnlich
bei dem Ableben des einen Ehegatten 10% oder 1/10 im
ganzen also 15% des Nachlasses. Bei der Berechnung
des Nachlasses kommt nicht der Wert des regelmäßig
gutsherrlichen Hofes in Betracht, sondern nur das
dem Leibeigentum unterstehende, während Lebzeiten
der Meierleute erworbene Vermögen (Errungenschaft)
an beweglichen und unbeweglichen Gegenständen,
namentlich an Bar-schaften und Forderungen. Für die
Hinterbliebenen des Leibeigenen bildet der
Sterbefall ohne Rücksicht auf die Nähe der
Verwandtschaft also eine Art Erbschaftssteuer. Bei
dem ursprünglich beschränkten Erbrechte fällt
mangels vorhandener gradliniger Verwandter oder
solcher bis zum zweiten Grade der Seitenlinie das
ganze Vermögen wieder dem Leib- und Gutsherrn zu,
der es dann aus freier Entschließung (ex nova gratia)
anderweit zur Bemeierung zu vergeben pflegt. |
Eine weitere Folge des Leibeigentums ist der Mangel
der Freizügigkeit, da der Leibeigene, als Ackerbauer
an die Scholle gefesselt (glebae adscriptus), nur
mit Zustimmung des Leibherrn seinen Wohnsitz ändern
darf. Diese Zustimmung wird namentlich zu
Heiratszwecken von Töchtern oder auch von Söhnen des
Leibeigenen nicht verweigert. Im Falle der Erteilung
der Zustimmung erfolgt gegen Entrichtung einer
einmaligen Abgabe (Freischilling) eine förmliche
Frei- |
|
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– 16 – |
lassung
unter Erteilung eines Frei- oder Laßbriefes. Im
übrigen gilt auch im lippischen bäuerlichen Rechte
der Grundsatz: Das Kind folgt der ärgeren Hand, d.h.
Kinder eines Leibeigenen mit einerLeibfreien oder
umgekehrt, werden ohne weiteres wieder leibeigen. Es
gilt auch der weitere Grundsatz, daß, wer einen
Leibeigenen oder eine Leibeigene heiratet, mit der
Verheiratung selbst unfrei wird (trittst du mein
Huhn, so wirst du mein Hahn). Also auch für seine
Person wird er den Lasten des Leibeigentums
unterworfen, wie er von da ab ja auch der Auskünfte
des Hofes und sonstiger Vorteile teilhaftig ist. Von
beiden Grundsätzen finden sich aber namentlich mit
Rücksicht auf den schon frühzeitig eingeführten
Freikauf und die Freilassung aus dem
Leibeigentums-verbande zahlreiche Ausnahmen.* |
§ 8. |
Grundbesitz und Leibeigentum. |
Wenngleich das Leibeigentum als ein festes
Rechtsverhältnis sich darstellt, so wurde dessen
Härte um deswillen weniger empfunden, weil es sich
regelmäßig in Verbindung mit dem Gutseigentum
vorfindet und auch der lediglich Gutseigene sich
z.B. eine Aenderung in |
|
*) Anm. (Ueber das Guts- und Leibeigentum vergl.
Führer, Meierrechtliche Verfassung in der Grafschaft
Lippe; Lemgo 1804; Meyer, Kolonatsrecht im
Fürstentum Lippe, Lemgo und Detmold 1855, Werke, von
denen ersteres durch die schärfere Scheidung
zwischen Leib- und Gutseigentum hervortritt, wie
solche auch in dem Gesetze über die Aufhebung des
Leib- und Gutseigentums vom 27. Dezember 1808 (5,
242) und aus dem Umstande erkennbar ist, daß
Gutsherr und Leibherr vielfach verschiedene Personen
sind.) |
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– 17 – |
der Familie des Gutsherrn bei vorkommender
Veräußerung, Verpfändung oder sonstiger Entäußerung
des Gutes ohne weiteres gefallen lassen musste und
um somehr auch konnte, als damit eine
Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage noch
nicht einzutreten brauchte, jedenfalls über den
Rahmen seiner verbrieften Rechte hinaus nicht
eintreten konnte. Zudem befand sich ja auch der
Ritter und Adelige mangels Erb- und Eigenrechten an
Burg und Gütern in der gleichen Lage. Auch er
musste, wollte er anders seine wirtschaftliche
Stellung nicht aufgeben, den neuen Lehnsherrn sich
gefallen lassen, wenn Burg und Güter veräußert oder
verpfändet wurden. |
Immer bleibt aber auseinander zu halten, daß die
Lehns- und Gutsherrlichkeit und deren Kehrseite, die
Lehspflicht und Gutshörigkeit, vornehmlich auf einer
dinglichen Grundlage, dem Liegenschafts- oder
Gutsverbande sich aufbaut, während das Leibeigen-tum,
wenngleich es regelmäßig nur mit dem Gutseigentum
vorkommt, rein persönlicher Art mit besonderen
Rechten und Pflichten ist. In der Abhängigkeit der
Bauern vom Grund und Boden und gegenüber den Rechten
des Guts- und Leibherrn, ein Verhältnis, das in
Bezug auf den bäuerlichen Besitzer auch unter der
Bezeichnung Eigenbehörigkeit zusammengefaßt wird,
kann auch eine bäuerliche Ehe nur mit
obrigkeitlicher und gutsherrlicher Geneh-migung
geschlossen werden. (Polizei-Ord. von 1620, Titel
VII §2 und B.-O. wegen der Eheverschrei-bungen der
Bauersleute von 1702; 1,363 und 721). |
§ 9. |
Wandlungen in der leihenden Hand. |
Im Laufe der Jahrhunderte treten zunächst in der
leihenden Hand mannigfache Änderungen ein, die auf |
|
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– 18 – |
die
Grundbesitzverhältnisse auf die Dauer nicht ohne
Einfluß bleiben. |
Die mit Bauern und auch mit Adeligen besetzten
Güter, ja, wie die anfängliche Verpfändung und
schließlich völlige Abtretung der Stadt Lippstadt
zeigt,* selbst die Städte sind Gegenstand freier,
willkürlicher Verfügung des Landesherrn. Bäuerliche
Besitzungen werden einzeln oder in ganzen
Ortschaften, namentlich der ganze meierstättische
Besitz, oft auch nur in einzelnen Beziehungen (z.B.
nur der Kornzehnt oder nur die Dienste oder einzelne
derselben) den Stiftungen (Kappel [1139] unweit
Lippstadt, Marienfeld [1181] unweit Gütersloh,
Lippstadt, Lemgo usw.) zur Ausstattung oder dem Adel
für geleistete Dienste überwiesen. |
Auch der Adel ist dem Wechsel in der leihenden Hand
unterworfen, ohne Weiters bei einer Thronfolge. Aber
auch sonst werden bäuerliche wie adelige Besitzungen
in ganzen Ämtern z. B. den Erbherrn zu Besitz und
Nutzung als paragium übertragen, ja die |
|
*)Anm. (Lippstadt war 1376 [nicht 1366] für 8000 Mk.
Silber an die Grafen von der Mark verpfändet und
1445 an Stelle dieser Pfandschaft die halbe Stadt an
das mit der Grafschaft Mark verbundene Kleve
abgetreten; vgl. Falkmann, Simon VI und seine Zeit;
2. Periode Seite 111; mit Kleve, Mark und Ravensberg
an Preußen gekommen, wurde 1851 zu der ersten Hälfte
unter Vorbehalt der Lippstädter Domanial-gefälle an
Grundrenten u.s.w., der Stiftsgerechtsamen und gegen
eine Jahresrente von 9120 Talern auch die zweite
Hälfte und zwar –offenbar allerdings gegen die
Unteilbar-keitsakte von 1368 verstoßend – ohne
Mitwirkung der Landstände an Preußen übertragen;
vgl. Staatsvertrag vom 24./3., 1./4. 1851; 10, 447). |
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– 19 – |
ganze
Grafschaft Sternberg wird mit Land und Leuten
verpfändet. (Vgl. Falkmann a. a.. O. S. 111). Die
mit Leib- und Gutseigenen besetzten Güter befinden
sich bald auch in den Händen des städtischen
Bürgertums, namentlich von Lemgo, (vgl. die Groten,
die Kottmanns, die Kleinsorgen, die Flörken, die
Bismarks u.a.m.) Denn selbst unter den Lehnsleuten
tritt mit der Zeit das städtische Bürgertum auf.* |
Meierstättische Verhältnisse zum Teil selbst mit
vererblichen Rechten bilden sich auch sonst bei
größerem Privatgrundbesitze (vgl. die Erbkötter auf
Menkhausen und Wistinghausen, die Erbkötter und
Erbpächter des Meiers zu Stapelage; Örlinghauser
Saalbuch um 1680 und 1780). |
Schließlich befindet sich umfangreicher Lehns- und
Meierstättischer Besitz in ausländischer Hand.** |
Mit der Zeit sind danach Lehns- wie Meier- |
|
*) Anm. (So finden sich in dem Mannes- und
Lehnsbuche des Archivrats Knoch von 1763 allein 79
bürgerliche Lehnsleute aufgezählt, deren Geschlecht
bereits ausgestor-ben ist; vgl. Meyer,
Kolonatsarecht Bd. 1 S. 96.) |
**) Anm. (Darauf beziehen sich die Verordnungen der
Fürstin Pauline vom 3./1. 1809 und 13./8. 1811 (5,246 bezw.
6,61), wonach sie die infolge der Rheinbundakte von
ausländischen Lehnsherrn freigewordenen
inländischen Lehnsgüter sowie die bis dahin an
auswärtige Ritter, Kapitel, Abteyen, Private und an
sonstige, nicht ausschließlich dem öffentlichen
Unterrichte dienende Stiftungen zu entrichtende,
vornehmlich bäuerlichen Gefälle für sich und das
Land in Anspruch nimmt. So werden seitdem die bis
dahin nach auswärts gehenden Leistungen und Gefälle
unter Nichtachtung der Ansprüche der bis dahin
Berechtigten an die Landesherrschaft und zu
geistlichen Zwecken an das Konsistorium entrichtet). |
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– 20 – |
stättische Besitzungen und Leistungen (Gefälle) ohne
Rücksicht auf die auf den Gütern sitzenden Leib- und
Gutseigenen oder auf die adeligen und bürgerlichen
Lehnsleute mehr oder minder Gegenstände des freien
Güteraustausches und Verkehrs geworden und so auch
vielfach aus der ursprünglich leihenden Hand der
Landesherrschaft gekommen. Immerhin befinden sich
seit der Überweisung aus der Zeit des Rheinbundes
sämtliche Landeslehen wider im Besitze der
Landesherrschaft, können jedoch heute gegen Ablösung
der Lehnslasten (im Rahmen des Gesetzes vom
18.5.1847 nebst Zusatz vom 17.7.1868; 10,58 und
15,83, und Abänderung vom 27.4.1885; 19,289) in
freies Eigentum verwandelt werden. Von den
Meierstättischen Besitzern sind noch im 15.
Jahrhundert etwa 2/3 bis 4/5 der Landesherrschaft
leib- und gutseigen und im Jahre 1808 ausschließlich
der Ämter Blomberg und Lipperode (vergl. Meyer,
Kolonatsrecht, Bd. 1 S.129) von 5709 noch 4174,
während von dem Reste der weitaus größte Teil im
Leib- und Gutseigentum der Kirchen, der Stiftungen,
des Adels oder auch des städtischen Bürgertumes
steht.* |
|
*) Anm. (Das Leibeigentum ist jedenfalls so
allgemein vorherrschend, daß derjenige, der es gegen
sich nicht gelten lassen will, seine Freiheit zu
beweisen hat [Rechtsvermutung für, nicht gegen das
Leibeigentum); obwohl daher z.B. über einen der drei
Lückhauser Höfe im Saalbuche der Vogtei Heiden von
1617 S. 68 eingetragen stand : „Engelke T. ist frey;
wo aber dieselbe Freiheit sich eigentlich herrühret,
weiß er keinen andern Bericht zu geben, denn daß
alle vorigen Besitzer seien freye Leute gewesen,“
wurde um 1780 seitens des Gutsherrn doch, wenn auch
ohne den gewünschten Erfolg, Klage auf Anerkennung
des Sterbefalls und des Leibeigentums angestrengt.) |
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– 21 – |
Während Leib- und Gutseigentum die Regel bildet, ist
frühzeitig auch schon der Freikauf gestattet, sodaß
bereits im 17. Jahrhundert weit verbreitet ein
freier lippischer Bauernstand sich findet. (vgl.
auch Meyer, Kolonatsrecht, Bd. 1 S. 195) Als Zeichen
ehemaligen, aber freigekauften Leibeigentums wird
seitens der bäuerlichen Besitzer der Freiheitsurkund
entrichtet. |
§ 10. |
Wandlungen in der beliehenen Hand. |
Auf Seiten der Leib- und Gutseigenen (der beliehenen
Hand) tritt im Laufe der Jahrhunderte eine dreifache
Wandlung ein. Einmal wird gleich den Lehen der leib-
oder gutseigene Besitz vererblich, zunächst nur in
gerader Linie und unter Geschwistern.* |
Mit der allmählich sich einbürgernden allgemeinen
Vererblichkeit der Besitzungen, mit der Zunahme des
Geldes als allgemeinen Wertmessers verwandeln sich
mit der Zeit auch die auf dem Leib- und Gutseigentum
beruhenden starren Lasten und Leistungen in
Geldabgaben oder dürfen wenigstens an Stelle der
Naturalleistungen in Gelde entrichtet werden.
Schließlich werden mit der Ersetzung der
Naturalwirtschaft durch die
|
*) Anm. (Vgl. Landtagsschluß von 1669 bei Führer S.
51. Über das Wahlrecht des Gutsherrn bei der
Besetzung und über das Abmeierungsrecht – Ent- und
Besetzungsrecht der Güter – vgl. Meyer,
Kolonatsrecht Bd. 1 Seite 186 f, Seite 119 und 293;
zum besseren Schutze der Meierstättischen Besitzer
waren Abmeierungssachen nicht an dem von den Ständen
der Städte und Ritterschaft selbst mitbesetzten
Hofgerichte, sondern ausschließlich an der, von dem
Landesherrn allein besetzten Justizkanzlei zu
verhandeln und zu entscheiden; vgl.
Distraktionsordnung vom 14. 7. 1597; 1,305). |
|
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– 22 – |
Geldwirtschaft sämtliche Lasten und Leistungen –
jährlich wiederkehrende regelmäßig mit dem 25 fachen
Geldbetrage – auch ablösbar. |
Diese ganze, Jahrhundert lange Entwickelung hat
ihren Abschluß gefunden einmal in der völligen
Aufhebung des Leib- und Gutseigentums gegen
Entrichtung jährlicher Abgaben in Geld (z. B.
Sterbfallsgeld) im Jahre 1808* und weiter in der
Ablösbarkeit aller auf dem Leibeigentums- oder
Gutsverbande beruhenden Leistungen der Leib- und
Gutseigenen durch die Ablösungsgesetzgebung des
vorigen Jahrhunderts. |
Damit ist der Grund zur völligen Konsolidierung des
Besitzes in der Hand des bis dahin Leib- und
Gutseigenen und zum heutigen bäuerlichen, freien
Grund-Eigentum gelegt. |
Nach mehrhundertjähriger, unentwegter Arbeit und
Anstrengung der Vorfahren ist der bäuerliche Besitz
heute vielfach völlig frei von den alten leib- und
gutsherrlichen Lasten und nur der allgemeinen
Landes- und Gemeindebesteuerung unterworfen.
Ehemaliges Leib- und Gutseigentum sind heute zu
Freiheiten des Bauernstandes geworden. Vielfach
zeigt sich bei dem Bauernstande heute aber ein
anderer Leib- und Gutsherr in Gestalt der
Hypotheken,- Grundschulden- und Rentengläubiger und
in der auf diesen neuen Verbande beruhenden
Zinspflicht, die auch in unseren Tagen wohl noch zur
Abmeierung und Entsetzung im Wege des Konkurses, der
Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung führt. |
*) Anm. (vgl. V. O. vom 27.12.1808; 5,242,
eingeführt im Amte Schwalenberg und Lipperode durch
V. O. vom 6.8.1811; 6,60, in dem früher
erbherrlichen Amte Blomberg durch Patent vom
12.3.1839; 8,436, nachdem hier bereits durch
erbherrrliche V. O. vom 10.2.1810 die Abgaben für
Freibriefe oder Sterbefälle und für Weinkäufe
aufgehoben waren). |
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– 23 – |
Nur Bettler wissen ihres
Guts Betrag.
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Kapitel
III. |
Grundbuchung und Grundkredit. |
§ 11. |
Die Besteuerung. |
Die Macht und Größe eines Staates bestimmt sich nach
dem heutigen Völkerleben zivilisierter Nationen im
wesentlichen nach dem Umfange und Zustande von Heer
und Marine, seiner Wehrkraft. Bilden Heer und Flotte
mehr den Maßstab für die Außenmacht eines Staates,
so beruht dessen Innenmacht in der Hauptsache auf
der Verfüglichkeit der zur Bestreitung seiner
Ausgaben erforderlichen Geldmittel. |
Während das Deutsche Reich zur Deckung seiner
Ausgaben im wesentlichen der Zölle und
Verbrauchsabgaben, (der Abgaben vom Verbrauche auf
Bier, Branntwein, Tabak, Salz und Zucker), also bis
auf die Besteuerung von Erbschaften der indirekten
Steuern sich bedient, beruht die Vereinnahmung der
zu Landeszwecken erforderlichen Geldmittel neben den
Gebühren der Behörden und sonstigen geringeren
Einnahmen auf der unmittelbaren Besteuerung des
einzelnen Bewohners mittels Erhebung einer Steuer
vom Grund und Boden, von den Gebäuden, von dem
Gewerbe und von dem Einkommen. Die letzten drei
Steuerarten sind in Einführung und Ausbau erst
Erscheinungen jüngerer |
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– 24 – |
Zeit. Die
Besteuerung des Grund und Bodens geht dagegen auf
Jahrhunderte zurück. Sie beschränkt sich anfänglich
auf den bäuerlichen Besitz (1783). Erst 1843 wird
sie auf den ritterschaftlichen, 1854 auf den
städtischen und 1868 auf den Landesherrlichen Besitz
an Grund und Boden ausgedehnt.* |
§ 12. |
Die Katastrierung. |
Die Besteuerung des Grundbesitzes erfolgt in
ältester Zeit nach den sogenannten Steuerrollen und
Heberegistern die indes mangels fortlaufender
Ergänzung oder zeitweiliger Erneuerung Anspruch auf
Vollständigkeit und Richtigkeit nicht erheben
können. Mit der Zeit kommt die Einrichtung von
Lager- oder Saalbüchern auf, denen eine
Katastrierung der steuerflichtigen Grundflächen des
Landes vorausgeht und zu Grunde liegt. Die älteste
Katastrierung geht auf Grund noch ungeschriebenen
Rechtes bis in die Zeit vor 1617 zurück. Aus diesem
Jahre stammt das älteste lippische Saalbuch der
Vogtei Heiden, aufbewahrt im Landesarchiv in
Detmold. Die erste gesetzlich festgelegte Regelung
des Saalbuchwesens erfolgt im Jahre 1720. |
Die Katastrierung des Grund und Bodens bedeutet die
auf Grund örtlicher Maßnahmen erfolgende amtliche
Aufnahme eines Verzeichnisses der Liegenschaften des
Landes nach Orts-Gelegenheit, Art, Größe, Güte und
Ertrag der Grundstücke sowie nach Namen |
*) Anm. (Grundsteuerfrei sind heute nur noch die
Grundstücke des Staates, der Kirchen, Pfarren,
Schulen und Frommen-Stiftungen sowie die zum
öffentlichen Dienste oder Allgemeingebrauche
bestimmten Liegenschaften z. B. der Eisenbahnen). |
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– 25 – |
und
Steuersatz der Besitzer. Die örtlichen Maßnahmen
bestehen in der Vermessung und Abschätzung der
Liegenschaften sowie in der Aufzeichnung des
Ergebnisses beider. Die Vermessung, also die
Feststellung der Liegenschaften nach Grenzen und
Größe erfolgt durch beeidigte Landmesser. Die
Abschätzung, also die Feststellung der
Liegenschaften nach Art, Güte und Ertrag erfolgt
ursprünglich durch 3 beeidigte landwirtschaftliche
Sachverständige (Achtsleute), von denen den einen
das Land, den zweiten das Amt und den dritten die
Bauerschaft stellt. Vermessung und Abschätzung
erfolgen zwecks Auskunfterteilung und zwecks
Wahrnehmung ihrer Interessen unter Zuziehung der
beteiligten Besitzer. Das Ergebnis der Vermessung
und Abschätzung wird in sogenannte Ästinationsbücher
eingetragen. Sie bilden dann die Unterlagen zur
Ausstellung der Landeskataster.
|
§ 13. |
Die Saalbücher. |
Die auf Grund der Kataster bezirksweise angelegten
Lager- oder Saalbücher bilden die Vorläufer des
heutigen Grundbuches. Mit ihren amtlich ermittelten
Feststellungen dienen sie zwar zunächst und in der
Hauptsache dem öffentlichen, staatlichen Zwecke der
Besteuerung des Grund und Bodens. Daneben sollen
aber die Eintragungen in den Saalbüchern auch die
Privatrechtsverhältnisse des einzelnen Besitzers
zwecks Vermeidung von Irrungen und
Rechtsstreitigkeiten einwandfrei feststellen.
Zunächst wird daher der etwa einer Gemeinde selbst
gehörige Besitz an Liegenschaften (z. B. ungeteilten
Gemeinheiten) und Gerechtsamen (z. B. Mitbesitz- und
Mithuderechten) verzeichnet. Es ist dann unter
fortlaufenden Nummern nach |
|
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– 26 – |
absteigenden Erträgen der Besitz jedes einzelnen
Gemeindeeingessenen an Liegenschaften, Freiheiten
und Gerechtigkeiten in seinen Einzelheiten im
Saalbuche aufgeführt, namentlich was jemand an Haus,
Hof, Kotten, Mühlen, Gärten, Ländereien, Kämpen,
Wiesen, Schäfereien, Pottereien (Pottereirecht),
Holz und Mastung sowie an Jagd, Fischerei, Teichen,
Begräbnissen, Kirchenstühlen und sonst wie an
Liegenschaften besitzt. |
Neben dieser Aufzählung der einzelnen Gegenstände
des Besitzes (des Aktivvermögens im Gegensatz zum
Passivvermögen, den Schulden) wird auch die
Eigenschaft des Gutes und das Verhältnis des
Besitzers zum Gute angegeben. Namentlich wird
vermerkt, in welchem persönlichen Verhältnisse der
Besitzer sich befindet, ob er leibfrei oder
leibeigen, gutshörig ist oder nicht oder ob diese
Eigenschaften bereits abgelöst sind und dafür nur
noch als Anerkennung ehemaliger Leibeigenschaft oder
Gutshörigkeit besondere Gebühren entrichtet werden
wie z. B. der Freiheitsurkund. Hierneben zählt das
Saalbuch zur Veranschaulichung der
Leistungs-fähigkeit eines Hofes auch das auf, was
der einzelne Hof zu Gunsten der Landesherren, der
Gutsherren, der Leibherren oder sonstiger Dritter an
Lasten trägt als Pachtgelder, Zinsgelder, Zehnten,
Mahlvieh (Kühe, Schweine, Schafe) Hudegeld,
Weinkauf, Sterbfall und an sonstigen Leistungen zu
Gunsten Dritter. |
§ 14. |
Die Katasterverwaltung. |
Die
Handhabung dieser Grundsätze von 1720 unterstand der
Aufsicht und Anleitung besonders ernannter
landesherrlicher Kommissare, eine Einrichtung, die
1768 unter Graf Simon August durch die Bil- |
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– 27 – |
dung der
von da ab ständigen Katasterkommission beseitigt
wurde. An Stelle der Landeskataster-kommission trat
1883 als selbständige Behörde die
Katasterinspektion. |
Zur Erleichterung der Verwaltung und
übersichtlicheren Gestaltung des Katasterwesens
wurde 1766 die allgemeine Nummerierung der
steuerpflichtigen Besitzungen auf dem platten Lande
eingeführt, für den bäuerlichen Besitz in der Weise,
daß die Höfe jeder einzelnen Bauerschaft nach
Größe, Ertrag und hergebrachter Bezeichnung als
Amtsmeier, Freimeier, Vollmeier, Halbmeier, Groß-,
Mittel-, Klein- und Straßenkötter fortlaufende
Wohnhausnummern und damit gleichzeitig, da für jeden
Hof nur ein Hauptwohnhaus in Betracht kam, auch die
Höfe Nummern erhielten, soweit dies nicht schon auf
Grund früherer Katastrationen der Fall war. Die
Nummern waren an den Wohnhäusern sichtbar
anzubringen und in den Saalbüchern nachzutragen. |
§ 15. |
Die Durchführung der Katastration. |
Trotz der ausführlichen Verordnung von 1720 war die
Katastration des Landes, wenn auch wohl in Angriff
genommen, so doch nicht zu Ende geführt. Auf Grund
der Landtagsbeschlüsse von 1748 und 1750 wurde daher
die Katastration der steuerpflichtigen
Liegenschaften des Landes 1752 von neuem begonnen.
Nach einer unfreiwilligen Pause infolge des
siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) wurde die
Katastration schließlich völlig durchgeführt, bis
mit der Einführung einer allgemeinen bäuerlichen
Grundsteuer (Kontribution) 1783 eine völlig neue
Katastration begonnen und nach dem Grundsatze, daß
der wahre Ertrag der Güter der richtige Maßstab
einer gerechten |
|
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– 28 – |
Steuerverteilung sei, zu Ende gebracht wurde. Erst
etwa 100 Jahre später erfolgte dann die noch heute
gültige Grundsteuerveranlagung von 1877.
|
§ 16. |
Das Hypothekenbuchwesen. |
Die Grundsteuerveranlagung von 1877 dient unter
Ausschaltung der Privatrechtsverhältnisse lediglich
nur noch den allgemeinen Besteuerungszwecken des
Landes und der Gemeinden. |
Die privaten Rechtsverhältnisse der Besitzer in
Bezug auf die Belastung ihrer Güter wurden zum
Schutze von Treu und Glauben sowie zur Sicherung und
Hebung von Handel und Wandel mittels besserer
Ausgestaltung des Kreditwesens in einem besonderen
Verfahren geregelt. Diese Neuregelung bezog sich in
der Hauptsache auf die Hingabe privater Darlehen
gegen Verpfändung von Grundstücken, also auf die
Sicherstellung des Gläubigers mit unbeweglichen
Gütern, ein Zweck, dem die alten Kataster und
Saalbücher wegen ihres mehr staatlichen Charakters
zu dienen nicht hinreichend geeignet erschienen.
Jedenfalls war eine Eintragung von Hypotheken in die
Saalbücher nicht üblich geworden. |
Statt dessen pflegte man die Hypotheken vor Notar
und Zeugen, auch wohl vor 3 oder mehr Zeugen zu
bestellen und dabei entweder den ganzen Grundbesitz
als Generalhypothek oder auch ein einzelnes
Grundstück oder einen besonderen Grundstücksteil als
Spezialhypothek, regelmäßig oder beides neben
einander zum Pfande zu setzen. Zu größerer
Sicherheit ließ man solche Pfandverschreibungen auch
wohl an den Ämtern oder den beiden Obergerichten
bestätigen. Mangels Offenkundigkeit solcher
Rechtsakte und mangels dauernder Festlegung ihres
Inhaltes an einer Stelle, die |
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– 29 – |
jedem
Interessierten zwecks Kenntnisnahme zugänglich
gewesen wäre, war der Verschleierung und sonstigen
Unlauterkeit Tür und Tor geöffnet. |
§ 17. |
Fortsetzung. |
Wer daher ganz sicher gehen wollte, ließ bis zum
Jahre 1771, da alle Hypothekbestellungen
(Pfandverschreibungen) mit Rücksicht auf die Art der
Güter der landes- oder gutsherrlichen Zustimmung
(Konfirmation) bedurften, in die nur bei den
Landes-Obergerichten (Regierungs- später
Justizkanzlei und Hofgericht) geführten
Konfirmationsbücher eintragen, um allein auf diesem
Wege dingliche Wirkung und deren gerichtliche
Anerkennung für eine Forderung zu erzielen. Erst mit
dem Jahre 1771 wird das jetzt mit der
Grundbuchordnung vereinigte Hypothekenwesen in der
Weise geregelt, daß für jede Stadt und für das
platte Land bei jedem Amte besondere
Hypothekenbücher eingeführt werden. Für die
schriftsässigen, d.h. nur den Obergerichten
unterstehenden Güter, führen die Justizkanzlei und
das Hofgericht die Hypothekenbücher, die 1868 zu
einem Hypothekenbuche vereinigt werden. |
Die Hypothekenbücher dienen ausschließlich dem
Privatverkehre und der Regelung des
Grundkreditwesens. Deshalb werden nicht allein
Hypotheken in ihren verschiedenen Arten (General-,
Spezial- und gesetzliche Hypotheken) eingetragen,
sondern auch alle Arten sonstiger dinglicher
Belastung wie Vorbehalte zu Gunsten des Verkäufers,
Festsetzung von Leibzuchten, Renten, Einkünften und
von sonstigen, vertraglich übernommenen Leistungen
an Dritte, endlich auch Erbfolge, Erbgelder der
abgesteuerten und Schichtteile der erstehelichen
Kinder. Nicht eingetragen werden dagegen die
Steuern, die guts- und leibherrlichen Gefälle, die
Nachbarlasten, die Schulen- und Kirchenge- |
|
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– 30 – |
bührnisse,
da diese Lasten und Rechte aus dem staatlichen
Kataster ersichtlich sind.* |
§ 18. |
Pfandverschreibung bei unvererblichen
Höfen. |
Bei der Durchführung der Pfandverschreibung
(Hypothekenbestellung) werden die einzelnen Arten
der Höfe unterschiedlich behandelt. Bei
unvererblichen Höfen gutsherrlicher (meierstättischer)
und eigenbehöriger, also Guts- und zugleich
leibeigener Art, kann eine Pfandverschreibung nur
mit Bewilligung des Landes- und Gutsherrn, die im
Falle gerechter Not nicht verweigert wird, erfolgen.
Eine Teilung solcher Höfe kann auch zum Zwecke der
Befriedigung des Pfandgläubigers nicht eintreten. Im
Falle der Unbeitreiblichkeit eingetragener Schulden
wird der Hof bis zur Tilgung der Schuld dem
Gläubiger voll oder zum Teil, unbeschadet der
landes-, guts- und leibherrlichen Rechte und Gefälle
sowie unbeschadet der allgemeinen Landeslasten, zur
Fruchtziehung und Nutzung bis zur Tilgung von
Kapital und Zinsen überlassen (antichretisch
untergeben). Nötigenfalls findet auch eine
Abmeierung des Schuldners, also eine völlige
dauernde Entsetzung desselben und seiner Familie
statt.
|
§ 19. |
Pfandverschreibung
bei
vererblichen Höfen. |
Bei den vererblichen meierstättischen Gütern (erbmeierstättischen,
Erbzins- und Erbpachtgütern), die also nicht nur
etwaigen Nachbarlasten und den allgemeinen |
*) Anm. (Aus dieser Art der aufgezählten Einzelfälle
erhellt unzweideutig die bereits derzeitige scharfe
Scheidung zwischen privaten Sonderlasten und
öffentlichrechtlichen, allgemeinen Lasten). |
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– 31 – |
Staatslasten, sondern völlig den allgemeinen
bäuerlichen Lasten der Guts- und Leibherrlichkeit an
Zehnten, Diensten, Weinkauf, Sterbfall und dergl.
Lasten unterworfen sind, sowie bei frei
veräußerlichen und vererblichen (erbeigenen) Gütern,
die also außer etwaigen Nachbarlasten und außer den
Staatslasten nur leichteren Privatlasten unterworfen
sind, findet auch eine freie Verpfändung statt, zu
der nur die Bewilligung des Amtes erforderlich ist.
Die Pfandverschreibung erfolgt hier regelmäßig nur
gegen Verpfändung einzelner, für den Hof und dessen
Bewirtschaftung wohl entbehrlicher Grundstücke.
Jedoch dürfen Grundstücke nur in solchem Umfange
verpfändet und einer etwaigen späteren Abtrennung
ausgesetzt werden, daß die Pferdehaltung des
Besitzers zur Leistung der Spanndienste nicht
beeinträchtigt wird. Im Falle der Unbeitreiblichkeit
der Schuld wird hier dann das einzel verpfändete
Grundstück dem Gläubiger zur Fruchtziehung und
Nutzung herausgegeben (antichretisch verpfändet) bis
zur etwaigen Tilgung der Schuld, nötigenfalls aber
schließlich auch hier das verpfändete Grundstück für
immer völlig vom Hofe getrennt und eigentümlich
übertragen.
|
§ 20. |
Die
Lastenverteilung. |
Eine derartige Abtrennung und Übertragung des
verpfändeten Grundstückes ist erst dann statthaft,
wenn vorher eine anteilige Verteilung der Staats-
und sonstigen Lasten des Hofes zwischen dem
abzutrennenden Teile und dem verbleibenden
(Lastenverteilung, Lastenrepartion) vorgenommen ist.
Für unteilbare Lasten als Weinkauf, Dienste ist ein
jährliches Hülfsgeld zur Mitbestreitung dieser
Lasten von den abgetrennten Grundstücken an den Hof
zu entrichten. Bei Unbei- |
|
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– 32 – |
treiblichkeit größerer Lasten werden die Höfe auch
wohl ausgetan (Elocation) d.h. ein größerer Teil der
Grundstücke wird im Einzelnen auf Zeit verpachtet.
Dem Hofbesitzer verbleibt zu eigenem Unterhalte nur
Wohnung und ein geringerer Teil der Grundstücke,
während von den übrigen Grundstücken die Pacht zur
Tilgung der Schulden verwendet wird. Diese Art der
Untergebung stellt also eine teilweise, heutige
Zwangsverwaltung dar. |
§ 21. |
Die heutige Grundbuchung. |
Eine ausführliche Neuordnung der Buchung des
lippischen Grundbesitzes erfolgt durch die
Grundbuchgesetzgebung von 1882, die im wesentlichen
bereits diejenigen Grundsätze zur Anwendung bringt,
welche die Grundlage der Reichsgrundbuchgesetzgebung
von 1897 bilden. |
Nach dem jetzt geltenden Reichsgrundbuchrechte von
1897 bilden nach Aufhebung jeglichen
Sondergerichtsstandes die Amtsgerichte die
zuständigen Grundbuchämter für sämtliche Grundstücke
des Gerichtsbezirkes. In Zweifelsfällen bestimmt das
Landgericht das Grundbuchamt. Für ein Grundstück,
das einem in einem anderen Bezirke gelegenen
Grundstücke als Bestandteil zugeschrieben werden
soll, ist das Grundbuchamt des Hauptgrundstückes
zuständig. |
Jeder
Hof, auch die Erbpacht und nötigenfalls selbst das
Erbbaurecht erhält ein besonderes Grundbuchblatt.
Die Verpfändung eines einzelnen Hofgrundstückes
(Spezial- oder Sonderverpfändung) ist heute außer
bei einer Dienstbarkeit oder Reallast nur noch
zulässig, wenn dies einzelne Grundstück von dem
Hofgrundbuchblatt auf ein besonderes Grund-buchblatt
umgeschrieben wird. Das Grundbuchblatt bildet für
den einzelnen Besitz das Grundbuch. |
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– 33 – |
Das Grundbuchblatt besteht aus dem Titelblatte und
drei Ableitungen; das Titelblatt bezeichnet den
Besitz, die Nummer der Grundsteuermutterrolle sowie
den jeweiligen Bestand des Besitztums an Größe
(Flächeninhalt) sowie an Ertrag der Grundstücke
(Grundsteuerreinertrag) und an Nutzwert der Gebäude
(Mietwert) durch Nachtragung (Zuschreibung und
Abschreibung) der etwaigen Ab- und Zugänge. Die
erste Abteilung bezeichnet den Eigentümer, Zeit und
Grund des Erwerbes sowie auf Antrag auch den Wert
des Besitztumes. In die zweite Abteilung werden die
Belastungen dauernder Art (wie Leibzucht,
Grunddienstbarkeit, Wohnrecht, Nießbrauch,
Erbbaurecht, Vorkaufs-, Wiederkaufs-recht) und
Verfügungsbeschränkungen (wie Unveräußerlichkeit,
Unteilbarkeit, Zwangsverwaltung,
Zwangsversteigerung), in die dritte Abteilung die
Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden in
ihrem jeweiligen Bestande eingetragen. |
§ 22. |
Fortsetzung. |
Eine Änderung der Eintragungen im Grundbuche kann
grundsätzlich nur vorgenommen werden, soweit die
Beteiligten mittels Angehung des Gerichtes eine
Änderung bewilligen und beantragen. Bei
Gemeinheitsteilungen und Verkoppelungen sind die
neuen Grundstücke dem Hofe als Bestandteile
zuzuschreiben. Die Grundbuchänderung erfolgt hier
wie auch bei Enteignungen und Ablösungen
ausschließlich auf Antrag der das Verfahren
leitenden Stelle. |
Bei der Rangordnung der in der zweiten und dritten
Abteilung des Grundbuches eingetragenen Rechte
entscheidet, soweit das Grundbuch etwas anderes
nicht ergibt, lediglich der Zeitpunkt der
Eintragung. Jedes zuerst eingetragene Recht beider
Abteilungen geht dem |
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– 34 – |
später
eingetragenen vor. Gleichzeitige Eintragung meherer
Rechte stellt diese einander gleich und gewährt bei
einem etwaigen Ausfalle anteilige Befriedigung. Dem
Grundbuche ist öffentlicher Glaube beigelegt, sodaß
jeder den Inhalt des Grundbuches für und gegen sich
gelten lassen muß. Zu seiner Vergewisserung über die
Rechtsverhältnisse eines Besitztums, insbesondere
bezüglich der Belastungen, kann jeder das Grundbuch
einsehen, der ein berechtigtes Interesse dartut. Ob
ein berechtigtes Interesse anzuerkennen ist, liegt
in Zweifelfällen im Ermessen des Grundbuchrichters. |
Was man schwarz auf weiß besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen. |
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– 35 – |
In einer guten Eh’ ist wohl das Haupt der Mann,
Jedoch das Herz das Weib, das er nicht missen kann. |
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Kapitel
IV. |
Güterstand und Erbrecht.
|
§ 23. |
Freigut und Hofgut. |
Wie bei den bäuerlichen Lasten zwischen Leib- und
Gutseigentum, so sind auch bei dem bäuerlichen
Vermögen nicht nur der geschichtlichen Entwicklung
nach, sondern auch heute noch zwei Massen scharf zu
scheiden. Das Kolonats- oder Hofvermögen (Hofgut)
und das freie oder Allodialvermögen (Allod oder
Freigut). |
Die Grundlage des Hofvermögens – ohne Rücksicht auf
die jeweiligen Besitzer und deren etwaiges
anderweites Privatvermögen – bildet der Hof mit
seinen Bestandteilen an unbeweglichen und mit seinem
Zubehör an beweglichen Vermögensstücken. Als
Bestandteile des Hofes an unbeweglichen
Vermögensstücken kommen in Betracht die Wohn- und
Wirtschaftsgebäude sowie der Grund und Boden an
Hofraum, Gärten, Äckern und Wäldern, an Wiesen,
Weiden und sonstigen Liegenschaften. Zu den
Bestandteilen des Hofes gehören auch etwaige
Erbbegräbnisse und Kirchenstühle sowie Rechte
(Wege-, Jagd- und Fischereirechte). Das Zubehör
eines Hofes an beweglichen Vermögensgegenständen,
das alte lippische Hofgewehr bilden die
Wirtschaftsbestände, an Vieh, Dünger, sowie an
Vorräten jederlei Art für Menschen und Tiere, für
Familie und Gesinde, an |
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– 36 – |
Maschinen
und Geräten, das sogenannte lebende und tote
Inventar in Haus, Hof und Feld, soweit es zur
Fortführung einer ordentlichen Wirtschaft
erforderlich ist. Bei dem Hofgute handelt es sich
noch heute in der Hauptsache um Gegenstände, die
ehedem das Gutseigentum ausmachten und dessen Lasten
und Beschränkungen unterlagen. |
§ 24. |
Fortsetzung. |
Die Grundlage des freien bäuerlichen Vermögens ohne
Rücksicht auf das Hofgut bildet das erst mit oder in
der Ehe oder im Hausstande erworbene und
zusammengebrachte Vermögen, die Errungenschaft, die
sowohl in beweglichen wie unbeweglichen Vermögen
bestehen kann. Zur Errungenschaft gehören namentlich
die Aussteuergegenstände, das etwa in die Ehe
mitgebrachte oder erst nachträglich erworbene
Baarvermögen oder sonstige Gegenstände oder
Auskünfte des Hofes, die zur Fortführung der
Wirtschaft oder eines geordneten Hoffamilienlebens
allenfalls entbehrlich sind. Bei dem jetzigen
Freigute handelt es sich demnach in der Hauptsache
um Gegenstände, die mit den Erträgen des
Hofvermögens oder durch Arbeit, Kauf, Erbschaft,
oder sonst wie zu Lebzeiten der Meierleute erworben
sind und ehedem dem Leibeigentume und dessen Lasten
und Beschränkungen unterlagen. |
Heute besteht der Hauptunterschied zwischen Hofgut
und Freigut darin, daß das Hofgut, als
wirtschaftliche Einheit vererbt, zu Gunsten gewisser
Zwecke noch heute namentlich in Bezug auf
Veräußerung und Vererbung gebunden bleibt, während
das Freigut der Familie frei veräußerlich und
lediglich nach den Vorschriften des BgB. vererblich
ist. |
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– 37 – |
§ 25. |
Die Güterordnung von 1786. |
Wie allgemein in den Städten des Landes, so
herrschte auch auf dem platten Lande unter der
bäuerlichen Bevölkerung bereits seit alten Zeiten
die allgemeine Gütergemeinschaft, der alle
veräußerlichen und vererblichen Gegenstände
unterworfen waren. Die allgemeine Gütergemeinschaft
wurde 1752 landesgesetzlich ausdrücklich anerkannt.
Eine Aufzeichnung und Einführung dieses Güterstandes
in Gesetzesform fand erst 1786 statt. Für die
bäuerlichen Verhältnisse wurde diese gesetzliche
Gütergemeinschaft 1847 mittels eines besonderen
Gesetzes dahin ausgelegt (authentisch
interpretiert), daß überall da das Recht der
allgemeinen Gütergemeinschaft anzuwenden sei, wo
nicht das Eigentum der Gutsherren an den Höfen oder
Sondervorschriften des Höferechtes entgegen-ständen.* |
Bei der Einführung der Güterordnung von 1786 war der
bäuerliche Grundbesitz durchweg noch Eigentum des
Gutsherrn. Die Rechte der einzelnen bäuerlichen
Familienmitglieder, das Anerben-, Brautschatz- und
Leibzuchtsrecht war bereits nach besonderen
Grundsätzen fest geregelt. Bei dem geringen
derzeitigen bäuerlichen Wohlstande gab es daher nach
Abzug der Schulden und Lasten des Guts- und
Leibeigentums bäuerliches Errungenschaftsvermögen in
erheblichen Umfange regelmäßig nicht. Damit hatte
die Gütergemeinschaft für den Bauernstand der Zeit
nur geringe Bedeutung. |
§ 26. |
Fortsetzung. |
Das Verhältnis der Güterordnung von 1786 zum
bäuerlichen Güterrechte änderte sich aber mit der in |
*) Anm. (vgl. B.-O. vom 17/1.1752; 27/3.1768 und
18/5.1847; 2,43; 3,162 und 10,49). |
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|
– 38 – |
der Folge
allmählich eintretenden Befreiung des Bauernstandes
von den Leib- und Gutseigentumslasten, sodaß mit der
Zeit auch der ganze, inzwischen zum Eigentum
erworbene bäuerliche Besitz unter die
Gütergemeinschaft fiel. Nachdem dies durch die
gesetzliche Auslegung (authentische Interpretation)
von 1847 ausdrücklich festgelegt und inzwischen der
bäuerliche Grundbesitz allgemein als Eigentum an den
Höfen auch da anerkannt war, wo eine Ablösung der
Lasten noch nicht stattgefunden hatte, findet die
allgemeine Gütergemeinschaft auf alles bewegliche
und unbewegliche bäuerliche Vermögen Anwendung,
soweit nicht höferechtliche Sonderbestimmungen
entgegenstehen. |
Zu den Bestimmungen, die auf Grund der Güterordnung
von 1786 auch für den bäuerlichen Güterstand gelten,
gehört die Ermöglichung Fortsetzung der
Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden
Ehegatten und den Kindern, die Regelung der
beiderseitigen Rechte und Pflichten in dieser
fortgesetzten Gemeinschaft sowie das allgemeine
Erbrecht des überlebenden Ehegatten bei kinderloser
Ehe. |
§ 27. |
Das neuere Recht. |
Eine erhebliche Änderung des Höferechtes trat mit
der reichsgesetzlichen Regelung des
Großjährigkeits-alters ein. War bis dahin die
Großjährigkeit nach gemeinem Rechte mit 25 Jahren
auch in Lippe eingetreten, so begann die seit 1875
bereits mit vollendetem 21. Lebensjahre. Damit
wurde, während dem Vater auch im Falle seiner
Wiederverheiratung die elterliche Gewalt über die
minderjährigen Kinder sowie Besitz, Verwaltung,
Nutzung und Verfügung am Hofe ungeschmälert
verblieb, der überlebenden Mutter im Falle ihrer
Wiederverheiratung sowie überhaupt den Stiefeltern
gegenüber |
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– 39 – |
der
Anerbe schon mit 21 Jahren zur Übernahme des Hofes
berechtigt, soweit den Stiefeltern nicht etwa
Meierjahre verschrieben waren. |
Mit der Einführung des BgB. gelten die bisherigen
Bestimmungen der Güterordnung von 1786 für die
spätestens am 31. Dezember 1899 abgeschlossenen Ehen
unverändert fort, insbesondere auch im Verhältnis
des überlebenden Ehegatten zu den Kindern (Art.200
E. BgB). Im Falle einer Wiederverheiratung des
überlebenden Ehegatten nach dem 31. Dezember 1899
gelten für die Auseinandersetzung jedoch die
Bestimmungen des BgB. Für die nach dem 31. Dezember
1899 gechlossenen Ehen gilt ebenfalls allein das
Güterrecht des BgB. auch für den bäuerlichen
Güterstand. |
§ 28. |
Fortsetzung. |
Das BgB. lässt die höferechtlichen
Sonder-vorschriften grundsätzlich unberührt.* Nur
bestimmt es, daß der Hoferblasser in der
Verfügungsfreiheit auf den Todesfall
landesgesetzlich nicht beschränkt werden kann und
daß landesgesetzliche leibzuchts-rechtliche
Vorschriften nicht zwingender Natur sein dürfen
(Art. 64 und 96 E.BgB.). Damit sind die
landesgesetzlichen Sondervorschriften insoweit
außer Kraft getreten, als bis zum 1. Jan.1900 nur
der älteste Sohn und in Ermangelung von Söhnen nur
die älteste Tochter Anerbe werden kann sowie daß die
Brautschätze zu Gunsten des Anerben an eine
Höchstgrenze, zu Gunsten der
Brautschatz-berechtigten an eine Mindestgrenze
gebunden sind. |
Besondere Schwierigkeiten entstehen indes infolge
der Aufhebung der Güterordnung von 1786 durch das
BgB. mit der Einführung eines besonderen
gesetzlichen |
*Anm. (vgl. das Verhältnis das BgB. zum Lippischen
Höferechte, Lipp. Tageszeitung vom 8. 4. 1907). |
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– 40 – |
Güterstandes der Eheleute und mit der Einführung
eines besonderen Erbrechtes des überlebenden
Ehegatten.
|
§ 29. |
Das Güterrecht des BgB. |
Für das eheliche Güterrecht hält das BgB. fünf
Güterstände zur Auswahl bereit. An Stelle der
bisherigen lippischen Gütergemeinschaft, nach
welcher die Vermögensmassen beider Ehegatten und der
Erwerb während der Ehe sowie während der Fortsetzung
der Gütergemeinschaft des überlebenden mit den
Kindern ein gemeinsames, unteilbares Gesamtgut
bilden, tritt die Verwaltungsgemeinschaft. Diese
Verwaltungsgemeinschaft, kraft deren die
Vermögensmassen beider Ehegatten dem Eigentume, also
der Verfügungsberechtigung und Vererbung nach,
völlig getrennt bleiben und dem Ehemanne über das
Frauengut nur die Verwaltung und Nutznießung
zusteht, gilt kraft Gesetzes. |
Wollen die Ehegatten diesen Güterstand nicht, so
müssen sie mittels Ehevertrages einen anderen
Güterstand oder andere güterrechtliche Verhältnisse
besonders vereinbaren und vor Gericht verlautbaren
lassen. Bezug genommen oder verwiesen werden darf
dabei nur auf einen der vier andern, vom BgB. bereit
gehaltenen Güterstände, der allgemeinen
Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft
und der Fahrnisgemeinschaft sowie der Gütertrennung
des BgB. Da es eine lippische Gütergemeinschaft für
den Geltungsbereich des BgB. nicht mehr gibt (§ 1433
BgB.), ist eine Bezugnahme auf die Güterordnung von
1786 nicht statthaft. Eine solche Bezugnahme im
Ehevertrage würde nicht die lippische
Gütergemeinschaft, sondern den gesetzlichen |
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– 41 – |
Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft des BgB. zur
Folge haben. Die Wirkungen der Güterordnung von 1786
würden nur dadurch herbeizuführen sein, daß deren
einzelne Bestimmungen ausdrücklich in den Ehevertrag
aufgenommen würden. |
§ 30. |
Die Gütergemeinschaft von 1786 und
das BgB. |
Vielfach glaubt man mit der ehevertraglichen
Einführung der allgemeinen Gütergemeinschaft des BgB.
die güterrechtlichen Wirkungen der alten lippischen
Gütergemeinschaft herbeizuführen. Diese Annahme
trügt. Die Gütergemeinschaft des BgB. unterscheidet
sich von der alten lippischen Gütergemeinschaft
durch die Gestaltung der Rechtsverhältnisse sowohl
während der Ehe als auch nach Auflösung der Ehe
durch den Tod eines der Ehegatten. |
Kraft der dem Manne früher nach der Güterordnung von
1786 zustehenden ehelichen Vormundschaft, die nach
dem Rechtssprichworte: „Heirat macht mündig,“selbst
dem minderjährigen Ehemanne zukam, übt er
ausschließlich die Verwaltung und im Falle gerechter
Not auch die Verfügung über das gemeinsame Vermögen
(Gesamtgut) aus. Gebunden ist der Mann in seinen
vermögensrechtlichen Maßnahmen allgemein nur durch
die Zwecke des ehelichen Lebens und der Familie. Im
Rahmen dieser Zwecke verfügt der Mann völlig
selbständig sowohl über bewegliche als unbewegliche
Gegenstände des Gesamtgutes. Jederzeit wird für
diese Handlungen des Mannes auch die Einwilligung
der Frau vermutet. |
Von dem gesetzlichen Güterstande der
Verwaltungsgemeinschaft des BgB. abgesehen, ist die
Frau auch nach der allgemeinen Gütergemeinschaft des
BgB. durch eine ganze Reihe von Einzelvorschriften
weit |
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– 42 – |
freier
und sicherer gestellt als nach der Güterordnung von
1786. Rechtshandlungen des Mannes verpflichten nach
dem BgB. das beiderseitige Vermögen der Ehegatten
nur, soweit es gemeinsam, Gesamtgut ist. Etwaiges
Sondervermögen der Frau (Vorbehaltungsgut) wird
durch die Rechtshandlungen des Mannes nicht berührt.
Nach dem BgB. kann der Mann über das Gesamtgut im
Ganzen oder über zum Gesamtgute gehörige Grundstücke
nur mit Zustimmung der Frau verfügen. Bei der
allgemeinen Gütergemeinschaft des BgB. kann der Mann
daher den Hof weder belasten noch im Ganzen oder
geteilt veräußern, namentlich dann nicht, wenn die
Gesamtgutseigenschaft aus dem Grundbuche
ersichtlich, d.h. die Frau als Miteigentümerin des
Hofes eingetragen ist. Derartige Handlungen,
einseitig vom Manne vorgenommen, sind also nach dem
BgB. von vornherein nichtig, während sie nach der
Güterordnung von 1786 von der Frau nur aus
gegründeten Ursachen angefochten werden können.
|
§ 31. |
Fortsetzung:
Rechtsstellung des Überlebenden. |
Mit dem Tode des einen Ehegatten fällt nach der
Güterordnung von 1786 bei kinderloser Ehe das ganze
beiderseitige Vermögen nach dem Grundsatze : „Längst
Leib, Längst Gut“, unter völligem Ausschluß der
Verwandten des Verstorbenen allein dem überlebenden
Ehegatten zu. Nach dem BgB. bildet der Anteil des
verstorbenen Ehegatten dessen Nachlaß. Zwecks
Vererbung des Nachlasses wird das Gesamtgut geteilt
und nötigenfalls versilbert. Der Überlebende erhält
hier zunächst die eine Hälfte ( ½ ) des Gesamtgutes
als seinen eigenen abgeteilten Anteil. Von der
andern Hälfte, dem Nachlasse des Verstorbenen,
erhält er nur seinen gesetzlichen Erbteil, also
neben Verwandten der |
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– 43 – |
zweiten
Ordnung oder neben Großeltern des Verstorbenen außer
dem Voraus an Hochzeitgeschenken und
Haushaltungsgegenständen (§ 1332 BGB). von der
zweiten Hälfte des Gesamtgutes nur die Hälfte,
demnach im Ganzen nur [½u.(½ · ½ =) ¼ =] ¾ des
Gesamtgutes. Erst wenn Verwandte der ersten und
zweiten Ordnung (Kinder oder Eltern des Erblassers
oder Abkömmlinge von ihnen) oder Großeltern des
Erblassers nicht vorhanden sind, erhält der
Überlebende auch nach dem BgB. das ganze Gesamtgut
zum Erbe. |
Bei kindergesegneter Ehe treten nach der
Güterordnung von 1786 mit dem Ableben des einen
Ehegatten an dessen Stelle die Kinder in das
ungeteilte Miteigentum des Gesamtgutes ein. In das
Gesamteigentum fließr hier durchweg aller
gemeinsamer oder gesonderter Arbeits- und
Glückserwerb des Überlebenden und der Kinder, bei
letzteren jedoch an Glückserwerb nur das, was sie
über ihren Vater oder ihre Mutter kraft
Eintrittsrechtes im Wege natürlichen Erbganges (ab
intestato) erben (vgl. § 19 der Güter-O. von 1786).
Nach dem BgB. tritt bei Fortsetzung der
Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte an die
Stelle des Verstorbenen. Sämtlicher Besitz und
Erwerb der Kinder gehört nicht zum Gesamtgute der
fortgesetzten Gütergemeinschaft, bei den
Überleben-den nur der Besitz und Erwerb am Vermögen
im Rahmen der §§1485, 1369, 1370 BgB. |
§ 32. |
Fortsetzung:
Rechtsstellung des Wiederheiratenden. |
Im Falle der Aufhebung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft, namentlich bei einer
Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten,
erhält nach der Güterordnung von 1786 der
Überlebende die Hälfte des Reinvermögens zu freier
Verfügung. Die andere Hälfte fällt den Kindern zu.
Im Falle der Wiederverheiratung können mit
Zustimmung sämtlicher |
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– 44 – |
Beteiligter die etwaigen beiderseitigen Kinder der
Ehegatten oder die aus der Ehe zu erwartenden Kinder
mit den bereits vorhandenen in eine Kindschaft
geschrieben werden. Diese Einkindschaft hat die
vermögensrechtliche Gleichstellung der Kinder in
Bezug auf das Vermögen der neuen Eltern auch für den
Todesfall des einen oder andern Elternteiles zur
Folge. Nötigenfalls findet bei der Errichtung der
Einkindschaft ein Vermögensausgleich der Kinder
durch Aussetzung eines Voraus (praecipuum) für die
Vorkinder statt. |
Das BgB. kennt eine Einkindschaft nicht. Jeder
Elternteil wird als Erblasser hier außer von dem
überlebenden Ehegatten grundsätzlich nur von seinem
eigenen Geblüte beerbt. Ebenso ist die elterliche
Gewalt des alten lippischen Rechtes namentlich für
den Fall der Wiederverheiratung des Überlebenden
auch in Bezug auf die Nutznießung des
Kindervermögens wesentlich verschieden von der des
BgB., wo bei einer Wiederheirat des leiblichen
Vaters (lediglich für das Vermögen) Pflegschaft,
bei einer Wiederheirat der leiblichen Mutter
Vormundschaft (Sorge für Person und Vermögen)
eintritt.
|
§ 33. |
Fortsetzung:
Verfügungsfreiheit des Überlebenden. |
Nach der
Güterordnung von 1786 kann keiner der Ehegatten zu
Lusten oder Lasten des andern Ehegatten und – außer
nach vollzogener Schichtung – auch zu Gunsten oder
Ungunsten der einzelnen Kinder eine ungleichmäßige
Vermögensteilung weder unter Lebenden noch auf den
Todesfall vornehmen. Das BgB. setzt auch hier eine
ganze Reihe von Rechten des einzelnen Ehegatten
sowohl in Bezug auf die gemeinschaftlichen
Abkömmlinge als auch in Bezug auf den überlebenden
Ehegatten fest. Namentlich kann einseitig |
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– 45 – |
bestimmt
werden, daß ein zum Gesamtgute gehöriges Landgut
(Hof) einer der Abkömmlinge oder auch der
überlebende Ehegatte gegen Ersatz des
kapitalisierten Ertragswertes mit dem Ableben des
Erblassers zu übernehmen berechtigt sein soll (§
1515 BgB.). Mangels einer solchen Bestimmung ist der
überlebende Ehegatte zur Übernahme des Gesamtgutes
oder eines Teiles desselben, also auch etwa des zum
Gesamtgute gehörigen Hofes, gegen Ersatz des
gewöhnlichen Wertes befugt (§ 1502 BgB.).
|
§ 34. |
Der gesetzliche Güterstand.
(Verwaltungsgemeinschaft) des BgB. |
In Bezug auf Verwaltung, Verfügung und Vererbung des
Gesamtgutes bestehen somit zwischen der lippischen
Gütergemeinschaft von 1786 und der des BgB. für die
Ehegatten, Eltern und Kinder erhebliche
Unterschiede. Da die gewohnten und liebgewordenen
Rechtswirkungen der Güterordnung von 1786 mit der
ehevertraglichen Einführung der Gütergemeinschaft
des BgB. nur teilweise erreicht werden, wird es
wertvoll sein, Folgendes über die in Betracht
kommenden Verhältnisse zu wissen. |
Mit der
Eingehung der Ehe tritt der Güterstand der
Verwaltungsgemeinschaft des BgB. (§§ 1363 bis 1425)
ein, wonach das beiderseitige Vermögen dem Eigentume
nach völlig getrennt bleibt. In dem Verhältnis des
Mannes zu seinem Vermögen tritt also durch den
Eheabschluß keinerlei Änderung ein. Was die
geschäftsfähige Frau dem Manne in die Ehe zubringt,
oder während der Ehe erwirbt (eingebrachtes Gut),
tritt mit Ausnahme des Vorbehaltsgutes der Frau mit
dem Eheabschlusse unter die Verwaltung und eheliche
Nutznießung des Mannes. Durch Rechtshand- |
|
|
– 46 – |
lungen
des Mannes wird die Frau nicht verpflichtet. Über
den Stamm des eingebrachten Gutes kann der Mann nur
in den gesetzlich bestimmten Fällen, die Frau selbst
nur mit Einwilligung des Mannes verfügen. Das
eingebrachte Gut der Frau haftet den Gläubigern des
Mannes nicht, den Gläubigern der Frau nur im
allgemeinen. Zu Gunsten der Gläubiger des Mannes
wird jedoch bei jedem Güterstande vermutet, daß
sämtliche, im Besitz von Mann oder Frau befindliche
bewegliche Sachen mit Ausnahme der zum persönlichen
Gebrauch der Frau bestimmten, dem Manne gehören (§
1362 BgB.). Dieser Rechtsvermutung gegenüber sind
abweichende Verhältnisse also zu beweisen. |
§ 35. |
Die Gütertrennung des BgB. |
Sagt den Eheleuten diese Art des Güterstandes nicht
zu, so können sie ihn ausschließen und jede andere
Art des Güterstandes unvorgreiflich bereits
wohlerworbener Rechte Dritter vereinbaren. Die
Vereinbarung bedarf der gerichtlichen Verlautbarung.
Beschränkt sich die gerichtliche Erklärung der
Eheleute lediglich auf den Ausschluß der
Verwaltungsgemeinschaft, so tritt ohne Weiteres
Gütertrennung ein, bei welcher das beiderseitige
Vermögen nicht nur dem Eigentume, sondern auch dem
Besitze, der Verwaltung und Nutzung sowie der
Gläubigerhaftung nach völlig getrennt bleibt. Auch
bei der Gütertrennung steht nichts im Wege, das
Vermögen bis auf jederzeit freistehenden Widerruf
der Verwaltung des Mannes zu überlassen. Im
Verhältnis zur Frau stehen dann die Einkünfte
grundsätzlich dem Manne zu. Im Falle der Übereignung
von Frauengut durch den Mann auf Dritte entscheidet
deren Gutgläubigkeit, der gegenüber der Frau der
Beweis des Gegenteils obliegt. Gütertrennung tritt
im Zweifel |
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– 47 – |
stets
ein, die Verwaltungsgemeinschaft oder ein
gewillkürter Güterstand, also auch die etwa
vereinbarte Gütergemeinschaft des BgB. aufgehoben
wird. |
Für das Höferecht bemerkenswert ist, daß bei der
Verwaltungsgemeinschaft, bei der Gütertrennung und
bei jedem Güterstande, in dem der Hof nicht zum
Gesamtgute der Ehegatten gehört, der Hof nur von dem
vererbt wird, dem er gehört. Nächster oder rechter
Erbe ist hier nicht der überlebende Ehegatte,
sondern der Abkömmling, neben denen der Überlebende
nur zu einem Viertel als Erbe berufen ist, während
drei Viertel den Abkömmlingen zufallen. Selbst bei
kinderloser Ehe würde der überlebende Ehegatte neben
den etwa noch lebenden Eltern oder deren
Abkömmlingen oder neben Großeltern des anderen
Ehegatten außer dem Voraus an Hochzeitsgeschenken
und Haushaltsgegenständen nur die Hälfte des
Nachlasses erhalten. Eine Erhaltung des Hofes in der
Hand des überlebenden Ehegatten würde in diesen
Fällen regelmäßig daher nicht wohl möglich sein,
besonders dann nicht, wenn der Hof erheblich
belastet ist.
|
§ 36. |
Güterrechtsregister. |
Da die Auswahl der Güterstände des BgB. oder die
sonstige Bestimmung ihrer güterrechtlichen
Verhältnisse im freien Belieben der Eheleute steht,
die jederzeit geändert werden kann, unter dieser
Freiheit aber Handel und Wandel, namentlich die
Kreditverhältnisse zum Schaden aller nicht leiden
dürfen, so gelten vereinbarte, von dem gesetzlichen
Güterstande der Verwaltungsgemeinschaft abweichende
güterrechtliche Verhältnisse nur soweit, als sie aus
dem Güterrechtsregister des zuständigen Amtsgerichts
ersichtlich oder sonst dem Dritten bekannt sind. Ist
aus dem Güterrechtsregister |
|
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– 48 – |
ein
besonderer Güterstand der Eheleute nicht
ersichtlich, gleichwohl aber ein solcher unter den
Eheleuten vereinbart, so können die Eheleute aus
dieser Vereinbarung gegen Dritte nur dann Rechte
herleiten, wenn sie ihrerseits den Beweis führen
können, daß der Dritte den Inhalt des Ehevertrages
gekannt hat. Die Einsicht in das Güterrechtsregister
steht jedem unentgeltlich frei. |
§ 37. |
Ehe- und Erbvertrag. |
Um zum Schutze der Hoferhaltung die Rechtswirkungen
der Güterordnung von 1786 herbeizuführen, wird für
die allgemeinen Lebens-verhältnisse die Einführung
der Gütergemeinschaft des BgB. hinreichend sein. Um
aber für den Fall des Ablebens des einen oder
anderen Ehegatten die gesetzliche Erbfolge des BgB.,
die den Anschauungen für das Gebiet des lippischen
Höferechtes nicht in allen Teilen, namentlich nicht
in Bezug auf das Erbrecht des überlebenden Ehegatten
entspricht, nicht eintreten zu lassen, wird es für
die Erhaltung des Hofes zweckmäßig sein, daß die
Ehegatten gleich in dem Ehevertrage sich selbst
gegenseitig zu erben einsetzen, mit dem Ehevertrage
also gleichzeitig einen Erbvertrag verbinden (§ 2276
BgB.). Es treten dann folgende Rechtswirkungen ein. |
a) Erbfall bei unbeerbter Ehe. |
Gegenüber solcher Erbeinsetzung greift lediglich das
Pflichtteilsrecht des BgB. Platz, wonach, wenn nicht
aus gesetzlichen Gründen der Pflichtteil ganz
entzogen ist, den Abkömmlingen, den Eltern und dem
Ehegatten nur die Hälfte des ihnen gesetzlich
zustehenden Erbteils zukommt. Im Falle der
Einführung der allgemeinen Gütergemeinschaft des BgB.
und gleichzeitiger Erbeinsetzung mittels desselben
Ehevertrages – oder auch mittels eines vom
Ehevertrage gesonderten Erbvertrages oder
Testamentes – schließt bei kinderloser (unbeerbter)
|
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– 49 – |
Ehe der
Überlebende die Großeltern und die entfernteren
Verwandten des verstorbenen Ehegatten völlig aus.
Neben den Eltern oder Elterteilen des verstorbenen
Ehegatten erhält der Überlebende als gesetzlicher
Erbe außer dem Voraus an Hochzeitsgeschenken und an
den, nicht Zubehörteile eines Grundstückes bildenden
Haushaltsgegenständen die Hälfte des Nachlasses, als
eingesetzter Erbe weiter die eine Hälfte des
gesetzlichen Erbteils der Eltern des Erblasses, weil
diesen auf Grund der Einsetzung des Ehegatten nur
der Pflichtteil mit der Hälfte ihres gesetzlichen
Erbteils, also nur ¼ des Nachlasses zusteht. Im
Falle allgemeiner Gütergemeinschaft erhält danach
der überlebende Ehegatte neben Eltern des Erblassers
den ganzen Nachlaß des Verstorbenen bis auf ein
Viertel. Würde demnach auch ein Hof wie z.B. als
Neuerwerb (neo acquisitum) nicht nach besonderen
höferechtlichen Grundsätzen vererbt, so wäre der
Überlebende gleichwohl in der Lage, gegen Abfindung
der Eltern mittels Wertersatzes des einen
Hofviertels – Hofwert 60000 Mk.: Abfindung 15000 Mk.:
verbleibender Teil 45000 Mk. – den Hof zu halten. |
§ 38. |
Fortsetzung: b) Erbfall bei beerbter
Ehe. |
Die gleiche Möglichkeit würde allenfalls bestehen,
wenn im Falle der Gütergemeinschaft und
gleichzeitiger Erbeinsetzung bei beerbter
(kindergesegneter) Ehe der Überlebende neben
Abkömmlingen erbte. Außer dem, dem Überlebenden hier
zufallenden gesetzlichen einen Viertel würde ihm von
jedem Abkömmlinge die Hälfte von dessen gesetzlichem
Erbteile zukommen, bei einem Hofe im Nennwerte von
60000 Mk. Und bei drei Abkömmlingen also (15000 u.
7500 u. 7500 u. 7500 =) 37500 Mk., während den
sämtlichen, beliebig vielen |
|
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– 50 – |
Abkömmlingen zusammen nur 22500 Mk, also nicht viel
mehr als ein Drittel des Hofwertes zuständen. Die
Haltung des Hofbesitzes würde um so eher möglich
sein, als der Überlebende auf Grund der ehelichen
Gütergemeinschaft diese nach dem Tode des andern
Ehegatten mit den Abkömmlingen beliebig lange
fortsetzen kann (§ 1483 BgB.) und ihm in dieser
fortgesetzten Gütergemeinschaft gegenüber den
Abkömmlingen die früheren Rechte des Ehemannes
während bestehender Ehe zukommen würden. Im Falle
der Nichtfortsetzung der Gütergemeinschaft und der
darauf folgenden Auseinandersetzung mit den
Abkömmlingen, z.B. im Falle der Wiederheirat würde
dem überlebenden Ehegatten das Recht der Übernahme
des Hofes gegen Ersetzung des Hofwertes zustehen.
Diese Übernahme würde erleichtert sein, wenn zur
Auseinandersetzung und zum etwa nötigen Ausgleich
der Beteiligten außer dem Hofe noch andere
Gesamtgutsgegenstände vorhanden wären, was in der
Regel der Fall sein wird. Weiter würde auch im Falle
der Auseinandersetzung mit den Abkömmlingen dem
Überlebenden auf Grund der elterlichen Gewalt,
Besitz und Verwaltung Nutznießung an den Anteilen
der Kinder bis zu deren Großjährigkeit zustehen.
|
§ 39. |
Weitere Hoferhaltungsmöglichkeit. |
Von diesen allgemeinen Rechtsfolgen abgesehen, würde
schließlich die Erhaltung des Hofes in der Hand des
Überlebenden oder auch des Anerben mittels
Errichtung einer letztwilligen Verfügung durch den
Hoferblasser dahin gesichert werden können, daß dem
Überlebenden oder dem Anerben der Hof zum
Ertragswerte zufiele (§§ 1515, 2049 BgB.). Als
Ertragswert würde dann nur der fünfundzwanzigfache
Betrag des jährlichen Hofreinertrages in Betracht
kommen (§ 46 des |
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– 51 – |
Ausf.
Ges. z. BgB.; 22.507; Art. 137 E. BgB.) und dieser
so festgestellte Hofwert auch den etwaigen
Pflichtteilsberechnungen zu Grunde zu legen sein (§
2312 BgB.). |
Erschweren würde sich die Erhaltung des Hofes
allerdings bei erheblicher Schuldenlast. Wären bei
einem Hofrohwerte oder Hofverkaufswerte von 60000
Mark an Schulden 30000 Mk. Vorhanden, so würde der
Überlebende (60000 – 30000 = ) 30000 : ¼ = 7500 u.
(30000 – 7500) :2 = 11250 = 18750 Mk. Hofwert
erhalten, demnach 30000 u. (30000 – 18750 = ) 11250
= 41250 Mk., also mehr als zwei Drittel des
Hofwertes zu verzinsen haben. Immerhin würde aber
der überlebende Ehegatte bei einer Schuldenlast von
rund 41000 Mk. Noch eher bestehen können, als etwa
der Anerbe, der neben der Schuldenlast zu 41000 Mk.
und neben den Leibzuchtsleistungen auch noch die
Brautschätze zu stehen haben würde. |
Allgemeine Gütergemeinschaft der Eheleute und
gegenseitige Erbeinsetzung derselben vorausgesetzt,
würde demnach die Erhaltung des Hofes in der Hand
des überlebenden Ehegatten regelmäßig auch da
möglich sein, wo sich der Hof als Neuerwerb (neo
acquisitum) auf Grund von Kauf, Tausch, Schenkung,
Ererbung von Dritten oder sonstigen Erwerbes nicht
nach den besonderen Grundsätzen des Höferechtes,
sondern nach denen des BgB. sich vererbt. Dies
selbst im Falle einer Wiederverheiratung des
Überlebenden, da eine Wiederverheiratung nur die
Fortsetzung der allgemeinen Gütergemeinschaft
ausschließen, im Übrigen aber die
Auseinander-setzung nach gleichen Gesichtspunkten
erfolgen würde. |
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– 53 – |
Bauernhöfe sind keine Handelsware.
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Zweiter Teil.
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Einzeldarstellung.
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Kapitel
I. |
Das Hofgut. |
§ 40. |
Begriff des Hofgutes:
Unbewegliches Hofgut. |
Das Hofgut bildet eine äußerlich und in sich
wirtschaftlich abgerundete und eingerichtete
Vermögenseinheit. |
Diese Vermögenseinheit besteht aus unbeweglichen und
beweglichen Vermögensstücken. Die unbeweg-lichen
Vermögensstücke, die Liegenschaften, bilden die
Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie der Grund und
Boden an Hofraum, Gärten, Äckern und Wäldern, an
Wiesen, Teichen und sonstigen Gründen, an Frucht-
und Ödland. Zu den Liegenschaften gehören auch die
im Boden befindlichen oder mit dem Boden noch
zusammenhängenden Früchte, der ausgestreute Dünger
und die Waldbestände. Die unbeweglichen
Vermögensstücke des Hofes stellen danach in der
Hauptsache dessen Bestandteile im Sinne der §§ 93 –
96 BgB. dar. |
Zu ihnen zu rechnen sind als festabgegrenzte Flächen
des Friedhofes und des Innenraumes der Kirche auch
etwaige Erbbegräbnisse und Kirchen-stühle sowie |
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– 54 – |
mit dem
Hofe verbundene Rechte und Pflichten an Mühlen,
Flöß- und sonstigen Wasserrechten, an Wegen, Huden,
Jagd, Fischerei, Potterei, in Anteilen an
Molkereien, Zuckerrüben- und Konserven-fabriken.
Schließlich gehören hierhin auch die
landwirtschaftlichen Nebenbetriebe (Ziegeleien,
Brennereien, Verwertung von Steinen, Kalk, Mergel,
Ton, Sand und Torf). |
§ 41. |
Fortsetzung: Bewegliches Hofgut. |
An beweglichen Vermögensstücken gehören zum Hofgute
alle Wirtschaftsbestände des Hofes in der Art und in
dem Umfange, wie sie die ordnungsmäßige, auf
nachhaltige Ergiebigkeit gerichtete
Hofbewirtschaftung erfordert. |
Zu den
Wirtschaftsbeständen sind zu zählen : die
Viehbestände, die Vorräte an Futter und Saatgut
sowie an Lebensmitteln bis zur nächsten Ernte, der
Dünger, die Maschinen und Geräte in Haus, Hof und
Feld. Die beweglichen Vermögensstücke des Hofes
bilden daher im Wesentlichen diejenigen Sachen,
welche als Zubehör im Sinne der §§ 97, 98 BgB.
anzusehen sind. Entscheidend wird auch hier sein, ob
die Vermögensstücke einzeln oder als geordnetes,
organisch in einander greifendes Ganze den
wirtschaftlichen Zwecken des Hofes oder der
Hofgenossen zu dienen bestimmt sind und ob sie in
einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen
Verhältnisse zum Hofe stehen, also auch nach ihrer
rein örtlichen Aufstellung den Hofzwecken zu dienen
geeignet sind. Ebenso wird auch hier eine
vorübergehende Entfernung eines Vermögensstückes vom
Hofe z.B. zu Ausbesserungs- oder Ausstellungszwecken
die Zubehöreigenschaft nicht aufheben, auch eine
bloß vorübergehende |
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– 55 – |
Benutzung
eines Vermögensstückes für Hofzwecke deren
Zubehöreigenschaft nicht begründen. |
Besondere Vorschriften gelten für die Gebundenheit
der Hofliegenschaften und für die Vererbung des
Hofgutes. Eine Vererbung der Höfe nach Höferecht
tritt nur ein, soweit sie nicht Neuerwerbungen (neo
acquisita) darstellen, sondern bereits einmal nach
dem bürgerlichen Rechte sich vererbt haben. Gekaufte
oder sonst mittels Aufwendung von Freigut erworbene
Höfe oder Hofteile erden daher für das Erbrecht zu
Hofgut erst durch einmalige Vererbung nach BgB., mag
es sich um ganze Höfe oder um einzelne Bestandteile
derselben handeln. |
§ 42. |
Gebundenheit des Hofgutes. |
Für die
Hofgebundenheit kommen nach heutigem Rechte alle
ländlichen Besitzungen in Betracht, welche in der
Hauptsache land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken
zu dienen bestimmt und geeignet sind. Durchweg wird
es sich also um bäuerliche Besitzungen handeln.
Nicht in Betracht für die Hofgebundenheit kommt
zunächst der landesherrliche, der staatliche oder
gemeindliche und ritterschaftliche Besitz, da hier
besondere Rechtträger in Frage kommen. Desgleichen
gehört hierher nicht der städtische Besitz sowie der
ländliche, vornehmlich gewerbliche und der ländliche
Kleinbesitz, da diese in der Hauptsache zu anderen
Zwecken dienen, zu land- oder forstwirtschaftlichen
Zwecken weder geeignet noch auch bestimmt sind. |
Einen Anhalt für die Beurteilung namentlich des
Erbrechts wird die Hofesgewohnheit geben, also die
Art der Behandlung in früheren Fällen, wie sie meist
aus den Grundakten ersichtlich sein wird. Wichtige
Fingerzeige werden die früheren Leib- und
Gutseigentumslasten und sonstige Aufzeichnungen
bilden, die sich |
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– 56 – |
in den
Grundbüchern, den Saalbüchern, alten Eheprotokollen
und Katastern finden. |
Bei der Gebundenheit der Höfe geht die Gesetzgebung
von dem Gesichtspunkte der Erhaltung der Höfe aus.
Als obersten Grundsatz stellt sie daher die
Unteilbarkeit der Höfe hin. Unter dem Gesichtspunkte
der Unteilbarkeit des Hofes vollzieht sich daher die
ganze Abwickelung des Höferechtes, das in der
Hauptsache das Recht der Hofgenossen auf und an dem
Hofe sowie deren Abfindung von dem Hofe in sich
begreift und darstellt. |
Um diesen Grundsatz der Unteilbarkeit des Hofes
gruppieren sich daher alle höferechtlichen
Vorschriften. Der Unteilbarkeit des Hofes wegen kann
es nur einen rechten Erben des Hofes geben, den
Anerben, dem der Hof als ein Sach- und
Rechtinbegriff mit dem Erbfalle ohne Weiteres
zufällt. Der Unteilbarkeit des Hofes wegen werden
die Geschwister des Anerben vom Hofe mit
Brautschätzen abgefunden, Eltern und Stiefeltern mit
der Leibzucht versorgt.
|
§ 43. |
Die Berechtigung der Hofgebundenheit. |
Die Unteilbarkeit des Hofes, die
Verfügungs-beschränkungen des jeweiligen
Hofbesitzers sowie das Mindererbrecht der
nachgeborenen Kinder hat jederzeit scharfe
Gegnerschaft gefunden, vom sozialen
Gefühlsstandpunkte aus nicht unberechtigt,
jedenfalls verständlich, vom Standpunkte einer
gesunden Lebensauffassung nicht gerechtfertigt, für
eine kraftvolle Wirtschaftsbetätigung und für den
Staat unhaltbar.Das Staats- und Völkerleben der
zivilisierten Nationen baut sich auf dem Verbande
der Familie auf. Seinen letzten Halt, seine Ruhe und
Erholung wir der Einzelne stets an und in seiner
Familie haben und finden. Aus |
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– 57 – |
dem
Schoße der Familie heraus erwächst dem Einzelnen die
Kraft und Einsicht für den Kampf des Lebens. |
Für die bäuerliche Familie gilt der Hof als Sitz und
Halt, als Mittel- und Sammelpunkt der
Familienglieder. Dieser erhabene Zweck des
Familienbesitzes steht über den einzelnen Gliedern
der Familie. Nötigenfalls müssen diese weichen, um
anderen Platz zu machen. Der Hof muß bleiben, um
ständig neues blühendes Familienleben zu erzeugen
und für alle Zukunft zu gewährleisten. Eine Teilung
des Hofes würde diesen erhabenen Zweck gefährden und
mit der Zeit vereiteln. |
Der heutige, durchweg durch Jahrhunderte hindurch
von den Vorfahren auf die Nachkommen, vom Vater auf
den Sohn vererbte lippische bäuerliche Besitz bildet
in Familie und Gesinde, in Haus und Hof, in
Viehstand und Geräten, in Gärten, Äckern, Wald und
Weiden eine wirtschaftlich abgerundete und
eingerichtete Einheit, die schon um ihrer
Einheitlichkeit willen eine Teilung nicht verträgt.
Welche tiefgreifenden, unwirtschaftlichen
Verände-rungen würde auch eine Teilung des Hofes
unter etwa sieben Geschwister nach sich ziehen. Wer
von ihnen sollte die einzelnen in Güte, Ertrag,
Wert, Lage und Fruchtfolge verschiedenen Äcker,
Wiesen und Waldungen haben. Wie sollte bei dem
Erbfalle die Teilung der Hofbestände an Vieh,
Futter, Maschinen und Geräten, insbesondere bei
Wohn- und Stallgebäuden durchgeführt werden. Und
schließlich, wie oft wollte man teilen, und durch
wieviel Generationen hindurch würde man teilen
können, um mit Vorteil noch Landwirtschaft als
Lebensberuf zu betreiben, um die einzelne Familie
zahlungs- und leistungsfähig zu erhalten, ihr den
Unterhalt, dem Staate und der Gemeinde aber die
Steuern zu sichern. |
Ruhige Überlegung muß unter Berücksichtigung der
realen Lebensverhältnisse und notwendigen
Wirtschafts- |
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– 58 – |
bedingungen zu dem Schlusse führen, daß eine Teilung
der Höfe unzweckmäßig ist und auf die Dauer
undurchführbar sein würde. Läßt sich doch auch eine
kaufmännische Firma ohne Veränderung ihres Wesens
nicht beliebig teilen. Schließlich hat auch der
Staat in Recht und Pflicht das dringendste Interesse
an der Erhaltung der Unversehrtheit der Höfe, da
sie, soweit unser Land in Betracht kommt, in ihrer
Gesamtheit neben dem ebenfalls unteilbaren Domanium
den weitaus größten Teil der realen Grundlage des
Staates ausmachen, in ihren Wirtschaftsbetrieben dem
Lande die sicherste und nachhaltigste Steuerkraft
verbürgen, und mit ihrer gesunden Volkskraft die
mächtigsten und allzeit zuverlässigsten Stützen des
Staatsgebäudes darstellen.
|
§ 44. |
Frühere Hofgebundenheit. |
Die ältesten gesetzlichen Vorschriften über die
Unteilbarkeit der Höfe gehen auf die
Landes-Polizeiverordnung von 1620 zurück. Sie
verbieten nicht nur die Versetzung (Verpfändung) und
die Belastung des Hofes mit Dienstbarkeiten oder
Schulden, sondern auch die Veräußerung des Hofes im
Ganzen, den Verkauf bei Strafe der Nichtigkeit der
Verträge, bei Verlust des Meierrechtes und des
geliehenen oder als Kaufpreis gezahlten Geldes. Es
sollen alle bäuerlichen „dienstbare Güter
unverrüttet in vollkommenem Stande gelassen und in
keinerlei Weise geändert werden“. Was von den Höfen
an Liegenschaften angekauft ist, soll nicht wieder
davon getrennt noch von den bereits ausgesteuerten
(abgefundenen) Kindern geerbt werden. Alle diesen
Bestimmungen zuwiderlaufenden Maßnahmen der
bäuerlichen Besitzer bedürfen zu ihrer
Rechtsgültigkeit der Bewilligung des Landes- und
Gutsherrn. |
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– 59 – |
Von gleichen Gesichtspunkten und von gleichen
vornehmlich durch das Interesse der Landes- und
Gutsherrschaft gebotenen Grundsätzen gehen die
Verordnung wegen der Eheverschreibung der
Bauersleute von 1702 sowie die Hypothekenordnung und
die Distraktions- (Dismembrations- oder
Hofzerstückelungs-) Ordnung von 1771 aus. |
Erst nach der Befreiung des bäuerlichen Besitzes von
den Lasten und Beschränkungen des Guts- und
Leibeigentums und nach der Einführung der
Ablösbarkeit er sämtlichen bäuerlichen Lasten wird
auch das Eigentum des Bauern an dem Hofe anerkannt,
indem seit 1864 auch die landesherrliche Genehmigung
zur Veräußerung eines Hofes im Ganzen nicht mehr,
sondern nur noch zur Abveräußerung einzelner Teile
des Hofes erfordert wird. Eine Einschränkung der
Gebundenheit der Hofgrundstücke für den
Rechtsverkehr bezweckte das Nachtragsgesetz von
1902, indem es solche ländlichen Besitzungen, die
eine bestimmte Mindestgröße oder einen bestimmten
Mindestreinertrag nicht aufweisen, also für die
Eheleute und Familie als eine selbständige
Nahrungsstelle nicht gelten können, für den
Rechtsverkehr überhaupt freilässt (walzende Güter).
|
§ 45. |
Jetzige Hofgebundenheit. |
Nach
heutigem Rechte ist der im Grundbuche eingetragene
Besitzer völlig freier Eigentümer des Hofes. Soweit
daher Miteigentum am Hofe besteht z.B. für den
andern Ehegatten infolge Einführung der allgemeinen
Gütergemeinschaft oder für sonstige Personen aus
beliebigen Rechtsgründen ist die Miteintragung des
Berechtigten zwecks Vermeidung von Weiterungen
ratsam und gegenüber jedem Dritten erforderlich. |
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– 60 – |
Als
Eigentümer des Hofes steht dem jeweiligen, aus dem
Grundbuch sich ergebenden Besitzer das freie
Verfügungsrecht über den Hof, dessen Bestandteile
und dessen Zubehörstücke zu, ohne Unterschied ob es
sich dabei um bewegliches oder unbewegliche Gut
handelt. Insbesondere ist die Veräußerung ganzer
Höfe ohne Weiteres zulässig: freie Verfügung für
Eintragungen in der ersten Abteilung des
Grundbuches. Auch in Bezug auf die Belastungen und
Beschränkungen des Hofes ist der Eigentümer frei.
Der Eigentümer kann beliebig viel und beliebig hohe
Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden sowie
jederlei andere Lasten dauernder oder
vorübergehender Art bestellen und eintragen lassen:
freie Verfügung für Eintragungen in der zweiten und
dritten Abteilung des Grundbuches. Einmal erfolgte
Eintragungen im Grundbuche können nur mit Zustimmung
des Berechtigten oder mit dem Nachweise, daß die
Berechtigung beendet ist, geändert oder gelöscht
werden. In allen diesen Fällen bedarf es also nur
der Einigung der Beteiligten, der gerichtlichen
Beurkung[d]ung dieser Einigung und der Anträge auf
Änderung des Grundbuchinhaltes sowie der Bemerkung
der Rechtsänderung im Grundbuche. Im Grundbuche
vermerkt oder eingetragen wird die Rechtsänderung
ausschließlich durch das Gericht unter
Benachrichtigung der Beteiligten über die erfolgte
Eintragung der Rechtsänderung. |
Ist sonach mittels der Belastung wohl eine Teilung
des Hofes seinem Werte nach möglich, so können
einzelne, reale Teile des Hofes rechtsgültig nur mit
vorgängiger, landespolizeilicher Genehmigung
veräußert werden: beschränkte Verfügung für
Eintragungen auf dem Titelblatt des Grundbuches, dem
Verzeichnisse der Hofgrundstücke. Dies gilt auch für
Grundstücke, die von dem Hofbesitzer erst selbst
erworben und auf dessen Veranlassung dem Hofe im
Grundbuche zugeschrieben sind. Will der Hofbesitzer
solche selbst erworbenen Grundstücke |
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– 61 – |
zu freier
Verfügung behalten (walzende Güter), so muß er sie
auf einem besonderen Grundbuchblatte eintragen
lassen. Als Veräußerung ist nicht nur die
Eigentumsübertragung anzusehen, sondern jede
grundbuchmäßige Abtretung eines Grundstückes vom
Hofe mittels Abschreibung vom Hofgrundbuchblatte und
Umschreibung auf ein besonderes Grundbuchblatt,
insbesondere auch zum Zwecke einer
Spezialverpfändung eines bestimmten Hofteiles. |
Die landespolizeiliche Genehmigung, die das
Grundbuchamt herbeiführt, wird für den Landesherrn
von der Regierung erteilt oder aus Erwägungen der
allgemeinen Landeswohlfahrt verweigert. |
§ 46. |
Walzendes Gut. |
Hofbesitzungen unterstehen dem freien Rechtsverkehr,
sind also in Bezug auf die Verfügungsfreiheit der
Eigentümer überhaupt nicht gebunden, soweit sie der
landes-polizeilichen Genehmigung nicht bedürfen. |
Die landespolizeiliche Genehmigung ist nicht
erforderlich : |
1. bei
Höfen unter 2,5 ha Größe oder unter 75 Mk.
Reinertrag,
2. bei Höfen, welche seit 20 Jahren in derselben
Familie sind und bei denen innerhalb 30 Jahren
unbebaute Grundstücke bis zu 20 % der
Gesamt-größe, höchstens aber im Ganzen 2,5 ha
abgetrennt werden,
3. bei Abtrennung zu allgemeinen oder gemeinnützigen
Zwecken (Anlegung oder Erbreiterung öffentlicher
Wege und Gräben, Bau von Eisenbahnen, Errichtung
öffentlicher Gebäude) oder bei Abtrennung infolge
von Enteignung. |
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– 62 – |
4. bei
Abtretung zwecks Begradigung oder Regelung einzelner
Hofgrenzen,
5. bei gleichzeitiger Zuschreibung gleichwertiger
Grundstücke (Tausch, Ankauf und Verkauf).
6. bei geringfügiger Abtrennung, die für die
Berechtigten zweifellos unschädlich erscheint. |
Im Falle der Ziffer 5 die Gleichwertigkeit, der
Ziffer 6 die Unschädlichkeit der Rechtsänderung
stellt das Gericht für die Beteiligten durch
Beschluß fest (Unschädlichkeitszeugnis). Der dem
Antragsteller und allen Grundbuchbeteiligten
gerichtlich zuzustellende Beschluß ist binnen zwei
Wochen anfechtbar. Eine Änderung des
Grundbuchinhaltes darf erst erfolgen, nachdem der
Unschädlichkeitsbeschluß gegenüber allen Beteiligten
rechtskräftig geworden ist. Eines besonderen
Unschädlichkeitsbechlusses bedarf es im Falle der
Ziffer 5 nicht, soweit es sich um den Austausch von
im Wesentlichen gleichwertigen Grundstücken von Hof
zu Hof handelt. Hier wie in allen sonstigen Fällen
(der Ziffern 1 – 4) genügt die pflichtmäßige Prüfung
der gesetzlichen Vorausset-zungen durch das Gericht.
|
§ 47. |
Vereinigung mehrerer Höfe. |
Die gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen haben
nicht nur die Erhaltung des Bestandes und Umfanges
des einzelnen Hofes, sondern auch die Erhaltung der
Gesamtzahl der lippischen Höfe im Auge. Verboten ist
daher noch heute die dauernde Vereinigung meherer
Höfe zu einem Hofe durch Aufsaugung und Beseitigung
anderer Höfe. Nicht verboten ist damit der Erwerb
oder gleichzeitige Besitz mehrerer Höfe. Die Höfe
bleiben auch im Verhältnis zu einander Gegenstände
des freien Rechtsverkehrs. |
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– 63 – |
Vereinigen sich indes mehrere Höfe infolge Kaufes,
Erbganges oder sonstigen rechtsgültigen Erwerbes in
einer Hand, so bleibt gleichwohl jeder Hof seinem
Wesen und Bestande sowie seiner äußeren Gestaltung
nach unverändert. Namentlich sind alle Lasten und
Dienste sowie alle Staats- und Gemeindesteuern von
jedem Hofe besonders zu berechnen und nach jedes
Hofes Gelegenheit zu leisten. Auch erleiden die
Gerechtsamen eines Hofes z.B. an Wege- und
Nachbarrechten durch seine Vereinigung mit einem
andern Hofe zu dessen Lasten oder zu dessen Lusten
keinerlei Veränderung. Daß auch die an einander
stoßenden Grenzen jedes Hofes erhalten bleiben,
liegt nur mit im Zwecke der allgemeinen Vorschrift
und wird im Grenzver-merkungsgesetz* ausdrücklich
festgelegt. Der Zweck der Allgemeinvorschrift
erfordert weiter, daß jeder der vereinigten Höfe
auch in den öffentlichen Büchern für sich besonders
zu führen ist. |
Für die Landessteuerbücher (Grundsteuermutter-rolle,
Gebäudesteuerrolle) kann dies auch nicht zweifelhaft
sein. Mangels ausdrücklicher landesgeset-zlicher
Festlegung versteht sich dies nicht ohne Weiteres
für das Reichsgrundbuchrecht. Mit Rücksicht auf die
sonstige landesrechtliche Handhabung mehrerer
vereinigter Höfe wird der Grundbuchrichter die
beantragte Überschreibung des einen Hofes auf das
Grundbuchblatt eines andern (Zuschreibung) aber
ablehnen müssen, zumal von der Zuschreibung des
einen Hofes als Bestandteil eines andern leicht
Verwirrung zu befürchten sein würde. |
Im Falle der Vererbung meherer vereinigter Höfe
findet tunlichst wieder eine Trennung statt, indem
der Anerbe nur den einen Hof erhält, während etwaige
weitere Höfe einzeln nach Höferecht an die
nachgeborenen Kinder fallen. Ist nur ein Erbe
vorhanden, so hat die Trennung bei der nächsten
mehrköpfigen Vererbung stattzufinden. |
*) Anm. (vom 27.2.1890; 20,279). |
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– 65 – |
Nicht Stimmenmehrheit ist des Rechtes Probe. |
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Kapitel
II. |
Der Hoferblasser. |
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Artikel
64 Abs. 2 E. BgB. |
§ 48. |
Hoferblasser und Hofgebundenheit. |
Wie im bäuerlichen Güterrechte das freiverfügliche
Familiengut (der Erwerb zu Lebzeiten der Meierleute,
die Errungenschaft, das Freigut) dem gebundenen
Hofgute gegenübersteht, so tritt im bäuerlichen
Erbrechte dem landesrechtlichen Grundsatze der
(letztwilligen) Verfügungsfreiheit des Erblassers
entgegen. Die Frage, welcher von beiden Grundsätzen
der stärkere ist, entscheidet das BgB. selbst zu
Gunsten des landesrechtlichen Grundsatzes der
Unteilbarkeit des Hofes (Art. 119 Abs. 2 E. BgB.).
Insoweit gilt daher der Grundsatz : „Reichsrecht
bricht Landesrecht“ nicht.
Wie der Hofbesitzer bereits zu Lebzeiten durch
grundbuchmäßige Belastung beliebiger Art und Höhe
den Hof dem Werte nach teilen kann, so steht ihm mit
dem Inkrafttreten des BgB. auch auf den Todesfall
volle Verfügungsfreiheit zu. Für diese
Verfügungs-freiheit entscheidend ist zunächst der
eheliche Güterstand, wie er sich heute nach Gesetz,
Vertrag, Güterrechtsregister oder Grundbuch ergibt.
Soweit hiernach gemeinsames Eigentum (Miteigentum)
zwischen den Eheleuten oder nach Auflösung der Ehe
zwischen einem Elternteile und
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– 66 – |
den
Kindern besteht, kann auch auf den Todesfall nur
gemeinschaftlich verfügt werden. Das gilt
insbesondere auch für Ehen, die vor dem 1. Januar
1900 abgeschlossen sind, soweit deren
güterrechtliche Verhältnisse sich noch nach der
Güterordnung von 1786 bestimmen. Da nach dem
Inkrafttreten des BgB. ein anderer Güterstand als
der mit dem Abschluß der Ehe von selbst eintretende
gesetzliche Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft
Rechtsgültigkeit nur dann hat, wenn er bei
gleichzeitiger Anwesenheit der Beteiligten vor
Gericht abgeschlossen wird und gleichwohl nach dem
etwa abweichenden Inhalte des Güterrechtsregisters
oder des Grundbuches Unsicherheit entstehen kann, so
empfiehlt sich, Güterrechtsregister und Grundbuch
daraufhin zu prüfen, ob die dortigen Eintragungen
dem Inhalte des Ehevertrages entsprechen. Zur
Vergewisserung der Beteiligten erhalten diese daher
Nachricht über den Inhalt der erfolgten
Eintragungen. |
§ 49. |
Hoferblasser und Höfeerbrecht. |
Infolge der Unteilbarkeit des Hofes kann auch der
Hoferblasser eine reale Teilung des Hofes nicht
vornehmen. Auch gegenüber der Verfügungsfreiheit des
Erblassers bleibt der Hof also gebunden und dem
Gegenstande nach unteilbar. Im Übrigen steht dem
Hoferblasser volle Verfügungsfreiheit zu. Der
Hoferblasser ist daher bei der Auswahl des Anerben
nicht mehr an den ältesten seiner Söhne oder in
Ermangelung von Söhnen an die älteste seiner Töchter
gebunden. Er kann das Hofgut einem beliebigen seiner
Kinder oder sonstigem seiner gesetzlichen Erben
zuwenden. Söhne und Töchter sind nach dem
Inkrafttreten des BgB. in |
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– 67 – |
dieser
Beziehung auch auf das Alter völlig gleichgestellt.
Ein Erst- oder Letztgeburtsrecht ist für die
Verfügungsfreiheit des Hoferblassers nicht mehr
vorhanden. Für den Hoferblasser gilt auch nicht mehr
die höferechtliche Bestimmung, daß Anerbe nicht
werden kann, „wer zur Hofantretung an Seele und
Körper unfähig ist oder auch sonst Mangel an
Einsicht oder Willen dazu zeiget“. |
Gegenüber
der Verfügungsfreiheit des Erblassers kann der
gewillkürte Anerbe (gekorene, Gegensatz: der
geborene, in Ermangelung einer letztwilligen
Bestimmung der vom Gesetze berufene Anerbe) unter
den Formen und Voraussetzungen der §§ 1942 ff. BgB.
durch Ausschlagung der ihm angefallenen Erbschaft
sich entziehen. In der Einsetzung eines selbst
widerwilligen Anerben ist der Hoferblasser an sich
nicht behindert. Zweifellos rechtsgültig kann der
Hoferblasser aber auch bestimmen: mein Hof soll
nicht nach Anerbenrecht, sondern nach dem Erbrechte
des BgB. sich vererben. Damit würde der Anerbe
sowohl seines Erstgeburtsrechtes als auch der sonst
ihm anhaftenden Erbvorzüge entkleidet und dann der
Hof nach den gewöhnlichen Vorschriften des BgB.
vererbt werden. |
Gebunden bleibt aber auch der Hoferblasser in seiner
letztwilligen Verfügungsfreiheit gegenüber dem
Grundsatze der Unteilbarkeit des Hofes, wie dies
Artikel 119 Ziffer 2 in Verbindung mit Artikel 55 E.
BgB. ausdrücklich festlegt. Es kann daher bei einer
seitens des Hoferblassers etwa gewillkürten Erbfolge
des BgB. immer nur eine Teilung des Hofes seinem
Werte nach stattfinden. Bei einer Vererbung des
Hofes nach Kopfteilen oder sonstigen annähernd
gleichen Teilen wird daher mangels anderweiter
Einigung der Beteiligten zunächst eine Versilberung
des Hofes vorangehen müssen.
|
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– 68 – |
§ 50. |
Hoferblasser und Pflichtteilsrecht
des BgB. |
Soweit der Hoferblasser letztwillige Bestimmungen
trifft, die mit dem Anerben- oder Brautschatzrechte
in Widerspruch stehen, gibt er daher zu erkennen,
daß er in soweit die Rechtsfolgen des Höferechts
ablehnt. In solchen Fällen ist der Hoferblasser in
seiner Verfügungsfreiheit gebunden nur durch die
Vorschriften des BgB. selbst. Nach diesen
Vorschriften (§§ 2303 ff. BgB.) muß dem Ehegatten
und den Abkömmlingen, in Ermangelung letzterer den
Eltern des Erblassers wenigstens der halbe
gesetzliche Erbteil (Pflichtteil) werden, der nur in
den Fällen der §§ 2333 – 2338 BgB. entzogen werden
kann. Hervorzuheben ist hier, daß in Bezug auf die
Verfügungsfreiheit des Erblassers und das
Pflichtteilrecht des BgB. Hofgut und Freigut völlig
gleichstehen. Hat daher z.B. ein Miterbe vom
Freigute mehr als die Hälfte des gesetzlichen
Erbteiles erhalten, so kann ihm dies Mehr bei
Bemessung des Pflichtteils aus dem Hofgute gekürzt
werden und umgekehrt. Als gesetzlicher Erbteil vom
Hofgute gilt der Brautschatz. Aussteuer der Tochter
zwecks ihrer Verheiratung (§§ 1620 ff. BgB.),
Ausstattung eines Kindes zwecks Verheiratung oder
Selbstständig-machung (§ 1624 BgB.) sowie sonstige
Vorempfänge können nach den Vorschriften des BgB.
auf den Pflichtteil eingerechnet werden. (§§ 2050
ff.BgB.) |
Inwieweit der Hoferblasser die Rechtsfolgen des
Höferechtes oder die des Erbrechtes des BgB.
herbeiführen will, ist Auslegungsfrage der
einzelnen, letztwilligen Verfügung, deren
Beantwortung unter Berücksichtigung der
Auslegungsregeln der §§ 2066 ff. BgB. zu erfolgen
hat. Ist die höferechtliche Erbfolge letztwillig
ausgeschlossen z.B. mit der Wendung: Der Hof soll
sich nicht nach Höferecht vererben, so kann bei der |
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– 69 – |
Verfügungsfreiheit des Hoferblassers fraglich nur
sein, ob nicht dem Anerben oder den
Brautschatz-berechtigten wenigstens die Hälfte des
nach dem Anerben- oder Brautschatzrechte sich
ergebenden Erbteiles belassen werden muß. |
Demgegenüber ist davon auszugehen, daß Anerbe und
Brautschatzberechtigter beides Rechtsgestalten sind
lediglich des landesgesetzlichen Höferechtes und
nicht des BgB. Gegenüber der Verfügungsfreiheit des
Hoferblassers hat daher weder der Anerbe noch der
Brautschatzberechtigte irgend welche Ansprüche gegen
den Hoferblasser oder dessen gewillkürte Erben auf
Grund und noch weniger im Umfange des Anerben- und
Brautschatzrechtes. Erbansprüche bestehen dann
lediglich auf Grund und im Umfange des
Pflichtteilrechtes und der Allgemeinvorschriften des
BgB. Im Rahmen dieser Vorschriften des BgB. bleibt
daher die Verfügungsfreiheit des Hoferblassers wie
unter Lebenden so auch auf den Todesfall bestehen.
Insbesondere steht dem Hoferblasser zu: die
Bestimmung des Gegenstandes und des
Geltungsbereiches des Höferechtes, die Bestimmung
der Art der Vererbung, der Berechnung und
Festsetzung der Brautschätze sowie deren Höhe, Art
und Zeit der Auszahlung. Als Pflichtteil aus dem
Hofgute gilt die Hälfte des gesetzlichen
Brautschatzes. |
§ 51. |
Auslegungsregeln. |
Gibt der Hoferblasser seiner Absicht hinreichend
unzweideutig dahin Ausdruck, daß er die Rechtsfolgen
des Höferechtes hinsichtlich des Anerben will, so
wird man auch den nachgeborenen Kindern
brautschatzmäßige Ansprüche zugestehen müssen,
soweit sie nicht anderweit etwa durch entsprechende
Bevorzugung vor dem Anerben bei Verteilung des
Freigutes bevorteilt sind. Mangels dessen wird auch
in Beziehung uf das Hofgut das Pflichtteilsrecht des
BgB. zu Gunsten der |
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– 70 – |
Brautschatzberechtigten anzuwenden sein, sodaß
mangels anderweiter Schadlosstellung den
nachgeborenen Kindern wenigstens die Hälfte ihrer
gesetzmäßigen Brautschätze zuzusprechen sein wird.
Sonach würde insoweit der bisherige höferechtliche
Zustand auch für die Zukunft rechtliche Geltung
behalten. Umgekehrt würde der Wille des Erblassers
auf höferechtliche Vererbung des Hofgutes dann
anzunehmen sein, wenn den nachgeborenen Kindern
neben dem Anteile aus dem etwaigen Freigute außerdem
der Brautschatz vermacht, der Anerbe aber aus dem
Freigute oder anderweit nicht entsprechend
gleichgestellt ist. |
Da die Auswahl des Anerben dem Erblasser unter
seinen Kindern freisteht, haben der älteste Sohn
oder die älteste Tochter gegenüber dieser
Verfügungsfreiheit des Erblassers einen Anspruch auf
den Hof als Anerben nicht. Der Anspruch des vom
Gesetze berufenen Anerben trägt danach die
Rechtseigenschaft eines Pflichteilsanspruches nicht,
sondern nur die einer Erbhoffnung. Im Falle der
Einsetzung eines nachgeborenen Kindes zum Anerben
wird daher dem ältesten Sohne oder der ältesten
Tochter nur ein brautschatzmäßiger Anspruch an dem
Hofgute zustehen. |
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– 71 – |
Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen.
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Kapitel
III. |
Der Anerbe.
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1.
Verordnung, die Erbfolge in die Bauerngüter betr.,
vom 24.9.1782; 3,25;
2. Artikel 64 Absatz 1 BgB.
|
§ 52. |
Vererbung des Freigutes. |
Das Hofgut untersteht bis auf die Unteilbarkeit des
Hofes und bis auf das Pflichtteilsrecht des BgB. der
freien Verfügungsgewalt des Hoferblassers. Mangels
rechtsgültiger Ordnung der bäuerlichen
Erbverhältnisse auf den Todesfall des Hoferblassers
treten die landesgesetzlichen Bestimmungen der
gesetzlichen Erbfolge (Intestaterbfolge) ein. |
Danach vererbt sich das Freigut gesondert von dem
Hofgute auf sämtliche, gesetzlich gleichstehende
Erben z.B. auf die Kinder des Erblassers nach
Kopfteilen, bei sonstigen gesetzlichen Erben nach
den ihnen gemäß den näheren Vorschriften des BgB.
zustehenden Bruchteilen. Hervorzuheben ist hier, daß
als Erben erster Ordnung die Kinder und für bereits
verstorbene Kinder nach Stämmen deren etwaige
Abkömmlinge, in Ermangelung von Erben erster Ordnung
als Erben zweiter Ordnung die Eltern und deren
Abkömmlinge,
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– 72 – |
also die
Eltern des Erblassers selbst, in deren Ermangelung
die Geschwister des Erblassers und bei bereits
verstorbenen Geschwisterteilen wieder nach Stämmen
deren Abkömmlinge eintreten. Mangels Erben der
ersten und zweiten Ordnung treten die etwa noch
lebenden Großeltern als Erben ein. |
Neben den Abkömmlingen des Erblassers, also neben
den eigenen, mit dem Erblasser gezeugten Kindern
oder deren Abkömmlingen (Enkelkindern) erhält der
überlebende Ehegatte ein Viertel, neben den Eltern
des Erblassers und deren Abkömmlingen sowie neben
noch lebenden Großeltern erhält der überlebende
Ehegatte die Hälfte der Erbschaft. An Stelle
verstorbener Großeltern erbt der überlebende
Ehegatte unter Ausschluß aller entfernteren
Verwandten des Erblassers allein. Neben Verwandten
zweiter Ordnung oder neben Großeltern fallen dem
überlebenden Ehegatten außerdem als Voraus zu die
zum ehelichen Haushalte gehörenden Gegenstände,
soweit sie nicht Zubehör eines Grundstückes, hier
also eines Hofes sind, sowie die Hochzeitsgeschenke
(§§ 1924 ff., 1931 ff. des BgB.) |
Als Freigut ist für das Erbrecht alles Vermögen
anzusehen, was die Eltern mit einander oder in
fortgesetzter Gütergemeinschaft mit den Kindern
erworben haben, soweit es nicht Ergänzung, Ersetzung
oder, mit Ausnahme von Liegenschaften, sachgemäße
Erweiterung der Hofbestände bildet. Unbewegliches
Freigut wird zu Hofgut erst durch einmal darüber
gegangenen Sterbfall oder Erbfall, d. i. durch
einmalige Vererbung nicht nach Höferecht.
Neuerwerbungen (neo acquisita) des Hoferblassers
infolge Kauf oder infolge sonstiger Erwerbung
mittels Aufwendung von Freigut vererben sich also
erstmalig nach dem Rechte des BgB., also nach
Kopfteilen ohne Bevorzugung des Anerben, erst mit
der zweiten Vererbung auf dem Hofe als Hofgut und
nach An- |
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– 73 – |
erbenrecht. Unentgeltlicher Erwerb (Erbschaft,
Schenkung) oder Erwerb mittels Aufwendung von Hofgut
(Höfeaustausch, Erwerb gegen Belastung des Hofgutes)
bildet ohne Weiteres bezüglich der Vererbung wieder
Hofgut. |
§ 53. |
Vererbung des Hofgutes. |
Bezüglich des Hofgutes tritt der Anerbe unter
Ausschluß aller sonstigen Verwandten, selbst der
Geschwister als Alleinerbe an. Das sämtliche
vorhandene Hofvermögen an Haus, Hof, Äckern, Wiesen,
Holzungen und sonstigen Liegenschaften sowie an
Vorräten, toten oder lebenden Wirtschaftsbeständen
einschließlich aller vorhandenen Forderungen und
Schulden des Hofes gehen im Verhältnis zu den
Miterben als Ganzes auf den Anerben als den
Gesamtnachfolger (Universal-successor) und
alleinigen Erben des Hofvermögens über. Etwaige
Handschein- oder sonstige Gläubiger haben daher die
Wahl, sich aus dem Hofvermögen, soweit dies nicht
den Hofgläubigern dinglich haftet, zu befriedigen
oder aus dem noch ungeteilten freien Familiengute.
Wie für den Hoferblasser wird auch für den
Nachlassgläubiger zwischen Hofgut und Freigut
grundsätzlich nicht unterschieden. Da jedoch die
Nachlaßschulden sich in erster Linie auf das Freigut
beziehen, werden die Nachlaßgläubiger mangels
dinglicher Sicherheit zwecks ihrer Befriedigung wie
bisher zunächst an das Freigut zu verweisen sein,
soweit es noch ungeteilt vorhanden ist. |
Die neben dem Anerben an sich zu gesetzlicher
Erbfolge mitberufenen Angehörigen werden nach
besonderen Grundsätzen von dem Hofgute, dem Anerbe,
abgefunden, die Geschwister mit den Brautschätzen,
Eltern oder Stiefeltern mit der Leibzucht. Etwaige
Hofgläubiger können wegen Hofforderungen allein den
Anerben in Anspruch nehmen. Gegen die Leibzuchts-
und Brautschatz-berechtigten stehen den Gläubigern
wegen Hofforderungen keinerlei Ansprüche zu. Nur
soweit freies Vermögen zur Vererbung |
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– 74 – |
kommt,
sind auch die etwaigen Hofgläubigern haftbar, da zum
Nachlaß des Hoferblassers auch das etwaige Freigut
gehört und der gesamte Nachlaß für allerlei Art
hinterlassener Schulden, auch der Hofschulden
haftet. Gegenüber den beim Tode des Hoferblassers
vorhandenen Gläubigern (Nachlaßgläubigern) gilt ohne
Unterschied sowohl das Hofgut als auch das freie
Familiengut als Nachlaß, aus dem sich sämtliche
Nachlaßgläubiger unter Vorabhaftung des noch
ungeteilten Freigutes befriedigen können, soweit
nicht eine Bevorzugung Einzelner von ihnen bereits
dinglich gesichert ist. Dahin gehören auch gezahlte
oder grundbuchmäßig sichergestellte Brautschätze.
Sie sind daher für die Hof- und sonstigen Gläubiger
ebenso unantastbar wie der Leibzuchtsanspruch
gegenüber später entstandenen Forderungen. Die
Vererbung des Hofgutes vollzieht sich nach dem
Grundsatze: „der Tote erbt den Lebendigen,“ ohne
Zutun des Anerben von selbst.
|
§ 54. |
Das Erstgeburtsrecht. |
Mangels entgegenstehender letztwilliger Verfügung
kommt nach Anerbenrecht als Anerbe in Betracht in
erster Linie der jeweils älteste Sohn, in
Ermangelung von Söhnen die jeweils älteste Tochter.
Die Kinder einer früheren Ehe gehen dabei denen in
einer späteren Ehe des Hoferblassers gezeugten
Kinder vor. Mit diesen Vorschriften ist das früher
in einzelnen Teilen des Landes bestehende,
namentlich auf den um 1780 von Preußen übernommenen
Höfen des Amtes Oerlinghausen und Schötmar übliche
Letztgeburts-recht beseitigt und ausschließlich das
Erstgeburtsrecht allgemein eingeführt. |
Auch das uneheliche Kind wird Anerbe am Hofe seiner
Mutter. Hat letztere daneben eheliche Kinder, so
schließen diese als Anerben das uneheliche aus. Ist
zur Zeit des Hoferblassers der Anerbe unter Hinter-
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– 75 – |
lassung
ehelicher Abkömmlinge verstorben, so treten diese
Abkömmlinge – unter sich wieder nach Anerbenrechte,
- als Erben ein (Repräsentations- oder
Eintrittsrecht). Sie gehen also den Geschwistern des
verstorbenen Anerben vor. Den ehelichen Kindern
stehen die für ehelich erklärten und die durch
nachfolgende Ehe legitimierten Kinder gleich. Kinder
von Verlobten, unter denen eine Ehe aus irgend einem
Grunde nicht zu Stande gekommen ist (Brautkinder),
gelten nach dem heutigen Rechte des BgB. entgegen
der früheren Auffassung (Meyer S. 373) als
unehelich. Ob der Anerbe auf dem Hofgute selbst, auf
der Leibzucht oder sonstwo geboren ist, macht bei
der Berufung zum Anerben einen Unterschied nicht. |
§ 55. |
Unfähigkeit des Anerben:
Grunde der Unfähigkeit. |
Das Erstgeburtsrecht greift nicht durch, wenn „der
Anerbe zur Hofantretung und Verwaltung an Seele und
Körper ganz unfähig ist oder auch sonst Mangel an
Einsicht und Willen dazu zeiget“. Als Unterlagen für
die Feststellung dieser Unfähigkeit des Anerben
müssen heute die allgemeinen Entmündigungsgründe des
§ 6 des BgB. (Geisteskrankheit, Geistes-schwäche,
Verschwendung und Trunksucht) gelten. Genügen muß
jedoch auch jeder körperliche oder geistige Mangel,
der den Anerben zur Bewirtschaftung des Hofes
unfähig macht wie z.B. Lähmung, Blindheit,
Taubstummheit und dauernde Kränklichkeit überhaupt.
Als unfähig zur Bewirtschaftung des Hofes wird auch
derjenige anzusehen sein, der nicht lesen oder
schreiben kann. |
In Zweifelsfällen wird der eine oder andere Grund
der Unfähigkeit des Anerben zur Hofübernahme nicht
ohne Mitwirkung ärztlicher oder landwirtschaftlicher
Sachverständiger zu treffen sein. Unter
Berücksichtigung |
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– 76 – |
der
beruflichen Vorbildung des Anerben werden Art, Grad
und Umfang seines körperlichen oder geistigen
Gebrechens, Art, Lage, Größe, Bodenverhältnisse,
Weitläufigkeit der Ländereien, erleichterte oder
erschwerte Bewirtschaftung sowie Reinerträge und
Lasten des Hofes für die Sachverständigen leitende
Gesichtspunkte sein. Sittenloser Lebenswandel und
Bestrafung selbst mit Zuchthaus machen den Anerben
zur Hofübernahme bislang nicht unfähig. Die
Unfähigkeitsgründe müssen zur Zeit des Hofanfalles
vorliegen. Später eintretende Unfähigkeit beeinflußt
die Hofantretung nicht mehr. |
Zuständig für die Entscheidung über die Unfähigkeit
eines Anerben waren bis zur Trennung von
Rechtsprechung und Verwaltung die Ämter. Mit der
Durchführung dieser Trennung zum 1. Oktober 1879 ist
es mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung
zweifelhaft geworden, ob der Verwaltungsweg oder der
Gerichtsweg der rechte ist und ob der eine den
andern ausschließt oder nicht. |
§ 56. |
Fortsetzung:
Zuständigkeit, Verwaltungs- oder Rechtsweg. |
Da mit
der Beseitigung der gutsherrlichen und
Leibeigentumsrechte auch das Mitwirkungsrecht
Dritter bei anderweitiger Besetzung eines Hofes
beseitigt ist und nunmehr zunächst lediglich nur
noch verwandschaftliche, auf dem Familienverbande
beruhende Privatrechte bei einer Hofantretung in
Frage kommen, würde an sich das gerichtliche
Verfahren zulässig sein. Gegenüber den Privatrechten
der Familie tritt aber auch heute noch das
staatliche Interesse an ordentlicher und ergiebiger
Bewirtschaftung des einzelnen Hofes in erheblichem
Maße hervor. Die Höfe mit ihren Liegenschaften
bilden in ihrer Gesamtheit den bei weitem größten
Teil der realen Grundlage des Staates. Auch in rein |
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– 77 – |
persönlicher Beziehung stellt ein körperlich und
geistig gesunder, wehrfähiger und
wirtschaftskräftiger Bauernstand die festeste und
dauerndste Stütze des Staates dar; in letzterer
Beziehung um so mehr, als grade der Bauernstand wie
jeder Staatsbürger in dem Bestande des Staates und
dessen Einrichtungen seinen eigenen Besitz am besten
gesichert weiß. |
Wie daher
der Staat in Erkenntnis der gewaltigen allgemeinen
und volkswirtschaftlichen Bedeutung des
Bauernstandes jederzeit seine Gesetzgebung,
Verwaltung und Rechtspflege in besonderem Maße zum
Schutze der bäuerlichen Verhältnisse in Bewegung
setzt, so hat auch seinerseits wieder der Staat
besondere Berücksichtigung für seine auf das
Allgemeinwohl gerichteten Bestrebungen zu verlangen.
Gehört zu diesen Bestrebungen auch die Sorge des
Staates für die Besetzung der Höfe mit gesunden
Bewirtschaftern, so wird dieser Zweck im
Verwaltungsverfahren, das seine letzten und höchsten
Instanzen sämtlich im Lande hat, leichter,
schneller, sicherer und weniger kostspielig erreicht
werden als im Verfahren der ordentlichen Gerichte,
um so mehr, als im Verwaltungsverfahren mehr die
Zweck-mäßigkeit entscheiden kann. Mangels
ausdrücklicher Übertragung auf die ordentlichen
Gerichte wird daher die Entscheidung über die
Unfähigkeit eines Anerben Sache der
Verwaltungsbehörden sein. Es entscheidet somit nach
Anhörung des Verwaltungsamtes zunächst die
Regierung, in letzter Instanz das Ministerium. Die
Verwaltungsgerichte sind nicht zuständig.
|
§ 57. |
Anerbenverzicht. |
Hier mag auch die Frage des Verzichtes auf das
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– 78 – |
Anerbenrecht erörtert werden. Bis zum Hoferbfalle
stellt die im Rahmen des Erstgeburtsrechtes
festgelegte Anwartschaft des Ältesten auf das Hofgut
kein festes individuelles Recht dar, weil der Anerbe
jederzeit noch wegfallen kann und insbesondere bis
dahin es im Belieben des Hoferblassers steht, wen er
als Anerben bestimmen will. Bis zum Hoferbfalle
besteht für den Anerben nur eine Erbhoffnung. Ein
Anerbenverzicht hat zur weiteren Voraussetzung, daß
der Anerbe rechtlich noch nicht Anerbe geworden ist,
daß also das Anerbe im Wege Erbganges noch nicht auf
ihn übergegangen ist. Denn sonst würde der Anerbe
nicht mehr über ein Erbrecht, sondern über ihm
zustehende allgemeine Rechte verfügen. Ein Verzicht
des Anerben kann weiter nur nach eingetretener
Großjährigkeit oder Großjährigkeits-erklärung des
Anerben erfolgen, während der Minderjährigkeit nur
unter Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters und,
da es sich um eine Verfügung über ein Grundstück
handelt, zudem auch die Erfordernisse des BgB. über
einen Erbverzicht (§§ 2346 bis 2352 BgB.) zu
beachten sein werden, nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgericht und mittels gerichtlicher
Beurkundung. |
§ 58. |
Rechtswirkungen des Anerbenverzichts. |
Zweifelhaft wird sein, welche Rechtswirkungen der
Anerbenverzicht auf die gesetzlichen Erben des
Anerben hat, insbesondere auf dessen Abkömmlinge.
Daß der Anerbenverzicht ohne Weiteres auch für die
minderjährigen, noch unter der elterlichen Gewalt
des Anerben stehenden Abkömmlinge rechtsverbindlich
sein kann, liegt in der Befugnis des Anerben zu
deren gesetzlicher Vertretung. In wieweit im
einzelnen Falle der Anerbe |
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– 79 – |
zugleich
für seine sämtlichen Abkömmlinge oder zu Gunsten
welcher Dritter verzichten will, muß hinreichend
unzweideutig zum Ausdruck kommen. Widrigenfalls wird
mit den Auslegungsregeln des BgB. (§§ 2349, 2350)
anzunehmen sein, daß der Verzicht für seine
sämtlichen Abkömmlinge und zu Gunsten lediglich der
anderen Abkömmlinge des Hoferblassers und dessen
Ehegatten gelten soll. Der Anerbenverzicht zu
Gunsten eines Dritten ist im Zweifel rechtswirksam
nur, wenn der Dritte der Anerbe wird. |
Rechtsverbindlichkeit zu Lasten des Hoferblassers
erhält der Anerbenverzicht nur, wenn dieser dem
Erbverzichte zugestimmt und zu Gunsten des Dritten
ebenfalls in rechtsgültiger Form gerichtlicher
Beurkundung sich gebunden hat. Mangels Beitrittes
des Hoferblassers handelt es sich bei dem
Anerbenverzichte stets nur um einen Verzicht auf
eine Erbhoffnung, die jederzeit wieder zu Schanden
werden kann. Dem Erbverzichte steht im Erfolge die
Ausschlagung des Anerbes nahe. Bei der Ausschlagung
handelt es sich um den absichtlichen Nichterwerb des
an sich bereits angefallenen Anerbenrechtes. Während
der Anerbenverzicht die Ausschlagung erst zukünftig
möglichen Erbanfalles bedeutet, wird mit der
Ausschlagung des Anerbes auf eine dem Anerben
bereits zugefallene Hoferbschaft verzichtet. |
Im Falle
eines Anerbenverzichtes oder der Ausschlagung des
Anerbes tritt mangels entgegenstehender
rechtsgültiger Bestimmung des Hoferblassers oder des
Anerben Vererbung nach den höferechtlichen
Vorschriften und in deren Ermangelung nach den
Vorschriften des BgB. ein. |
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– 81 – |
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß.
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Kapitel
IV. |
Der Brautschatz.
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1.
Landespolizeiordnung von 1620, Titel 7, §§ 2 und
3; 1.364;
2. Verordnung wegen der Eheverschreibungen der
Bauersleute vom 5.4.1702 und 12.12.1769; 1.721
und 2.350;
3. Gesetz über die Brautschätze von Kolonaten vom
26.4.1864; 13.552;
4. Gesetz über die Brautschätze von Kolonaten vom
8.7.1886; 19.513.
|
§ 59. |
Frühere Grundsätze. |
Der Brautschatz bedeutet die Abfindung der
nachgeborenen Kinder, der Geschwister des Anerben,
vom Hofgute. |
Nach dem älteren Rechte der Polizeiordnung von 1620
bestehen die Brautschätze teils in Barbeträgen,
teils in Naturalien, den Erzeugnissen des Hofes an
Vieh, Korn und sonstigen Mitgaben. Baarbeträge und
Viehzahl sind nach oben beschränkt. So soll ein
Vollspänner an Pferden, Kühen und sonstigen
Viehstücken nicht über 5 Teile, an Geld nicht über
100 Taler, ein Halbspänner nicht über 4 Teile und 80 |
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– 82 – |
Taler,
ein Großkötter nicht über 2 Teile und 50 Taler als
Brautschatz einem Kinde mitgeben. Später werden die
Brautschätze bei reichlicherem Freigute und
geringerer Belastung des Hofes nach der
Leistungsfähigkeit des Hofes erhöht. Immer aber
sollte für den Umfang der Mitgaben an Korn, Vieh,
Geld und sonstigen Wertstücken die
Leistungsfähigkeit des Hofes den Maßstab bilden. Wie
dem Anerben der Hof, wird den nachgeborenen Kindern
der Brautschatz am Amte, ursprünglich unter
Zuziehung der Guts- und Leibherren verschrieben. |
Eine Neuordnung der Brautschätze erfolgt erst 1864.
hier wird bereits eine scharfe Unterscheidung
zwischen der Vererbung des freien Familiengutes und
der brautschatzmäßigen Abfindung der nachge-borenen
Kinder vom Hofgut gemacht, auch zuerst die
Brautschatzkommission eingeführt. Unter Beseitigung
der früheren Naturalleistungen an Brautwagen, Vieh
und Korn werden die Brautschätze nach der Höhe des
Hofreinertrages nur noch nach baarem Gelde
festgesetzt. Es wird bei einem Reinertrage |
bis zu 20 Talern das Doppelte,
bis zu 80 „ „
Dreifache,
bis zu 200 „ „
Vierfache,
bis zu 400 „ „
Fünffache |
und bei
höherem Reinertrage das Sechsfache dieses
Reinertrages als Brautschatz gewährt. Höfe und deren
Zubehörungen (Bestandteile) gelten nur so lange als
neue Erwerbungen (neo acquisita) und damit als
freivererbliches Familiengut, als nicht eine
erstmalige Vererbung unter Ausschluß von Anerben-
und Brautschatzrechtnach gemeinem Recht, also unter
Kindern im Zweifel nach Kopfteilen, stattgefunden
hat. Das letztwillige Verfügungsrecht der Eltern ist
zu Gunsten der Brautschatzberechtigten an eine
Mindestgrenze, zu Gunsten des Anerben an eine
Höchstgrenze gebunden. |
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– 83 – |
Der
Anerbe soll sich bei fleißiger Bewirtschaftung des
Hofes stets in dessen Besitze erhalten können. |
Die letzte, landesgesetzliche Regelung des
Brautschatzrechtes von 1886 fußt auf dem
Brautschatzgesetze von 1864 und behält im
Allgemeinen dessen Grundsätze bei, namentlich ein
beschränktes, letztwilliges Verfügungsrecht der
Eltern, eine Mindest- und Höchstgrenze der
Brautschätze sowie die Einrichtung der
Brautschatzkommission. Unter Berücksichtigung der
inzwischen eingetretenen steuerrechtlichen Änderung
von 1877 und der katasterlichen Unterscheidung
zwischen dem Reinertrage der Grundstücke mit
Ausschluß der Gebäude selbst nach deren
Nutzungswerte (Mietwert) ist abweichend in der
Hauptsache nur die Höhe und die Art der Berechnung
der Brautschätze geregelt. |
§ 60. |
Die Berechnung der Brautschätze. |
Mangels an entgegenstehender Bestimmungen des
Hoferblassers oder Einigung der Beteiligten bemißt
sich der Brautschatz nach dem
Grundsteuer-reinertrage und dem Gebäudenutzungswerte
des Hofes. Denn Grundstücke und Gebäude bilden die
beiden Hauptbestandteile des Hofgutes. Der
Brautschatz beträgt bei dem Vorhandensein von ein
oder zwei Kindern neben dem Anerben das Dreifache,
bei mehr als zwei Kindern neben dem Anerben das
Zweifache der Summe des Grundsteuerreinertrages und
des Gebäudenutzungs-wertes des Hofes. |
Der Reinertrag der Hofgrundstücke und der
Nutzungswert der Hofgebäude bestimmt sich nach den
jeweiligen Eintragungen in der
Grundsteuer-mutterrolle und der Gebäudesteuerrolle.
Es wird jedoch der Gegenseite der Beweis der
Unrichtigkeit dieser Eintragungen nachzulassen sein.
Bei Grundstücken oder Gebäuden |
|
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– 84 – |
eines
Hofes, die wegen ihrer Lage in einem Nachbarstaate
katastriert sind, gelten die dortigen Eintragungen.
In Ermangelung einer Katastration und gütlicher
Einigung der Beteiligten sind Reinerträge und
Gebäudenutzungswerte für den einzelnen Fall zu
ermitteln. |
Die so bestimmte Brautschatzsumme umfasst die
gesamte Aussteuer eines Kindes vom Hofgute.
Brautwagen, Vieh und andere Naturalien werden
daneben entgegen früheren gesetzlichen Bestimmungen
oder Gewohnheiten nicht mehr geschuldet. Dahin wird
auch die einer Tochter im Falle ihrer Verheiratung
nach § 1620 BgB. zustehende Aussteuer zur
Einrichtung ihres Haushaltes zu rechnen sein, wenn
der Brautschatz ausbezahlt wird. Der dem einen Kinde
gewährte Brautschatz steht billig auch den später
abgesteuerten Kindern zu ohne Rücksicht auf
nachträglichen Verfall oder nachträgliche
Wertminderung des Hofes. Im Falle der Vereinigung
mehrerer Höfe steht der Brautschatz von jedem Hofe
zu, auch dem Anerben des einen Hofes in Bezug auf
den andern. |
Von dem Hoferblasser neu erworbene Grundstücke
vererben sich, auch wenn sie im Grundbuche dem Hofe
zugeschrieben sind, erstmalig nach dem Rechte des
BgB. Als Neuerwerbungen gelten aber nur solche
Grundstücke, welche mit den Mitteln des Freiguts
erworben sind, sodaß also eine entsprechende
Verringerung des Freigutes stattgefunden hat. Soweit
eine Verringerung des Freigutes nicht stattgefunden
hat, wie z.B. bei Austausch gleichwertiger
Hofgrundstücke, bei geschenkten Höfen oder
Hofteilen, geht über sie nur der Brautschatz. Erst
durch einmalige Vererbung der Neuerwerbungen nach
dem Rechte des BgB. erlangen sie auch für das
Erbrecht die Eigenschaft von Hofgut. Bis dahin sind
Reinertrag oder Mietwert von solchen Grundstücken
bei Berechnung der Brautschätze nicht zu
berücksichtigen. |
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– 85 – |
§ 61. |
Die Brautschatzberechtigten. |
Anspruch auf den Brautschatz haben die voll- und
halbbürtigen ehelichen Geschwister des Anerben und
die den ehelichen gleichgestellten Kinder, welche
vor oder während der Meierzeit ihrer Eltern oder
Elternteile geboren sind. Das Gleiche gilt von
unehelichen Kindern, welche von der Anerbin oder
während der Meierzeit ihrer Mutter geboren sind. Den
erst nach der Hofabtretung auf der Leibzucht
geborenen Kindern steht dagegen der Brautschatz
nicht zu. Kommen bereits abgefundene Kinder
nachträglich im Wege Erbganges in den Besitz des
Hofes, so sind sie zur Rückerstattung des
Brautschatzes zum freien Vermögen verpflichtet. Lebt
kein Elternteil mehr, so geht der
zurückzuerstattende Brautschatz unter die sämtlichen
Geschwister nach Kopf- bzw. Stammteilen. Bei
Verminderung der Kinderzahl auf zwei oder eins neben
dem neuer Anerben erhöht sich jedenfalls deren
Brautschatz auf das dreifache des
Grundsteuerreinertrages und des
Gebäudenutzungswertes. Unter allen Umständen wird
aber eine angemessene Erhöhung durch Angehung der
Brautschatzkommission herbeigeführt werden können.
Zur Erleichterung elterlicher Verfügungen über die
Brautschätze können übrigens bei geringen
Vermögensverhältnissen die Kosten auf die Hälfte
ermäßigt werden, wenn sich die Errichtung der
Verfügung in der Wohnung der Beteiligten (an Ort und
Stelle) notwendig macht.
|
§ 62. |
Fälligkeit der Brautschätze. |
Die Brautschätze werden bei der Hochzeit fällig. Für
ihre Meierzeit können jedoch leibliche Eltern oder
auch der überlebende Elternteil im Witwenstande Zeit
und Art der Auszahlung eines Brautschatzes auch über |
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– 86 – |
den Tag
der Verheiratung hinaus bestimmen. In diesem Falle
wird der Brautschatz mit der Hofabtretung,
spätestens mit dem Ableben des überlebenden
Elternteiles fällig. Mangels vorhandener leiblicher
Eltern oder Elternteile im Meierstande kann ein
Brautschatzberechtigter auch im Falle seiner
Nichtverheiratung mit vollendetem 25. Lebensjahre
nach halbjährlicher Kündigung die Auszahlung des
Brautschatzes fordern. Vom Tage der Fälligkeit ab
sind auch 4% Zinsen anforderbar. Bis zur Auszahlung
hat der Brautschatzberechtigte auf dem Hofe gegen
Verrichtung vorfallender Arbeiten Anspruch auf
standesgemäßen Unterhalt in Nahrung, Kleidung,
Wohnung und Erziehung. Mit dem Zeitpunkt der
Fälligkeit oder Kündbarkeit des Brautschatzes wird
er auch vererblich und wie eine gewöhnliche
Forderung übertragbar. |
In Bezug auf das Hofgut ist der Brautschatz als der
gesetzliche Erbteil des Brautschatzberechtigten
anzusehen. Im Verhältnis zum Anerben und zu seinen
ebenfalls brautschatzmäßig abzufindenden
Geschwistern kann daher der Berechtigte mittels
gerichtlicher Beurkundung über den Brautschatz sogar
schon vor dessen Kündbarkeit verfügen (§ 312 BgB.).
Schuldner der Brautschätze ist der Anerbe. Mit
dessen Hofübernahme kann die Sicherstellung des
Brautschatzes mittels Eintragung in das Grundbuch
verlangt werden. Dasselbe geschieht bei Eintritt
einer Interimswirtschaft. Ein Anspruch etwaiger
Gläubiger des Brautschatzberechtigten auf
Sicherstellung mittels Eintragung eines
Pfandvermerkes auf dem Grundbuchblatte des
brautschatzpflichtigen Hofes oder eine sonstige
Verpfändung des Brautschatzes ist vor dessen
Kündbarkeit nach Aufhebung der Güterordnung von 1786
(§ 18) ausgeschlossen. |
§ 63. |
Erhöhung und Herabsetzung der
Brautschätze. |
Die Bestimmung der Höhe der Brautschatzbeträge |
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– 87 – |
mittels
Verdoppelung bezw. Verdreifachung des
Grundsteuerreinertrages und Mietwertes der Gebäude
würde etwas rein Schematisches sein und den in
Betracht kommenden Verhältnissen häufig nicht
gerecht werden. Bei dieser Art der
Brautschatzberechnung wird die größere oder
geringere Zahl der mittels Brautschatz vom Hofe
abzubringenden Kinder nur an einer Stelle, der gute
oder schlechte Zustand des Hofes in Gebäuden,
Beständen und Grundstücken sowie die leichte oder
schwere Belastung des Hofes namentlich infolge
eingetragener Schulden und Leibzuchtsrechten
überhaupt nicht berücksichtigt. Um etwaigen Härten
in dieser Richtung abzuhelfen, können die
gesetzlichen Brautschätze zu Gunsten des Anerben auf
die Hälfte herabgesetzt werden, zu Gunsten der
Brautschatzberechtigten auf das Vierfache und bei
erheblicher Verbesserung der Vermögensverhältnisse
infolge vormundschaftlicher Hofverwaltung auf das
Sechsfache erhöht werden. Die Herabsetzung erfolgt
auf Antrag des Anerben, die Erhöhung auf Antrag
eines Brautschatzberechtigten. |
§ 64. |
Die Brautschatzkommission. |
Die Herabsetzung oder Erhöhung der Brautschätze
erfolgt durch eine Kommission von drei Mitgliedern
(Brautschatzkommission). Zum Zwecke der Bildung
dieser Brautschatzkommission stellt das
Verwaltungs-amt für jeden Einzelfall sieben
Schiedsrichter aus der Zahl der sechsjährlich vom
Amtsgemeinderate zu wählenden, vom Verwaltungsamte
ein für alle Male durch Handschlag an Eidesstatt zu
unparteiischer und gewissenhafter Ausführung ihres
Amtes zu verpflichtenden zwölf Grundbesitzer auf. |
Jede Amtsgemeinde bildet eine besondere
Braut-schatzkommission. Für die Stadtbezirke Lemgo
und |
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– 88 – |
Schwalenberg sind die Kommissionen der Ämter Brake
bezw. Schwalenberg zuständig. Für die übrigen
Stadtbezirke bestimmt von Fall zu Fall die Regierung
eine der angrenzenden Amtsgemeinden, welche die
Brautschatzkommission stellen soll. |
Das weitere Verfahren liegt in der Hand des für den
Hof zuständigen Amtsgerichts. Jeder Streitteil kann
sich von den sieben Schiedsrichtern vor dem
Amtsgerichte schriftlich oder mündlich zwei
verbitten. Mangels Ausübung dieses
Verbittungsrechtes erfolgt die Auswahl der drei
Schiedsrichter durch das Amtsgericht. Die
Brautschatzkommission prüft und erwägt pflichtmäßig
und gewissenhaft alle in Betracht kommenden
Umstände, insbesondere die Zahl der
Brautschatzberechtigten, die Zeit der
Brautschatz-zahlungen, den Zustand des Hofes
namentlich bezüglich der Gebäude, der Bestände und
des Bodens, die Höhe und Art der Belastungen aller
Art, insbesondere der Eintragungen in der zweiten
und dritten Abteilung des Grundbuches sowie alle
Verhältnisse, welche die Leistungsfähigkeit des
Hofes mehren oder mindern. Immer soll der Anerbe im
Stande bleiben, sich bei fleißiger Bewirtschaftung
des Hofes in dessen Besitze zu erhalten. Dabei wird
auch zu berücksichtigen sein, daß der Übernahmewert
eines Hofes nur auf das 25fache des Reinertrages
gesetzlich festgelegt ist. Der Spruch der
Brautschatzkommission ist unanfechtbar. |
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– 89 – |
In den Ozean segelt mit tausend Masten der Jüngling,
Still, auf gerettetem Boot, kehrt in den Hafen der
Greis. |
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Kapitel
V. |
Der Überlebende. |
|
§ 65. |
Allgemeine Grundsätze. |
Für die Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten in
Beziehung auf das Hofgut sind in erster Linie
etwaige letztwillige Bestimmungen des verstorbenen
Ehegatten entscheidend, ohne Unterschied, ob diese
in einer einseitigen Verfügung des Hoferblassers
(Testament) oder in gemeinsamer Verfügung der
Ehegatten (Erbvertrag, gemeinsames Testament) sich
finden, wenn sie nach Form und Inhalt nur
rechtsgültig sind.* Mangels letztwilliger
Bestimmun-gen (gewillkürte oder Testat-Erbfolge)
entscheiden die in Kraft gebliebenen Vor- |
*) Anm. (Bei der gossen Bedeutung letztwilliger
Verfügungen für sämtliche Hinterbliebene sind zwecks
Erleichterung ihrer privaten Errichtung im Anhange
S. 115-125 Muster eines privatschriftlichen
einseitigen und eines privatschriftlichen
gemeinsamen Testamentes der Eheleute sowie eines
Dorftestamentes beigefügt. – Ein Erbvertrag kann nur
vor Gericht bei gleichzeitiger Anwesenheit beider
Teile, also nicht privatschriftlich errichtet
werden). |
|
|
– 90 – |
schriften
des Höferechtes und in deren Ermangelung die
Vorschriften des BgB. (gesetzliche oder
Intestaterbfolge). |
Bei dieser gesetzlichen Erbfolge ist in erster Linie
maßgebend der Güterstand, in welchem die Eheleute
gelebt haben. Vorweg hervorzuheben ist jedoch, daß,
soweit in Beziehung auf das Hofgut Gütergemeinschaft
unter den Eheleuten nicht bestanden hat, eine
Hoferbfolge überhaupt nicht eintritt, wenn der Hof
von dem überlebenden Ehegatten mit in die Ehe
gebracht ist. Eine gesetzliche Vererbung kann daher
nur eintreten, wenn der Hof ausschließlich dem
verstorbenen Ehegatten gehört oder dieser wenigstens
Anteil an dem Hofgute kraft Gütergemeinschaft gehabt
hat. Hervorzuheben ist weiter, daß der Überlebende
neben Abkömmlingen, Eltern oder Großeltern des
Erblassers anteilig, neben entfernteren Verwandten,
namentlich auch schon an Stelle von Abkömmlingen
verstorbener Großeltern allein erbt. |
§ 66. |
Rechtsstellung
nach der Güterordnung von 1786. |
Bei der gesetzlichen Erbfolge richtet sich die
Rechtsstellung des Überlebenden, dessen Ehe vor dem
1. Jan. 1900 geschlossen war, auch weiterhin nach
der Güterordnung von 1786, soweit nicht nachträglich
ein anderer Güterstand vereinbart ist. Der
Überlebende bleibt also hier in Besitz, Verwaltung,
Nutzung und Eigentum des Hofes, im Falle kinderloser
(unbeerbter) Ehe sogar unter Ausschluß sämtlicher
Verwandten des Verstorbenen auch dann, wenn der Hof
von dem Verstorbenen mit in die Ehe gebracht war. Im
Falle beerbter Ehe setzt der Überlebende mit den
Kindern die Güter-gemeinschaft fort. Kraft des
ungeteilten Miteigentums der Kinder am Hofgute kann
der Überle- |
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– 91 – |
bende
wohl Verwaltungshandlungen, nicht aber auch außer
zum Besten der ganzen Familie beliebige
Verfügungshandlungen vornehmen, namentlich ohne
Zustimmung der Kinder nicht letztwillig verfügen.
Während die Kinder einen Anspruch nur auf Unterhalt
und Erziehung, nicht auch auf Aufhebung oder Teilung
der Gemeinschaft haben, steht dem Überlebenden die
Aufhebung der Gemeinschaft (Schichtung) jederzeit
frei. |
Schichtung muß erfolgen für den Fall der
Wiederverheiratung des Überlebenden, der dann ein
Recht auf Übernahme des Hofes hat, sofern er die
Kinder über den Umfang der ihnen zufallenden
Schichtteile hinaus durch Auszahlung oder durch
hinreichende Sicherstellung abfindet. Dies
Übernahmerecht steht aber nur dem Vater Zeit seines
Lebens zu und nur unbeschadet der Rechte des
Anerben. Verheiratet sich die leibliche Mutter
wieder, so verliert sie das Eigentum am Hofe zu
Gunsten des Anerben. Desgleichen, da gemäß Art. 200
E. BgB. nur die erbrechtlichen, nicht auch die
familien-rechtlichen Wirkungen des früheren
Rechtszustandes noch nach dem 1.Januar 1900 bestehen
geblieben sind, mit der elterlichen Gewalt über den
Anerben auch Besitz, Verwaltung und Nutzung am Hofe
des Anerben, soweit ihr mit ihrem neuen Manne nicht
etwa Meierjahre verschrieben sind.
|
§ 67. |
Rechtsstellung bei
Verwaltungsgemeinschaft und Gütertrennung. |
Von den Güterständen des BgB. können bei der
gesetzlichen Hoferbfolge die Fahrnisgemeinschaft (§ 1549 ff. BgB.) außer Betracht bleiben, da der Hof
Fahrnis (bewegliches Gut) nicht darstellt und die
Errungenschaftsgemeinschaft (§§ 1519 ff. BgB.) mittels Aufwendung von
Freigut erworben, nach geltendem lippischen Rechte
in der-
|
|
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– 92 – |
selben
Familie erstmalig nach den Vorschriften des BgB.
sich vererben muß, bevor er wieder die erbrechtliche
Eigenschaft von Hofgut annehmen kann. Zu betrachten
bleibt danach für die Rechtsstellung des
überlebenden Ehegatten von den Güterständen des BgB.
insbesondere auch dann, wenn der Hof bei bestehender
Fahrnis- oder Erungeschaftsgemeinschaft mittels
Aufwendung von Hofgut neu erworben ist, nur die
Verwaltungsgemeinschaft, die Gütergemein-schaft und
die Gütertrennung des BgB. |
Da nicht nur bei der Gütertrennung, sondern auch bei
der Verwaltungsgemeinschaft ein etwa zum Hofgute
gehöriger Hof dem Eigentume nach nur einem der
Ehegatten zustehen kann und bei dem Höfeerbrecht
lediglich das Eigentum am Hofe entscheidend ist, so
stehen diese beiden Güterstände in Bezug auf die
Vererbung eines etwa nachgelassenen Hofes sich
gleich. Bei beiden Güterständen würde dem
überlebenden Ehegatten, wenn der Hof teilbar wäre,
neben Abkömmlingen des Hoferblassers ein Viertel,
neben Eltern des Hoferblassers und deren
Abkömmlingen oder Großeltern die Hälfte des Hofes
zustehen. |
Wäre
einer der vier Großelternteile mit oder ohne
Hinterlassung anteilberechtigter Abkömmlinge bereits
verstorben, so würde dem überlebenden Ehegatten auch
deren Anteil an der zweiten Hälfte zustehen.. In
diesem Falle würde er, da jeder Großelternteil ¼ von
der zweiten Hälfte bekommt, im Ganzen (1/2 u. ½ · ¼
= 5/8) Fünfachtel des Hofes außer dem Voraus
erhalten. |
§ 68. |
Erbrecht bei Verlwaltungsgemeinschaft
und Gütertrennung. |
Auf Grund
der Unteilbarkeit des Hofes kann es sich bei dieser
Güterständen nur darum handeln, in welcher Weise die
Auseinandersetzung der Beteiligten stattfinden d.h.
wer von ihnen den Hof haben und wer in anderer Weise
vom Hofe abgefunden werden soll. |
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– 93 – |
Bei beerbter Ehe fällt das Hofgut dem Anerben zu.
Bis zu dessen Großjährigkeit behält hier aber der
Überlebende kraft elterlicher Gewalt die Verwaltung
und Nutznießung am Hofgute. Mit Erlangung der
Großjährigkeit – Vollendung des 21. Lebensjahres –
übernimmt mangels anderweiter Einigung der
Beteiligten der Anerbe selbst das Hofgut, während
der Überlebende mit den nachgeborenen Kindern die
Leibzucht bezieht. |
Bei unbeerbter Ehe steht dem Überlebenden kraft
Höferechtes ebenfalls stets die Leibzucht zu. Da den
Eltern und deren Abkömmlingen sowie den Großeltern
des Hoferblassers neben dessen überlebendem
Ehegatten ein Erbrecht lediglich auf Grund des BgB.
gegen den Hoferblasser zusteht, so wird der
Überlebende, wie er von dem nachgelassenen Freigute
des Hoferblassers seine gesetzliche Hälfte erhält,
statt der Leibzucht auf Grund des ihn hier günstiger
stellenden BgB. seine gesetzliche Hälfte auch von
dem Hofgute verlangen können. Da dem überlebenden
Ehegatten bei den Güterständen der
Verwaltungsgemeinschaft und der Gütertrennung ein
Übernahmerecht am Hofe gegen dessen Wertersetzung
nach §§ 1502 BgB. nicht zusteht, so wird hier
mangels Einigung der Erbbeteiligten – nötigenfalls
im Wege öffentlicher Versteigerung, bei welcher alle
Beteiligten mitbieten können – eine Versilberung des
Hofgutes und danach anteilige Verteilung des Erlöses
erfolgen müssen. |
Bei den Güterständen der Verwaltungsgemeinschaft und
der Gütertrennung würde bei unbeerbter Ehe dem
Überlebenden also ein Wahlrecht zwischen der
Leibzucht des Höferechtes und dem gesetzlichen
Erbrechte des BgB. zustehen. Im Fall der Wahl der
Leibzucht ist der Überlebende stets der nächste Erbe
des Hoferblassers, da die Leibzucht in vollem
Umfange |
|
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– 94 – |
den
Anteilen der gesetzlichen Erben vorgeht. Bei der
Wahl der Leibzucht wird der Überlebende sich dann
besser stehen, wenn der Hof hoch belastet ist, da im
Falle der Erbfolge nach BgB. ihm neben etwaigen
anderweiten Erben nur sein gesetzlicher Anteil an
dem aus der Versilberung des Hofes erzielten
Überschusse zustehen würde. |
§ 69. |
Rechtsstellung bei der
Gütergemeinschaft des BgB. |
Bei der Gütergemeinschaft des BgB. findet bei
unbeerbter Ehe mit dem Ableben des Hoferblassers
zunächst eine Auseinandersetzung über das den
Ehegatten gemeinschaftliche Gut (Gesamtgut) statt.
Auf Grund der Gemeinschaft fällt hier dem
Überlebenden zunächst die eine Hälfte des
Reinüberschusses am Hofgute als sein Anteil zu. Von
der anderen Hälfte, die nun den Nachlaß des
Verstorbenen bildet, erhält er wieder die Hälfte als
gesetzlichen Erbteil, im Ganzen also ( ½ u. [½ ·
½·=] ¼ = ¾) Dreiviertel des ganzen
gemeinschaftlichen Vermögens. Außerdem stehen ihm
als Voraus die Hochzeitsgeschenke und die nicht
Zubehörstücke des Hofes bildenden Gegenstände des
ehelichen Haushaltes als gesetzliche Erbstücke zu.
Nur die Hälfte des Nachlasses des Erblassers oder
nach Abzug des Voraus ein Viertel des ganzen
gemein-schaftlichen Vermögens steht den übrigen
Erben des Hoferblassers zu. Da bei der
Gütergemeinschaft des BgB. dem Überlebenden ein
allgemeines Übernahmerecht bezüglich des Gesamtgutes
gegen dessen Wertersetzung zusteht (§ 1502 BgB.),
kann der Überlebende hier ohne Schwierigkeit sich im
Besitze des Hofes erhalten, falls der Hof nicht zu
tief verschuldet oder aber zur Begleichung der
Schulden eheliches Freigut oder Sonder- |
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– 95 – |
gut des
Überlebenden (Vorbehaltsgut) hinreichend vorhanden
ist. |
Bei beerbter Ehe setzt der Überlebende die
Gütergemeinschaft mit den Kindern fort. Er hat hier
die rechtliche Stellung des Mannes, die Kinder haben
die rechtliche Stellung der Frau. |
§ 70. |
Die Auseinandersetzung bei der
Gütergemeinschaft des BgB. |
Die Fortsetzung der Gütergemeinschaft des BgB. kann
der Überlebende jederzeit ohne Angabe von Gründen
durch Erklärung gegenüber dem Amtsgerichte ablehnen.
Die Kinder können nur aus den gesetzlich
festgelegten Gründen (§ 1495 BgB.) auf Aufhebung der
Gemeinschaft klagen. Im Falle der Aufhebung findet
dann eine Auseinandersetzung über das
gemeinschaftliche Vermögen mit den Kindern nach den
allgemeinen Vorschriften (§§ 1474 ff. BgB.) statt. |
Aufhebung der Gemeinschaft und Auseinander-setzung
erfolgten mangels Einigung der Beteiligten im Falle
der Wiederverheiratung des Überlebenden, wenn Kinder
oder anteilsberechtigte Abkömmlinge von solchen
vorhanden sind. Bei Minderjährigkeit von Kindern
erfolgt die Auseinandersetzung unter Mitwirkung des
Amtsgerichts (§1493 BgB.). Bei der
Auseinandersetzung steht dem Überlebenden auch hier
ein Übernahmerecht bezüglich des Gesamtgutes oder
einzelner Gegenstände desselben, also auch eines
etwa zum Gesamtgute gehörigen Hofes gegen
Wertersetzung zu. |
Nach der Auseinandersetzung behält der sich
wiederverheiratende Vater an dem Vermögen der
minderjährigen Kinder Verwaltung und Nutznießung
kraft elterlicher Gewalt. Infolge ihrer
Wiederver-heiratung verliert die Mutter mit der
elterlichen Gewalt auch |
|
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– 96 – |
Verwaltung und Nutznießung an dem Kindesvermögen zu
Händen der zu errichtenden Vormundschaft. Mangels
Übernahme des Hofes wir der Überlebende auch hier
spätestens mit dem Ablauf etwa verschriebener
Meierjahre auf die Leibzucht zu weichen schuldig
sein. |
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– 97 – |
Des Lebens Müh lehrt uns des Lebens Güter schätzen. |
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Kapitel
VI. |
Die Interimswirtschaft.
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1.
Landespolizeiordnung von 1620, Titel 10, § 3;
7, § 4; 1.364; 366.
2. Art. 64, Abs. 1 E. BgB.
3. Führer, S. 212 ff.
4. Meyer, S. 430 ff.
|
§ 71. |
Eintritt der Interimswirtschaft. |
Im Falle ihrer Wiederverheiratung kann der
überlebenden Mutter und deren neuem Ehemanne bei
Minderjährigkeit des Anerben der Hof weiter zu
Besitz, Verwaltung und Nutzung übertragen werden,
während das Eigentum am Hofe dem Anerben verbleibt.
Es ist dies der gewöhnliche Fall der sog.
Interimswirtschaft. |
Ist die überlebende Mutter Alleineigentümerin des
Hofes oder wenigstens zu dessen Übernahme kraft
Gütergemeinschaft oder auf Grund letztwilliger
Bestimmung des Hoferblassers berechtigt und mit
Rücksicht auf die etwa erforderlichen Geldmittel im
Stande, so steht ihr spätestens mit der Übernahme
des Hofes ein unbeschränktes Verfügungsrecht unter
Lebenden wie auf den Todesfall am Hofe zu. Sie kann
sich also auch ohne |
|
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– 98 – |
Rücksicht
auf ihre etwaigen Kinder oder den Anerben beliebig
wieder verheiraten und mit dem neuen Ehemanne einen
beliebigen Güterstand und beliebige Erbfolge
vereinbaren, soweit sie sich nicht etwa letztwillig
oder sonst wie schon dem verstorbenen Ehegatten
gegenüber gebunden hat. |
Steht dagegen das Eigentum am Hofe nicht der
überlebenden Mutter, sondern dem Anerben zu, so ist
sie zu Besitz, Verwaltung und Nutznießung des
Anerbenhofgutes nur kraft elterlicher Gewalt, also
bis zur Großjährigkeit des Anerben berechtigt, im
Falle ihrer Wiederverheiratung nur bis zu letzterem
Zeitpunkte. Von da ab wird der Anerbe
vermögens-rechtlich, also in Beziehung auf Eigentum,
Besitz, Verwaltung und Nutznießung auch am Hofgute
durch die zu errichtende Vormundschaft vertreten.
Der überlebenden Mutter würde an sich nur die
Leibzucht zustehen, während das Hofgut – bis zu
dessen Übernahme durch den Anerben – anderweit
genutzt, z.B. verpachtet werden müßte. |
Steht dagegen das Eigentum am Hofe nicht der
überlebenden Mutter, sondern dem Anerben zu, so ist
sie zu Besitz, Verwaltung und Nutznießung des
Anerbenhofgutes nur kraft elterlicher Gewalt, also
bis zur Großjährigkeit des Anerben berechtigt, im
Falle ihrer Wiederverheiratung nur bis zu letzterem
Zeitpunkte. Von da ab wird der Anerbe
vermögensrechtlich, also in Beziehung auf Eigentum,
Besitz, Verwaltung und Nutznießung auch am Hofgute
durch die zu errichtende Vormundschaft vertreten.
Der überlebenden Mutter würde an sich nur die
Leibzucht zustehen, während das Hofgut – bis zu
dessen Übernahme durch den Anerben – anderweit
genutzt, z.B. verpachtet werden müßte. |
Mit einer
Verpachtung oder anderweiten Überlassung des Hofes
zu Besitz, Verwaltung und Nutznießung gegen Entgelt
würden vielfach die Interessen des Hofes selbst
nicht hinreichend gewahrt sein. Häufig könnte es
auch an geeigneten Bewerbern fehlen. Auch der – im
Regelfalle mit Kindern – auf der Leibzucht sitzenden
Mutter und deren etwaigem neuen Ehemanne würde nach
Bildung, Beruf und allgemeiner Lebenstätigkeit sowie
– durch das nur auf dem Hofe selbst zu gewährende
Leibzuchtswohnrecht – örtlich gebunden, eine
dauernde und ergiebige Erwerbsbetätigung häufig
nicht möglich sein. So ist, um das Interesse der
ganzen Familie, insbesondere auch das des Anerben
bestens zu wahren, seit Alters zu der Einsetzung
eines Interims- oder Malwirts gegriffen in |
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– 99 – |
der
Person des neuen Ehegatten der überlebenden
leiblichen Mutter. Es steht aber rechtlich nichts im
Wege, im Falle des Ablebens der leiblichen Mutter
des Anerben den überlebenden Stiefvater und dessen
etwaige weitere Ehefrau (beide Stiefeltern des
Anerben) als Interimswirte einzusetzen.
|
§ 72. |
Die Mal- oder Meierjahre. |
Der Interimswirt oder, wie dies Gebilde des
Höferechts sich ebenso treffend zu altdeutsch
bezeichnen läßt, der Malwirt* soll nach des Wortes
eigenster Bedeutung nur zwischenzeitlich (interim)
bestellt werden, nämlich regelmäßig nur bis zur
Großjährigkeit des Anerben. Häufig wird aber der
Anerbe, namentlich seitdem das Großjährigkeitsalter
von 25 auf 21 Jahre reichsgesetzlich herabgesetzt
ist, nur noch wenig Jahre von der Großjährigkeit
entfernt sein und sich dann für die kurze Zeit nicht
immer leicht ein geeigneter Interimswirt finden. In
solchen Fällen kann der Hof auch auf Jahre über die
Großjährigkeit des Anerben hinaus überlassen werden.
Dies gilt auch für überlebende Stiefväter oder
Stiefmütter des Anerben. Das dreißigste Lebensjahr
des Anerben wird aber als äußerste Grenze für die
Dauer der Interimswirtschaft angesehen werden
müssen. |
Die Interimswirtschaft ist gesetzlich nicht
ausdrücklich festgelegt. Sie wird daher
ausschließlich durch Vertrag begründet. Der Vertrag
bedarf zu seiner Rechtsgültigkeit der gerichtlichen
Beurkundung und der |
*) Anm. (vlg. Meyer S. 26, 106, 335, 351, 430, 446;
Mal oder Thing bedeutet altdeutsche Gerichtsstätte,
an welcher ursprünglich vor der Volksgemeinde
derartige Verträge allein getätigt wurden). |
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– 100 – |
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Als
Vertragsteile kommen in Betracht die Vormundschaft
als gesetzliche Vertretung des Anerben und die
Interimswirte. Die Tätigung des Vertrages wird als
Verschreibung der Mal- oder Meierjahre bezeichnet.
In dem Vertrage selbst werden die einzelnen Rechte
und Pflichten der Interimswirte tunlichst genau
festgelegt. Insbesondere wird die Dauer der
Interimszeit oder die Zahl der Maljahre bestimmt, da
mangels dessen die Maljahre mit der Großjährigkeit
des Anerben enden. Zu größerer Sicherheit wird die
Interimswirtschaft auch in der zweiten Abteilung des
Grundbuches vermerkt werden können. |
§ 73. |
Die Rechtsstellung des
Interimswirtes. |
Mangels entgegenstehender vertraglicher Bestimmungen
werden folgende Grundsätze gelten: |
Den Interimswirten steht an dem Hofgute nur Besitz,
Verwaltung und Nutznießung für die Dauer ihrer
Einräumung, im Zweifel bis zur Großjährigkeit des
Anerben zu. Dies gilt im Zweifel auch für den
Überlebenden der Interimswirte. Für den Fall der
Wiederverheiratung des Überlebenden bedarf es
bezüglich des neuen Ehegatten einer neuen
Vereinbarung, widrigenfalls dem Aufheiratenden im
Falle des Ablebens des Ersteren keinerlei Ansprüche
an das Hofgut, insbesondere keine Leibzucht zusteht. |
Das Eigentum am Hofe verbleibt ausschließlich dem
Anerben, der als solcher auch im Grundbuche
einzutragen ist. Sind danach die Interimswirte zu
Verfügungshandlungen über die Liegenschaften des
Hofgutes nicht befugt, so stehen ihnen im Übrigen
alle in den Rahmen einer ordnungsmäßigen
Bewirtschaf-tung des Hofgutes fallenden, auf die
Erhaltung und Ver- |
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– 101 – |
besserung
des Hofgutes gerichteten Verwaltungs-handlungen zu.
Dies versteht sich sowohl für die Ausbesserung,
Unterhaltung und etwa erforderlichen Umbau oder
Neubau von Gebäuden wie für die Verwertung,
Ergänzung, Ersetzung und Verbesserung der Bestände
und Erzeugnisse in Vieh, Vorräten, Maschinen und
Geräten. Die Einhaltung ordnungsmäßiger
Bewirtschaftung wird sich insbesondere auch auf die
Beackerung, Düngung und Fruchtfolge sowie auf
pflegliche Behandlung von etwaigen Waldungen
beziehen, sodaß namentlich bei letzteren eine
übermäßige Ausbeute unterbleibt. |
Steuern und sonstige öffentliche Abgaben, die
grundbuchmäßigen Lasten, Beiträge aller Art,
Unterhaltskosten des Anerben und der übrigen Kinder
sowie etwa fällige oder fällig werdende Brautschätze
haben die Interimswirte zu stehen. Namentlich tritt
auch der Aufheiratende zwar nicht wie der Anerbe als
Gesamtnachfolger, wohl aber auf Grund des getätigten
Malvertrages in alle zur Zeit seines Eintrittes
vorhandenen Verbindlichkeiten ein. |
Dafür haben die Interimswirte Anspruch auf volle
Leibzucht, ihre Kinder auf Brautschätze, im Falle
des Wegfalles des Anerben oder der erstehelichen
Kinder überhaupt, über und mittels des ihnen
gemeinsamen Elternteils selbst Ansprüche auf das
Anerbe. Das allgemeine Erbrecht des überlebenden
Ehegatten bleibt unberührt. |
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– 103 – |
Gott grüß Euch, Alter, schmeckt das Pfeifchen!
|
Kapitel
VII. |
Die Leibzucht.
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1.
Landespolizeiordnung von 1620, Titel 7, § 4; 10
§ 1 und 2; 1.364; 366.
2. V.-O. wegen der Leibzüchter vom 17/3. 1767;
2.233.
3. V.-O. wegen der Leibzüchter vom 6/2. 1781;
2.750.
4. Artikel 96 E. BgB.
5. §§ 22, 23 des Ausf.-Gesetzes zum BgB. vom
17/11. 1899; 22.495.
6. Führer S. 113 ff.
7. Meyer S. 562 ff.
|
§ 74. |
Frühere Grundsätze. |
Die Leibzucht stellt die Versorgung der abtretenden
Meierleute dar. Umfang und Beginn des
Leibzuchtsbezuges bestimmt unter Mitwirkung und
Zustimmung des Gutsherrn ursprünglich das Amt. Alter
und Kränklichkeit der Meierleute geben, soweit sie
die Fortführung der Wirtschaft nicht mehr zulassen,
Anspruch auf die Leibzucht. Verschwender und
schlechte Wirtschafter – Aufköcher, Verderber oder
so die Güter in |
|
|
– 104 – |
Beschwer’
gesetzt – erhalten die Leibzucht nicht, insbesondere
dann nicht, wenn hinreichender Grund zur Abmeierung
besteht. Je nach der Wirtschaftsführung kann weniger
guten Wirtschaftern die halbe oder sonst ein Teil
der Leibzucht eingeräumt werden. |
Stiefväter und im Falle ihrer Wiederverheiratung
auch die leibliche Mutter müssen mit der Mündigkeit
des rechten Erben (Anerben), jedoch nicht vor Ablauf
der etwa festgesetzten Maljahre auf die halbe
Leibzucht weichen. Bei einer Wiederverheiratung des
Stiefvaters verliert dieser den Anspruch auf die
Leibzucht, erhält aber dafür sein als Sicherheit für
gute Wirtschaftsführung eingebrachtes Vermögen, das
nötigenfalls von ihm nachzuweisen ist, nebst
ziemlicher Widerlage als angemessene Entschädigung
für dessen Einbringung zurück. |
Diese kurzen Bestimmungen der Landes-polizeiordnung
von 1620 werden erst nach etwa 150 Jahren dahin
ergänzt und erweitert, daß den Eltern der sechste
Teil der Länderei und der im Abzugsjahre gezogenen
Früchte, einem Leibzüchter sowie dem Stiefvater mit
Frau aber nur die Hälfte davon als Leibzucht
zugestanden wird. Was die Leibzüchter daneben an
Gärten, Obst, Heuwachs, Hude und Weide für Rindvieh
und für Schweine erhalten sollen, wird unter
Berücksichtigung des Hofzustandes am Amte mit den
Beteiligten näher festgelegt. |
Nach der Polizeiordnung erhielt der Stiefvater, der
sich mit der leiblichen Mutter des Anerben
verheiratete, mit dieser nur die halbe Leibzucht;
die Stiefmutter dagegen, die den leiblichen Vater
des Anerben heiratete, mit diesem die ganze, im
Falle des Ablebens des Vaters jedoch allein die
Leibzucht. Auch im Falle ihrer Wiederverheiratung
kann bei Minderjährigkeit des Anerben
Stiefelterteilen der Hof in Meier- oder Maljahre und
ebenso die halbe Leibzucht verschrieben werden, wenn
die Vormünder einen besseren Vorschlag zur |
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– 105 – |
Verwaltung des Hofes nicht zur Ausführung bringen
können. |
Voraussetzung für die Gewährung der Leibzucht an den
Stiefvater oder die Stiefmutter ist, daß sie ihr
eingebrachtes Vermögen zum Nutzen des Hofes
verwendet und den Hof gut verwaltet haben. Ueber
Beides ist vor Beziehung der Leibzucht eine
Bescheinigung des Amtes herbeizuführen. Die
Verwendung des Eingebrachten zum Nutzen des Hofes,
gute Verwaltung des Hofes während der Maljahre und
die amtliche Bescheinigung über beide Punkte sind
unumgängliche Erfordernisse für den Bezug der
Leibzucht. Mangels Erfüllung dieser Voraussetzungen
besteht ein Anspruch auf Leibzucht nicht. Bei
teilweiser Erfüllung in Bezug auf Eingebrachtes oder
Hofverwaltung wird die Leibzucht nur verhältnismäßig
gewährt. Schließlich sollen auch leibliche Eltern
nur im Falle von Altersschwäche oder Kränklichkeit
und ebenfalls nur nach beigebrachter Bescheinigung
über ihre gute Wirtschaftsführung zum Bezuge der
Leibzucht zugelassen werden. |
§ 75. |
Die heutigen Leibzuchtsberechtigten. |
Für das heutige Leibzuchtsrecht gelten folgende
Bestimmungen : |
Zum Bezuge der Leibzucht sind berechtigt |
1. Die
leiblichen Eltern oder Elternteile des Anerben;
diese selbst dann, wenn sie den Hof auf den
Anerben übertragen haben, ohne daß gleichzeitig
eine Leibzucht verschrieben ist.
2. Der Stiefvater oder die Stiefmutter, die den
leiblichen Elternteil des Anerben wiederheiraten;
3. Der Stiefvater oder die Stiefmutter, die den
Stiefelternteil des Anerben während dessen
Maljahre wiederheiraten; jedem von diesen aber
nur, |
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– 106 – |
wenn bei der Aufheiratung oder sonst eine
Leibzucht für sie besonders vereinbart ist. Bei
Lebzeiten des leibzuchtsberechtigten
Stiefelternteiles wird man jenen aber auch ohne
besondere Verschreibung der Leibzucht ein
Zusammenleben mit dem Leibzuchtsberechtigten
auf der Leibzucht, bis zu dessen Tode also ein
Mitbenutzungsrecht der Leibzuchtswohnung
zugestehen müssen. |
Mehrer Leibzuchten neben einander sind nicht
zulässig, um den Hof zu schwer zu belasten.
Sämtliche Berechtigte haben sich nötigenfalls in die
nur einmal zu gewährende volle Leibzucht zu teilen.
|
§ 76. |
Beginn und Ende der Leibzucht. |
Der Leibzuchtsbezug beginnt für die leiblichen
Eltern mit dem Tage der vertraglichen Festsetzung,
mangels dessen mit der Übergabe oder der
Verschreibung (Auflassung) des Hofes. Für die
Stiefeltern beginnt der Leibzuchtsbezug mit dem
Ablauf der Maljahre, mangels verschriebener Maljahre
mit dem Eintritte der Mündigkeit des Anerben, seit
1875 also mit vollendetem 21. Lebensjahre.
Verwendung des Eingebrachten zum Nutzen des Hofes,
gute Verwaltung des Hofes sowie amtliche
Bescheinigung über Beides wird zum Bezuge der
Leibzucht nicht mehr vorausgesetzt. |
Die Leibzucht endet mit dem Tode des Berechtigten,
mit freiwilliger Aufgabe der Leibzucht (Verzicht)
und infolge Abzuges des Leibzüchters im Falle
etwaiger Wiederverheiratung oder aus sonstigen,
nicht im eigenen Willen des Leibzüchters, sondern im
Verhalten des Anerben oder dessen Angehörigen
liegenden Gründen, schließlich infolge Kündigung.
Letztere steht dem An- |
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– 107 – |
erben
unter Innehaltung einer angemessenen Kündigungsfrist
zu, wenn infolge des Verhaltens des Leibzüchters
oder dessen Angehörigen eine solche Störung der
persönlichen Beziehungen eingetreten ist, daß ihm
ein längeres Zusammenleben in einem Hause oder auf
einem Hofe nicht wohl mehr zugemutet werden kann. Im
Falle rechtsbegründeten Abzuges steht hier überall
dem Leibzüchter eine Geldrente als billige
Entschädigung für die Aufgabe der Leibzucht zu.
Diese Rente ist mangels Einigung der Beteiligten
unter Berücksichtigung sämtlicher geldwerter
Leibzuchtsvorteile nötigenfalls gerichtlich
festzusetzen. |
Ein Kündigungsrecht steht auch dem Leibzüchter zu,
wenn infolge des Verhaltens des Anerben oder dessen
Angehörigen ihm ein ferneres Zusammenbleiben im
selben Hause oder auf demselben Hofe nicht länger
zuzumuten ist. Hier hat der Anerbe den Aufwand für
die Beschaffung einer angemessenen Wohnung sowie
jeden Schaden zu ersetzen, der dem Leibzüchter
infolge Aufgebens der Leibzucht erwächst. Die
Leibzucht endet mit dem Tode des Leibzüchters
mangels Einigung der Beteiligten auch für
denjenigen, der sich an einen Leibzüchter auf die
Leibzucht verheiratet hat.
|
§ 77. |
Der Leibzuchtsvertrag.* |
Der Inhalt und der Umfang des Leibzuchtsrechtes
unterstehen der völlig freien Vereinbarung der
Beteiligten namentlich nach der Richtung, inwieweit
die Leibzuchtsleistungen in Natur oder baarem Gelde
zu ge- |
*) Anm. (Einen Anhalt für die Vereinbarung einer
Leibzucht mag die Leibzuchtsverschreibung in § 2 des
Hofabtretungs-vertrages, Anhang IV, S. 127 bieten). |
|
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– 108 – |
währen
sind. Zwingendes Landesrecht gibt es insoweit daher
nicht (Art. 96 E. BgB.). Leibliche Eltern oder
Elterteile vereinbaren die Leibzuchtsbedingungen mit
dem Anerben nach freier Willkür. Stiefeltern oder
Stiefelternteile treffen die Vereinbarung des
Leibzucht mit den Vormündern des noch nicht mündigen
Anerben unter vormundschafts-gerichtlicher
Bestätigung. Als Maßstab für die Einigung der
Beteiligten wir die Größe und der Ertrag des Hofes
an Vieh, Früchten und sonstigen Hülfsquellen, der
Zustand der Gebäude und Ländereien sowie die
Belastung des Hofes an vorhandenen Schulden,
Brautschatzleistungen und sonstigen Lasten dienen.
Im Leibzuchtsvertrage kann insbesondere die Befugnis
des Anerben zurVeräußerung oder Belastung des Hofes
für die Dauer der Leibzucht ausgeschlossen oder
beschränkt werden. |
Im Falle der Anerbe seinen Verpflichtungen aus dem
Leibzuchtsvertrage nicht nachkommt, steht dem
Leibzüchter ein einseitiges Rücktrittsrecht vom
Leibzuchtsvertrage nicht zu, auch dann nicht, wenn
der Anerbe z.B. infolge Mahnung oder Fristsetzung im
Verzuge ist. Im Falle der Leistungsverweigerung des
Anerben kann der Leibzüchter auch nicht etwa im
Umfange der Leistungspflicht die Herausgabe des
Hofes verlangen. Dem Leibzüchter stehen demnach
Ansprüche aus §§ 325, 326 und 328 BgB. nicht zu. Er
kann nur auf Grund des Leibzuchtsvertrages oder
mangels dessen auf Grund der leibzuchtsgesetzlichen
Ansprüche erheben. |
Der Leibzuchtsvertrag gilt im Zweifel für die
Lebensdauer des Berechtigten. Besteht die
Leibzuchtspflicht in Gewährung einer Rente, so ist
der für sie angesetzte Betrag im Zweifel der
Jahresbetrag. Eine Geldrente ist für je drei Monate
im voraus zu entrichten. Bei einer sonstigen Rente
bestimmt sich der Zeitabschnitt der
Vorausentrichtung nach der Be- |
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– 109 – |
schaffenheit und dem Zwecke der Rente. Ist der
Zeitabschnitt der Vorausentrichtung erlebt, so ist
die Rente für den ganzen Zeitabschnitt anforderbar. |
§ 78. |
Die Leibzuchtswohnung. |
Der Leibzüchter hat Anspruch auf Wohnung und
Unterhalt, wie sie den Leibzüchtern mit Rücksicht
auf die Leistungsfähigkeit des Hofes angemessen
sind. Bei größeren und mittleren Höfen besteht ein
Anspruch auf gesonderte Leibzuchtswohnung. Bei
kleineren Besitzungen, die eine besondere
Leibzuchtswohnung nicht stehen können, „Stätten,
wovon keine sechs Scheffel Saatland zur Leibzucht
abgegeben werden können“, wird die Leibzucht im
Hausstande und in der Familie des Anerben gewährt
mittels Beschaffung hinreichender Wohn- und
Schlafräume sowie mittels Beköstigung am Tische des
Anerben. Bei solchen geringeren Leibzuchten besteht
eine Verpflichtung der Leibzüchter zu angemessener
Arbeitsleistung auf dem Besitztume. |
Bei Gewährung einer gesonderten Leibzucht ist vom
Anerben die Leibzuchtswohnung in eingerichtetem,
wohnfertigen Zustande zu überlassen und während der
Dauer der Verpflichtung von ihm in Dach und Fach zu
halten. Insbesondere im Falle teilweiser oder
völliger Zerstörung der Leibzuchtswohnung, soweit
sie durch die Leibzüchter nicht verschuldet ist –
der Nachweis des Verschuldens würde dem Anerben obliegen – hat der
Anerbe die Wohnung in angemessener Zeit und Art
wieder herzustellen und auszurüsten, bis dahin aber
den Leibzüchtern anderweit angemessene Wohnung auf
seine Kosten zu beschaffen. |
Ausbesserungen und Erneuerungen, die sonst im Laufe
der Bewohnung und infolge der Abnutzung erforderlich
werden, also die gewöhnliche Unterhaltung
insbesondere der Innenräume stehen die Leibzüchter |
|
|
– 110 – |
selbst.
Staats- und Gemeindesteuern sowie sonstige
allgemeine oder dingliche Lasten, die auf die
Leibzucht entfallen würden, trägt der Anerbe. |
In eine abgesonderte Leibzuchtswohnung darf der
Leibzüchter seine Familie und die zur standesgemäßen
Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen
aufnehmen. Bei gemeinsamer Wohnung des Leibzüchters
und des Anerben dürfen seitens der Leibzüchter
solche Personen nicht dauernd aufgenommen werden,
die erst nach Abschluß des Leibzuchtsvertrages
Familienange-hörige der Leibzüchter (z.B. Ehegatten,
für ehelich Erklärte oder an Kindesstatt
Angenommene) oder bereits früher aus dem Hausstande
des Leibzüchters ausgeschieden sind. |
§ 79. |
Die Leibzuchtszubehörungen. |
Neben der Wohnung und deren Einrichtung erhält der
Leibzüchter auch Ländereien, dien erforderlichen
Geräte und Viehstücke als Zubehör mit zur Leibzucht.
Als Maßstab für die Bemessung der
Leibzuchts-zubehörungen dient zunächst die
Hofgewohnheit. Es wird also nach Umfang, Art, Zahl
und Güte das gewährt, was auf dem Hofe in früheren
Fällen geleistet ist, also die Leibzuchtswohnung,
der Leibzuchtsgarten, die Leibzuchtswiese, die
Leibzuchtshude und die Leibzuchtsländerei. |
Im Übrigen dient die Leistungsfähigkeit des Hofes
und das Bedürfnis der Leibzüchter als Maßstab für
die Bestimmung der Leibzuchtszubehörungen. Dies gilt
insbesondere für die Auswahl des Viehstandes in Art,
Stückzahl und Unterhaltung. Bei der Auswahl der auf
dem Hofe vorhandenen Haushaltsgegenstände durch die
Leibzüchter kann auch das berücksichtigt werden, was
der Ehegatten des Anerben etwa mit in die Ehe
bringt. An Holz erhalten die Leibzüchter freien
Brand, bei unzureichender Holzung jedes dritte
Fuder, das der An- |
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– 111 – |
erbe für
sich anfahren würde; vom Obste ebenfalls den dritten
Teil. Sonstige Erzeugnisse des Hofes sind an die
Leibzucht im Zweifel in mittlerer Art und Güte zu
liefern, wie solche auf dem Hofe bei ordnungsmäßiger
Bewirtschaftung gewonnen werden. Dasselbe gilt für
die Auswahl des Leibzuchtslandes und der sonstigen
Zubehörstücke der Leibzucht. |
Soweit der Leibzüchter nicht etwa selbst bespannt
ist, hat der Anerbe die erforderlichen
landwirtschaftlichen Fuhren zu leisten und das
Leibzuchtsland mit zu beackern. Saatkorn und Dünger
liefern die Leibzüchter selbst. Desgleichen haben
sie Garten, Wiese und Hudekamp in Einfriedigung zu
halten, wie sie ihnen überliefert sind. Holz und
Potten liefert ihnen dazu unentgeltlich der Anerbe. |
§ 80. |
Rechtseigenschaft der
Leibzuchtsgegenstände. |
Leibzuchtswohnung und die einzelnen
Leibzuchts-zubehörungen bleiben mangels
entgegenstehender Einigung der Beteiligten
grundsätzlich Bestandteile des Hofes. Der
Leibzüchter erhält daher an ihnen kein Eigentum,
sondern nur das Recht des persönlichen Gebrauches.
Der Leibzüchter darf über sie daher nur im Rahmen
ordentlicher Wirtschafts-führung verfügen, im Übrigen
aber sie nicht Dritten überlassen, sie nicht
verpfänden oder sonst ihrer sich entäußern.
Gegenteiligenfalls liegt dem Leibzüchter die
sofortige (stündliche) Wiederergänzung ob. Mangels
sofortiger Wiederergänzung kann der Anerbe die
Herausgabe etwa veräußerter Gegen-stände auch von
Dritten beanspruchen, soweit diese bei dem Erwerbe
in Kenntnis davon gewesen sind, daß es sich um
Leibzuchts-gegenstände handelt, sie also nicht der
gute Glaube (§§ 926, 932 ss. BgB.) schützt. |
Da dem Anerben das Eigentum an der Leibzucht und an
deren Zubehör verbleibt, versteht es sich von |
|
|
– 112 – |
selbst,
daß der Leibzüchter sowenig wie der Interimswirt
eine Belastung etwa der Leibzuchts-wohnung oder der
Leibzuchtsländerei vornehmen kann. Heute ist dies
schon nach den Grundbuchvorschriften ausgeschlossen,
da mit der Verschreibung der Leibzucht der Anerbe
regelmäßig die Auflassung des Hofes erhält und damit
als eingetragener Eigentümer allein auch zu
dinglicher Belastung befugt ist. Eine weitere Folge
des dem Hofe verbleibenden Eigentums und der
Wiederergänzungspflicht des Leibzüchters bezüglich
der Leibzuchtsgegenstände ist deren unentgeltlicher
Rückfall an den Hof infolge Wegfalles der
Leibzuchtspflicht mit dem Ableben des Leibzüchters.
Die Vermutung spricht hier also für Hofeigentum und
gegen das Eigentum des Leibzüchters, soweit sich aus
einem etwaigen Leibzuchtsvertrage nicht unzweideutig
das Gegenteil ergibt. |
Bei
beendeter Leibzucht wird den Erben der Leibzüchter
für noch nicht gezogene Früchte nur die Einsaat und
der etwa verwendete Kunstdünger vergütet. Die
Früchte selbst fallen ebenfalls an den Hof. Im Falle
des Ablebens des einen Leibzüchters fällt nur die
eine Hälfte der Leibzucht zurück, während die andere
Hälfte dem Überlebenden verbleibt. Auch vom
Leibzuchtshause fällt die eine Hälfte an den Hof
zurück, soweit es für zwei Familien zur Wohnung
geeignet ist. Der überlebende Leibzüchter hat hier
jedoch ein Vormieterecht, sodaß er mit der Ausübung
dieses Rechtes jeden Dritten aus dem Leibzuchtshause
fernhalten kann. Von der Leibzuchtsländerei fällt
bei dem Ableben eines der beiden Leibzüchter stets
die Hälfte an den Hof zurück. Vom Obst behält der
Überlebende den vierten Teil, an Wiese und Hude
soviel, als der Leibzuchtsbedarf erfordert. Das
Gleiche gilt bezüglich der übrigen
Leibzuchtszubehörungen, insbesondere auch bezüglich
der Haushaltsgegenstände.
|
Ich träum’ als Kind mich zurücke.
A. v. Chamisso. |
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– 113 – |
Anhang.
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I. |
Das selbstverfaßte oder
selbstgeschriebene, eigenhändige (holographische)
Testament,
(Privattestament).
(§ 2231 Ziffer 2 BgB.).
|
A. Einleitung. |
Jedermann, der schreiben und Geschriebenes lesen
kann, 21 Jahre alt und nicht wegen Geistesschwäche,
Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist, kann
ohne Angehung des Gerichtes und ohne Zuziehung
anderer (dritter) Personen ein Testament
rechtsgültig selbst errichten. |
Nach Art eines einfachen Briefes, der Ort und Zeit
der Abfassung sowie die Unterschrift des Verfassers
aufweist, schreibt der Testamentserrichter
(Erblasser) seinen letzten Willen, nämlich das, was
für den Fall seines Todes gelten und Rechtens sein
soll, eigenhändig nieder, fügt unterhalb oder
oberhalb der Erklärung des letzten Willens mit
eigenhändiger Schrift den Ort und den Tag der
Errichtung hinzu und unterzeichnet sodann das Ganze
eigenhändig mit seinem Namen. Fehlt in dem
Testamente die Angabe von Ort oder Zeit der
Errichtung oder die Namensunterschrift des
Testamentserrichters oder ist das Testament von
Anfang bis zu Ende nicht selbst und eigenhändig,
etwa z.B. mittels |
|
|
– 114 – |
Maschine
geschrieben, so ist es rechtlich in jeder Beziehung
ungültig und kann den beteiligten Hinterbliebenen
höchstens als Richtschnur für etwaige
Einigungsverhandlungen dienen. |
Als
Namensunterschrift genügt der einfache Haus- oder
Familienname. Zur Vermeidung von Zweifeln über die
Person des Testamentserrichters wird es sich jedoch
empfehlen, dem Familiennamen stets wenig-stens einen
Vor- oder Rufnamen, jedenfalls aber dem
Familiennamen eine solche Bezeichnung z.B. die
Nummer des Hofes oder den Tag der Geburt beizu-fügen,
daß eine Verwechselung mit andern Personen (Vater
oder Sohn, Mutter oder Tochter, Geschwister u. s.
w.) völlig ausgeschlossen ist.* |
Die
Aufbewahrung eines solchen privat- oder
handschriftlichen Testamentes kann wie bei dem
gemeinschaftlichen Testamente der Eheleute (siehe
Anhang II) in beliebiger Weise erfolgen. Einer
amtlichen Hinterlegung des Testamentes bei Gericht
bedarf es nicht, wenn es nur, verschlossen oder
unverschlossen, so aufbewahrt wird, daß es mit dem
Ableben des Erblassers aufgefunden werden kann. Wer
ein solches Testament in Besitz oder Obhut hat, muß
es mit dem Tode des Erblassers bei Meidung von
Ordnungsstrafen umgehend (unverzüglich) an das
Amtsgericht abliefern. |
*) Anm. (Zu aller Vorsicht wird man
das abgefasste Schriftstück, die Testamentsurkunde,
vertrauensvoll seinem Geistlichen, seinem Richter,
seinem Arzte, seinem Lehrer oder einer sonstigen
Vertrauensperson, die hinreichendes Verständnis für
diese Formvorschriften vermuten läßt, zur Durchsicht
oder zur Prüfung darüber vorlegen, ob auch die Form
der Abfassung richtig, d.h. Ort und Zeit, das Datum
sowie Namensunterschrift nicht vergessen und alles
selbst und eigenhändig geschrieben ist). |
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– 115 – |
B. Muster für ein handschriftliches
Testament.
|
Mein letzter Wille. |
Freien, ernsten und wohlüberlegten Willens
bestimme ich, der unterzeichnete Landwirt Karl,
Wilhelm, Albrecht Ameier Nr. 7 in Behausen,
hierdurch für den Fall meines dereinstigen Ablebens
Folgendes: |
Zu
meinen Erben setze ich ein |
1.
meine Ehefrau, Laura Luise, geborene Cemeier,
2. meine Kinder und zwar
a) meinen Sohn August,
b) meine Tochter Johanne,
c) meine Tochter Lina,
d) meinen Sohn Friedrich,
e) meinen Sohn Otto. |
Mit
meinem Ableben wir mein Hof Eigentum meines ältesten
Sohnes und Anerben August, der dann alsbald als
Eigentümer im Grundbuche eingetragen ist. |
Der
Besitz, die Verwaltung und Nutznießung am Hofe (die
Meierjahre) verbleiben meiner Ehefrau bis an ihr
Lebensende. Ob die Bemeierung des Hofes gegen
Beziehung der Leibzucht zu ihren Lebzeiten auf den
Anerben übergehen soll, steht im Belieben meiner
Ehefrau. Im Falle ihrer Wiederverheiratung soll ihre
Meierzeit jedoch mit vollendetem 27. Lebensjahre des
Anerben zu dessen Gunsten aufhören. Während ihrer
Meierzeit trägt meine Ehefrau sämtliche Lasten des
Hofes. Sie hat während ihrer Meierzeit mit den
Aufkünften des Hofes auch für standesgemäße
Erziehung und Unterhaltung der Kinder, insbesondere
des An- |
|
|
– 116 – |
erben, zu
sorgen, soweit diese durch eigenen Erwerb sich nicht
selbst versorgen können. |
Meine
Töchter Johanne und Lina sowie meine Söhne Friedrich
und Otto erhalten als Abfindung vom Hofe die
Brautschätze, welche ich mit Rücksicht auf die
geringe Belastung und auf den guten Zustand des
Hofes angemessen auf je 5000 Mk. (fünftausend Mark)
erhöhe. Die Brautschätze sollen am Tage der
Ziviltrauung, sonst aber erst nach sechsmonatlicher
Kündigung mit der Großjährigkeit des
Brautschatz-berechtigten zahlbar sein. Meiner
Ehefrau räume ich für ihre Meierzeit – und, so lange
sie unverheiratet bleibt, ohne Zinspflicht – das
Recht ein, die Auszahlung der Brautschätze bis zum
vollendeten 24. Lebensjahre des
Brautschatzberechtigten zu verweigern. |
Die
Brautschätze sind zugleich mit dem Anerbenrechte
durch Eintragung in das Grundbuch sicherzustellen. |
Bei
der geringen Belastung und dem guten Zustande des
Hofes soll der Anerbe von der Vererbung meines
Baarvermögens ausgeschlossen sein. Dies fällt
ausschließlich meinen Kindern Johanne, Lina,
Friedrich und Otto in gleichen Teilen zu. Den
Zinsgenuß von dem Baarvermögen erhält meine Ehefrau
bis zum vollendeten 24. Lebensjahre des
Brautschatzberechtigten. |
Meinem
langjährigen Jagdfreunde Otto Waidmeier hier
vermache ich zur Erinnerung an frohe
Waidmannsstunden meine Waffensammlung nebst
Gewehrschrank. Er wird dafür meinen Kindern ein
väterlicher Freund und Berater sein. |
Diesen
meinen letzten Willen habe ich eigenhändig
niedergeschrieben, mit der Angabe von Ort und Zeit
versehen sowie eigenhändig unterschrieben. |
Behausen,
den 18. Mai 1909. |
Karl,
Wilhelm, Albrecht Ameier. |
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– 117 – |
II. Das gemeinschaftliche Testament.
(§§ 2265 – 2273 BgB.).
|
A. Einleitung. |
Ein
gemeinschaftliches Testament können nur Ehegatten,
nicht auch Verlobte, die vor ihrer Verheiratung auf
den gerichtlich abzuschließenden Ehevertrag zu
verweisen sind, errichten. Grund-sätzlich ist jede
gesetzliche Testamentsform zulässig. |
Ein
privatschriftliches gemeinschaftliches Testament
wird in der Weise errichtet, daß zunächst der eine
Ehegatte, genau wie beim eigenen handschriftlichen
Testament, unter Hinzufügung von Ort und Tag der
Errichtung den gemeinsamen letzten Willen
eigenhändig niederschreibt und sodann das ganze
eigenhändig mit seinem Namen unterschreibt. |
Der
andere Ehegatte macht dies Testament dadurch zu
einem gemeinschaftlichen, zu einem auch für sich
selbst mit verbindlichen, daß er eigenhändig,
ebenfalls wieder unter Hinzufügung von Ort und Tag
der Vollziehung der Erklärung und der Unterschrift,
unter dem ersterklärten letzten Willen die Erklärung
niederschreibt, daß der vorstehend
niedergeschriebe-ne letzte Wille des andern
Ehegatten auch sein letzter Wille, sein Testament,
sei und schließlich dann das Ganze eigenhändig mit
seinem Namen unterzeichnet. |
|
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– 118 – |
B. Muster eines gemeinschaftlichen
Testamentes. |
Freien, ernsten und wohlüberlegten Willens
treffen wir, die Eheleute Karl,
Wilhelm Albrecht Ameier und Laura, Luise
Ameier, geborene Bemeier, hierdurch für unser
dereinstiges Ableben folgende Bestimmungen : |
Wir
leben laut Ehevertrag vom 28. Mai 1903 in der
Gütergemeinschaft des Bürgerlichen Gesetzbuches. |
Wir
setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Mit dem Tode
des Längstlebenden von uns fällt unser gemeinsamer
Nachlaß an unsere Kinder Gustav, Anna, Erna und
Auguste. |
Von
unserm Hofvermögen erhält unser Sohn Gustav als
Anerbe den Hof nebst den eingetragenen Lasten und
der auf vier Zuckerrübenaktien entfallenden
Rübenlieferungspflicht. |
Unser
Sohn Gustav hat seine drei Schwestern Anna, Erna und
Auguste mit Brautschätzen zu je 6000 Mark
(sechstausend Mark) vom Hofe abzufinden.
Anerbenrecht und Brautschätze sind alsbald nach dem
Tode des Erstablebenden durch Eintragung im
Grundbuche sicher zu stellen. |
Unser
freies Vermögen vererbt sich auf unsere Kinder
einschließlich des Anerben nach Kopfteilen. Der
Anerbe hat sich auf seinen Kopfteil 90% (neunzig
Prozent) der Nominalbeträge der vier von ihm mit dem
Hofe übernommenen Zuckerrübenaktien anrechnen zu
lassen. |
Unsere
Tochter Auguste, die als Lehrerin ausgebildet ist,
soll sich dafür auf ihren Erbteil 3000 Mk.
(dreitausend Mark) anrechnen lassen. |
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– 119 – |
Der
Überlebende von uns beiden behält an dem Hofgute
Besitz, Verwaltung und Nutznießung (die Meierjahre);
desgleichen von dem Freigute den Zinsgenuß.
Meierzeit und Zinsgenuß geht ihm aber im Falle der
Wiederheirat gegen Beziehung der Leibzucht, wie sie
auf dem Hofe hergebracht ist, verloren. |
Wer
dies Testament anficht, soll auf den Pflichtteil
gesetzt sein. |
Diesen
meinen und unsern letzten Willen habe ich
eigenhändig niedergeschrieben, eigenhändig mit der
Angabe von Ort und Zeit der Abfassung versehen sowie
dann eigenhändig unterschrieben. |
Behausen,
den 19. Mai 1909. |
Karl,
Wilhelm, Albrecht Ameier. |
Vorstehenden letzten Willen meines Ehemannes trete
ich hierdurch in allen Punkten bei. Zum Zeichen
dessen schreibe ich diese Erklärung unter Beifügung
von Ort und Zeit ihrer Abgabe eiegnhändig nieder und
füge eigenhändig auch meine Namensunterschrift bei. |
Behausen,
den 19. Mai 1909. |
Laura,
Luise Ameier,
geborene Bemeier.
|
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– 120 – |
III. Das Not-, Dorf- oder Vorsteher-Testament. |
1. §§
2249, 2252 BgB.
2. Anweisung, betreffend die errichtung von
Testamenten vor dem Gemeinde- oder Gutsvorsteher,
vom 15. Dezember 1900; 23,195 ss.
|
A. Einleitung. |
Ein
Testament kann von dem Guts- oder Gemeindevorsteher
des Aufenthaltsortes unter Mitwirkung von zwei
Zeugen errichtet werden, wenn der Zustand des
Erblassers besorgen läßt, der Tod werde früher
eintreten, als bis die Errichtung eines
richterlichen Testamentes möglich, die Hülfe des
Gerichts also nicht mehr so schnell zu erlangen ist
(Nottestament). Ehegatten können ein Nottestament
vor dem Vorsteher auch dann errichten, wenn nur
bezüglich des einen von ihnen die Besorgnis
besteht.* Nachträglich als unbegründet sich
herausstellende Besorgnis der Lebensgefahr berührt
die Gültigkeit eines sonst ordnungsmäßig errichteten
Dorf-testamentes nicht. Dagegen ist die
Rechtsgültigkeit eines Nottestamentes zeitlich
beschränkt. Übersteht nämlich der Erblasser die
Gefahr und ist nach Beseitigung derselben drei
Monate lang in der Errichtung eines |
*) Anm. (In gleicher Weise kann vor dem Vorsteher
des Aufenthaltsortes [oder auch vor drei Zeugen] ein
Testament errichtet werden, wenn infolge von
Krankheiten, Seuchen, Überschwemmung und sonstiger
Umstände, der Ort unzugänglich [dergestalt
abgesperrt] ist, daß die Errichtung eines
richterlichen Testamentes unmöglich oder erheblich
erschwert ist). |
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– 121 – |
richterlichen Testamentes unbehindert, so verliert
das Nottestament mit dem Ablaufe dieser Freizeit
seine Rechtsgültigkeit. |
Der
Vorsteher darf mit dem Erblasser oder dem Bedachten
nicht verwandt oder verschwägert sein. In solchen
Fällen tritt der Stellvertreter des Vorstehers ein.
Die als Zeugen zuzuziehenden beiden Männer oder
Frauen dürfen wohl untereinander, nicht aber mit dem
Erblasser, dem Bedachten oder mit dem Vorsteher
verwandt oder verschwägert sein. Sie sollen
tunlichst nicht minderjährig, ehrlos oder
eidesunfähig, auch nicht Gesinde oder Gehülfen (z.B.
Verwalter) des Vorstehers sein. |
Die
Errichtung des Testamentes erfolgt in
ununter-brochener Gegenwart des Erblassers, des
Vorstehers und der beiden Zeugen in der Weise, daß
der Erblasser a) seinen letzten Willen mündlich
eröffnet* oder b) ein beliebig aufgesetztes, in
jeder Form gültiges Schriftstück mit der Erklärung
überreicht, daß dessen Inhalt seinen letzten Willen
darstelle.** |
Der
Vorsteher nimmt über den Vorgang der
Testamentserrichtung eine Verhandlung (Protokoll)
auf. Aus dem Protokoll muß unzweideutig ersichtlich
sein
1) Ort und Tag der Errichtung,
2) Die Namen des Hoferblassers, des Vorstehers
und der beiden Zeugen,
3) Die Feststellung der Besorgnis, daß der
Erblasser früher sterben werde, als die
Errich- tung eines Testamentes vor einem
Richter möglich ist,
|
*) Anm. (Die einzige Art der Testamentserrichtung
für Minderjährige, Blinde und sonstige
Lebensunfähige).
**) Anm. (Für Stumme und Taube gelten besondere
Bestimmungen, desgleichen für solche Personen, die
der deutschen Sprache nicht mächtig sind). |
|
|
– 122 – |
4. die
den letzten Willen selbst wiedergebende
Erklärung des Erblassers oder dessen
Erklärung, daß das von ihm überreichte
Schriftstück seinen letzten Willen enthalte,
5) die Feststellung, daß das Protkoll vorgelesen,
genehmigt und von dem Erblasser selbst
unterschrieben ist,*
6) Außer der Unterschrift des Erblassers die
Unterschriften des Vorstehers und der beiden
Zeugen. |
Die
Errichtung eines Nottestamentes erfolgt nach Art des
vor einem Richter aufgenommenen, nur daß der
Vorsteher an Stelle des Richters tritt und an Stelle
des Gerichtsschreibers die beiden Zeugen. |
In der
Verhandlung über die Testamentserrichtung soll daher
ferner die Feststellung getroffen werden, daß oder
inwiefern die Persönlichkeit des Erblassers bekannt
ist. Der Erblasser soll darauf hingewiesen werden,
daß das Testament mit Ablauf von drei Monaten seit
Beseitigung der Lebensgefahr die Rechtskraft
verliert. Auch dieser Hinweis soll im Protokoll
festgestellt sein. |
Die
sämtlichen, auf die Testamentserrichtung sich
beziehenden Schriftstücke (das über die Verhandlung
aufgenommene Protokoll und die etwa den letzten
Willen enthaltene Urkunde) die dem Erblasser auf
sein Verlangen zur Durchsicht vorgelegt werden, sind
daher auch in Gegenwart des Erblassers, des
Vorstehers und der beiden Zeugen zu verschließen, zu
versiegeln, der Umschlag mit einer das Testament
näher bezeichnenden Aufschrift zu versehen, die der
Vorsteher unterschreibt, und in gerichtliche
Verwah-rung zu bringen. Während aber die oben unter
Ziffer 1-6 aufgeführten Erfor- |
*) Anm. (Bei Schreibunfähigen wird die Unterschrift
durch Aufnahme einer dahingehenden Erklärung des
Erblassers ins Protokoll ersetzt). |
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– 123 – |
dernisse
sogenannte Muß- oder Zwangsvorschriften darstellen,
auch nur in der geringsten Beziehung z.B. durch
Weglassung des Ortes oder des Namens des einen
Zeugen verabsäumt, die Richtigkeit des Testamentes
nach sich ziehen, bilden die Feststellung der
Persönlichkeit des Erblassers, der Hinweis auf das
demnächstige Kraftloswerden des Testamentes, die
nachfolgende Verschließung, Versiegelung,
Auf-schrift nebst Unterschrift sowie amtliche
Verwahrung der das Testament enthaltenen Hülle nur
Soll- oder Ordnungsvorschriften, deren
Nichtbeachtung die Rechtsgültigkeit eines
Nottestamentes nicht berührt. |
Als
Gemeindevorsteher gelten auch die Bürger-meister. |
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– 124 – |
B. Muster eines Dorftestamentes. |
Geschehen
in Dehausen, den 20. Mai 1909. |
Auf
Nachsuchen des Landwirtes Friedrich Emeier in
Dehausen hatten sich der unterzeichnete Vorsteher
August Gemeier in Dehausen und die als Zeugen
zugezogenen, ebenfalls unterzeichneten Landwirte
Gustav Imeier und Karl Ameier, beide in Uhausen,
zwekcs Aufnahme einer letztwilligen Verfügung in die
Emeiersche Wohnung begeben. Offenbar schwer krank,
wurde der Landwirt Friedrich Emeier im Bette liegend
angetroffen. Nach dem Zustande des dem Vorsteher
Gemeier bekannten Landwirts Friedrich Emeier
erschien die Besorgnis begründet, daß letzterem die
Errichtung eines Testamentes vor einem Richter nicht
mehr möglich sein werde. |
Friedrich Emeier und dessen dem Zeugen Imeier
bekannte Ehefrau Elise, geborene Wemeier baten dann
um Entgegennahme ihres letzten Willens (Aufnahme
ihres Testamentes). Sie Erklärten: |
a) Fall der Testamentserrichtung
durch mündliche Erklärung. |
Zu
unseren Erben setzen wir den Längstlebenden von uns
und unsere drei Kinder ein. |
Von
unsern Kindern erhält unser zweitältester Sohn Georg
als Anerbe den Hof. Er hat seine beiden Geschwister
Meta und Wilhelm vom Hofe mit Brautschätzen
abzufinden, deren Höhe wir auf je 4500 Mark
bestimmen. Die Brautschätze sollen nicht |
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– 125 – |
vor
vollendetem 24. Lebensjahre der Berechtigten
anforderbar sein. |
Von
dem freien Vermögen ist unser Sohn Georg mit
Rücksicht auf die geringe Belastung und den guten
Zustand des Hofes ausgeschlossen. Es vererbt sich
ausschließlich auf unsere Kinder Meta und Wilhelm zu
gleichen Teilen. Unser Sohn Wilhelm soll sich hier
6000 Mark dafür anrechnen lassen, daß er in Lemgo
das Gymnasium und in Leipzig die Universität besucht
hat. |
Dem
Längstlebenden steht nach freier Wahl die
Weiterbemeierung des Hofes und auch der Zinsgenuß
von dem freien Vermögen oder die Beziehung der
Leibzucht zu. |
[b) Fall der Testamentserrichtung
durch Überreichung eines Schriftstückes. |
Wir
überreichen hiermit ein in einer weißen
Papierhülle befindliches Schriftstück unter der
Aufschrift: „Testament der Eheleute Emeier.“ Dies
Schriftstück enthält unsern letzten Willen.
Weiter haben wir nichts hinzuzusetzen.] |
Den
Erblassern ist bekannt gemacht, daß das Testament
mit dem Ablaufe von drei Monaten nach Beseitigung
der Lebensgefahr seine Rechtskraft verliert (§ 2252,
Absatz 1 und 2 BgB.). |
Die
Ehefrau Emeier erklärte, sie könne nicht mehr
schreiben. |
Dies
Protokoll ist den Erblassern vorgelesen, auch zur
Durchsicht vorgelegt, von ihnen genehmigt und von
Friedrich Emeier eigenhändig unterschrieben wie
folgt: |
Friedrich
Emeier
August Gemeier als Vorsteher,
Gustav Imeier als Zeuge,
Karl Ameier als Zeuge. |
|
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– 126 – |
IV. Muster eines Hofabtretungsvertrages.
|
Geschehen
in Wedissen, den 21. Mai 1909
auf dem Zemannschen Hofe Nr. 27.
|
Von
den Unterzeichneten Beamten des Fürstlichen
Amtsgerichts in Kamissen, welche sich auf
Nach-suchen hierher begeben hatten, wurden
angetroffen:
1. der Landwirt Leopold Zemann Nr. 27 hier,
2. dessen Ehefrau Juliane, geborene Pemeier,
hier,
3. deren Sohn und Anerbe Friedrich Zemann, zur
Zeit in Tadissen in Stellung,
sämtlich der Person nach und als geschäftsfähig
bekannt. |
Die
Erschienenen trugen nachstehenden
Hofab-tretungsvertrag nebst Leibzuchtsverschreibung
und Auflassungserklärung vor: |
§ 1. |
Die
Eheleute Zemann treten den im Grundbuche von
Wedissen Band 24 Blatt 133 verzeichneten
Grundbesitz, nämlich den Hof Nr. 27, an ihren Sohn
und Anerben Friedrich Zemann unter folgenden
Bedingungen ab: |
a) Die
Übergabe erfolgt am 1. Juli 1909. Seit diesem
Tage gehen Gefahr und Nutzungen auf den
Erwerber über.
b) Der antretende Meier übernimmt die auf dem
Hofe eingetragenen Hypotheken im
Gesamt- betrage von 10000 Mark (zehntausend
Mark) sowie die eingetragene Rentenschuld von
jährlich 200 Mark (zweihundert Mark). Von den
Handscheinschulden, die von dem abtretenden
Meier näher bezeichnet |
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– 127 – |
werden, übernimmt der antretende Meier einen
Betrag von 6000 Mark (sechstausend Mark),
von den sog. Pflückeschulden, die der
abtretende Meier ebenfalls näher bezeichnet,
den Betrag von 800 Mark (achthundert Mark).
c) Der antretende Meier übernimmt mit dem Hofe
die fünf Zuckerrübenaktien nebst der mit
ihnen verbundenen Rübenlieferungspflicht. Die
Aktien werden ihm mit 80% (achtzig Prozent)
ihres Nennwertes angerechnet.
d) Der antretende Meier tritt an Stelle des
abtretenden Meiers in den mit der Molkerei in
Elbeck abgeschlossenen Milchlieferungsvertrag
ein. Er erhält dafür die drei
Molkereianteile, welche er sich mit 60%
(sechzig Prozent) anrechnen zu lassen hat.
e) An Brautschätzen hat der Anerbe seinen
nachgeborenen Geschwistern Johann, Luise,
Berta und August mit deren vollendetem 25.
Lebensjahre als Abfindung vom Hofe den Betrag
von je 3000 Mark (dreitausend Mark)
auszuzahlen.
f) Der Anerbe erklärt sich von dem freien Vermö- gen
der abtretenden Meier für völlig abgefun- den. |
§ 2. |
Die
abtretenden Meier behalten sich folgende Leibzucht
vor:
a) Zur Wohnung das obere Stockwerk mit dem
Keller unter der Leutestube.
b) An Ausrüstungsstücken und Möbeln nach
Bedarf und nach Wahl der Leibzüchter. Die
gewählten Gegenstände werden Eigentum der
Leibzüchter.
c) an Lebensmitteln:
1. täglich fünf Liter Vollmilch,
2. wöchentlich 4 Pfund Molkereibutter,
3. wöchentlich 25 frische Eier; in der
eierarmen |
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– 128 – |
Zeit brauchen nur 12 Eier geliefert zu
werden. Der Unterschied ist in der
eierreichen Zeit wieder auszugleichen,
4. Brot, Gemüse und Kartoffeln in guter
Beschaffenheit nach Bedarf, ebenso Kohlen
und Holz,
5) jährlich zwei fette Schweine je zu rund
200 Pfund Schlachtgewicht (hakenrein),
eins im November, das andere im Januar,
6) jährlich im Dezember 50 Pfund Rindfleisch,
7) Obst nach Bedarf und in der Art nach Wahl;
in obstarmen Jahren den dritten Teil, wie
es von den Bäumen kommt.
d) zur Bedienung:
ein Dienstmädchen zum Aufwarten und
Reinemachen sowie zum Wasserheraufholen
nach Anweisung der Leibzüchter; sollten sich
bei dem Wasserheraufholen Schwierigkeiten
einstellen, so muß der antretende Meier auf
Verlangen der Leibzüchter im oberen Stock auf
seine Kosten eine Pumpe anlegen lassen.
e) Nach Bedarf, jedoch höchstens dreißig Mal im
Jahre, die Gestellung eines Kutschwagens mit
gutem Pferd und Kutscher.
f) An Gartenland die westliche Hälfte des kleinen
Vorgartens und den Leibzuchtsgarten. Den
erforderlichen Dünger liefert der antretende
Meier.
g) An baarem Gelde jährlich 800 Mark, in
vierteljährlichen Beträgen mit dem Beginn vom
1. Juli 1909 im Voraus zahlbar.
h) Der Überlebende behält die volle Leibzucht.
i) Sollten die Leibzüchter aus irgend einem
Grunde die Leibzucht verziehen, was ihnen
jederzeit freisteht, so tritt an Stelle aller
vorbehaltenen Naturalleistungen eine
jährliche Geldrente von 600 Mark, welche
ebenfalls in Vierteljahresraten im Voraus
zahlbar ist.
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– 129 – |
§ 3. |
Die
Eheleute Zemann bewilligen und der antretende Meier
beantragt,
a) daß letzterer als Eigentümer des abgetretenen
Hofes im Grundbuche eingetrgen wird,
b) daß die Leibzucht und die Brautschätze in das
Grundbuch eingetragen werden. |
§ 4. |
Die
Kosten trägt der antretende Meier. Der Wert beträgt
150000 Mark. |
Dies
Protokoll ist den Erschienenen vorgelesen, von ihnen
genehmigt und eigenhändig unterschrieben wie folgt: |
Leopold
Zemann. Juliane Zemann.
Friedrich Zemann. |
Zur
Beglaubigung: |
Temeister, Amtsrichter.
Wemeister, Gerichtsschreiber.
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– 130 – |
V. Die Neuordnung des Höferechtes. |
A. Die Einleitung. |
Die Notwendigkeit einer Sammlung des
lippischen Höferechtes. |
Das
lippische Höferecht verteilt sich auf einen Zeitraum
von etwa 300 Jahren. Es findet sich über die ganzen
25 Bände unserer Landesverordnungen, die mehr als
16000 Druckseiten umfassen, zerstreut. Die älteren
Gesetze sind wegen ihrer uns vielfach nicht mehr
geläufigen, veralteten Ausdrücke nur schwer
verständlich. Zum Teil sind uns ihre Ausdrücke und
Begriffe völlig fremd, sodaß wir nur mühsam und nur
unter Berücksichtigung ihres geschichtlichen
Werdeganges ihren Sinn zu erfassen vermögen. Die
einzelnen Gesetze bieten namentlich seit dem
Inkrafttreten des BgB. scheinbar unlösliche
Widersprüche. |
Wenn
trotz dieser ungeahnten Schwierigkeiten gleichwohl
das Höferecht in den beteiligten Kreisen durch
Jahrhunderte hindurch sich lebendig erhalten und
ungeschwächt von Geschlecht zu Geschlecht sich
fortgeerbt hat und wenn schon seine unübersehbare
Bedeutung sowie jene unbesiegliche Macht des
Rechtsbewußtseins eines ungefälscht kerndeutschen
Berufstandes vielleicht mehr gefühlt als in seinen
Einzelheiten und Wechselwirkungen klar erkannt
werden mag, so zeigen alle diese Tatsachen und
Umstände nur um so mehr, daß es sich hier um
lebenskräftige, altüberkommene Güter und Werte
handelt, welche das gegenwärtige Geschlecht nicht
verkommen oder auch nur verkümmern lassen darf. Eine
Sammlung des lippischen Höferechtes muß daher
erfolgen zu Nutz und Frommen aller derer, die es in
|
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– 131 – |
Rechtssprechung und Verwaltung zur Anwendung bringen
sollen, insbesondere auch derer, die ihr Leben
danach einrichten sollen und ihre Maßnahmen danach
treffen wollen.
|
Der überlebende Ehegatte im
Witwenstande. |
Ergänzt werden muß das Höferecht unbedingt
bezüglich des Rechtes des überlebenden Ehegatten am
Hofe. Der Überlebende kann und muß trotz der durch
das BgB. herbeigeführten veränderten
Rechtsverhältnisse landesrechtlich in den Stand
gesetzt werden, den Hof wenigstens während des
Witwenstandes mit den Kindern in bisheriger Weise
weiter zu bewirtschaften. Es ist nicht
wünschenswert, daß dieser Rechtszustand, der allein
den geläuterten Anschauungen der beteiligten Kreise
entspricht, erst auf weiten und kostspieligen
Umwegen herbeigeführt werden muß, nämlich durch
Einführung der allge-meinen Gütergemeinschaft des
BgB. und gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten,
insbesondere durch letztwillige Einräumung des
Rechtes des Überle-benden, den Hof zu seinem
25fachen Ertragswerte zu übernehmen.
|
Das Alter des Anerben bei der
Hofübernahme. |
Wie es
wirtschaftlich in keiner Weise gerechtfertigt ist,
und auch kein anderer Berufsstand etwas
Vergleichbares zeigt, entspricht es durchaus nicht
den gesunden Anschauungen der beteiligten Kreise,
das der Anerbe in Ermangelung entgegenstehender
letztwilliger Bestimmungen des Hoferblassers von
Gesetzes wegen zur Übernahme des Hofes bereits mit
Vollendung des 21. Lebensjahres berufen wird, selbst
gegenüber dem überlebenden Elternteile, ohne
Unterschied, ob Vater oder Mutter, wenn dem
Überlebenden der Hof nicht gehört. Ganz davon
abgesehen, daß der Anerbe um |
|
|
– 132 – |
diese
Zeit seiner Militärpflicht wird zu genügen haben, an
der Hofübernahme also tatsächlich behindert ist,
fehlt es hier dem Anerben doch gewiß auch wohl an
sittlicher und wirtschaftlicher Reife. Es kommt
hinzu, daß der Hof das einzige werbende Kapital der
ganzen bäuerlichen Familie darstellt und dies
Kapital mit seinen Erträgen mit vollendetem 21.
Lebensjahre des Anerben der Familie entzogen wird
und allein dem Anerben zufällt, wenn bis dahin der
Hofeigentümer zufällig mit Tode abgegangen ist. Die
bessere Einsicht und Erfahrung des überlebenden
Elternteils wird nicht berücksichtigt. Sie ziehen
mit auf die Leibzucht. Desgleichen die nachgeborenen
Kinder, die jüngeren Geschwister des Anerben, für
die und deren Ausbildung bis zum 21. Lebensjahre des
Anerben nichts hat zurückgelegt werden können. Denn
mit etwaigen Wirtschaftsüberschüssen sind
wahrscheinlich zunächst die drückendsten
Hofschul-den getilgt, da Zinsen mit aus der Schüssel
essen. Bis zur Übernahme des Hofes sind die
Reinerträge also den nachgeborenen Kindern entzogen
und mittelbar dem Anerben zugewendet. Das Gleiche
gilt von der auf dem Hofe durch die nachgeborenen
Kinder etwa geleisteten Arbeit, die nicht besonders
berechnet und entschädigt zu werden pflegt. |
Vor
vollendetem 25. (oder 27.) Lebensjahre sollte daher
der Anerbe, wie vor 1875 nach gemeinem Rechte, kraft
Gesetzes zum Wohle der sämtlichen Familienmitglieder
den Hof überhaupt nicht übernehmen dürfen. |
Die Berechnung der Brautschätze. |
Unbillig ist auch in jeder Beziehung die heutige
Berechnung, der Brautschätze. Zunächst gilt dies für
die willkürliche Scheidung bezüglich der Zahl der
abzubringenden Kinder, daß nämlich bei ein oder zwei
nachgeborenen Kindern der dreifache, bei drei und
mehr nachgeborenen Kindern nur der zweifache
Grundsteuer- |
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– 133 – |
reinertrag und Gebäudenutzungswert zu Grunde gelegt
wird, eine geringere oder größere Zahl nachgeborener
Kinder als zwei oder drei die Höhe der Brautschätze
zu Lasten und zu Lasten der nachgeborenen Kinder wie
des Anerben völlig außer Betracht läßt. Die
Brautschatzkommission hilft hier tatsächlich nur
selten aus. |
Es
kommt hinzu, daß die jetzigen Hofreinerträge bis auf
die Gebäudenutzungswerte bereits vor mehr als 30
Jahren (1877 – 1879) festgelegt sind. |
Die
Verallgemeinerung des Geldes infolge zunehmenden
allgemeinen Wohlstandes und die damit in
Wechselbeziehung stehende Erhöhung der
Grundstückpreise, die Steigerung der Bodenerträge
infolge besserer Beackerung und Ausnutzung des
Bodens, infolge vermehrter Anwendung von
Kunstdünger, Verwendung besseren Saatgutes und
Anbaues ergiebigerer Fruchtarten, die Hebung und
Mehrung des Viehstandes, die Verbilligung des
Betriebes infolge Vervollkommnung der
landwirt-schaftlichen Maschinen und Geräte, die
gesteigerte Verwendbarkeit der Erzeugnisse infolge
günstigerer Absatzgelegenheit und vielfach erhöhter
Preise haben zweifellos durchweg eine nicht
unerhebliche Steigerung der jährlichen Reinerträge
gezeitigt. |
Zwar
werden diese so erhöhten Reinerträge wesentlich
herabgemindert durch die Zinspflicht infolge
erhöhter Verschuldung des bäuerlichen Besitzes,
durch die außerordentlich gestiegenen
Betriebsunkosten infolge der auf das zwei- bis
fünffache gestiegenen Arbeitslöhne (sowohl bezüglich
der eigentlichen landwirtschaftlichen Arbeiter als
auch insbesondere der Handwerker, hier namentlich
der Bauhandwerker), durch Entstehung und Steigerung
der Beiträge für Versicherungen aller Art (Feuer,
Hagel, Vieh, Alter, Unfall, Krankheit, Haftpflicht)
sowie schließlich durch Erhöhung der Staats- und
Gemeindelasten, hier insbesondere der Schullasten. |
|
|
– 134 – |
Immerhin
wird ein erheblich höherer Reinertrag wie früher
verbleiben, sodaß die bislang angenommenen Sätze
grundsätzlich zu niedrig erscheinen. |
Eine
Aenderung der Brautschatzberechnungen erscheint
daher sowohl in Bezug auf die jetzige Höhe des
Grundsteuerreinertrages als auch in Bezug auf die
Zahl sämtlicher Kinder erforderlich, zum Vorteil des
Anerben wie auch der nachgeborenen Kinder. Mit
Rücksicht auf die Zahl der Kinder würde ews sich
vielleicht empfehlen, einen Mindestbetrag als
Brautschatz zu bestimmen, der nach den Auskünften
des Hofes festzustellen wäre. Bei einer zu hohen
Belastung des Hofes müßte es dann allerdings unter
Umständen zu einer Versilberung desselben zum Besten
aller Familienglieder kommen. |
Die Stellung des Anerben. |
Die
schwerwiegendsten Bedenken stellen sich bei der
jetzigen Hofbelastung jedoch in Bezug auf den
Anerben selbst ein. Der Anerbe steht bei der
Uebernahme des Hofes vor lauter vollendeten,
durchweg unbeugsamen Tatsachen. Mit dem Hofe hat er
zu übernehmen ohne Weiteres alle auf dem Hofe
ruhenden, regelmäßig erheblichen Lasten. Diese
lassen sich nicht ändern. Beides gilt bezüglich der
Leibzucht, insbesondere wenn die Leibzucht nicht
vereinbart ist, sondern nach den vom Gesetze
vorgeschriebenen Grundsätzen geleistet werden muß.
Völlig unberücksichtigt bleibt auch, ob der Hof in
Ländereien, Gebäuden und Beständen in gutem oder
schlechtem Zustande sich befindet. Hierzu kommt dann
noch die Abfindung der Geschwister mit den
Brautschätzen. Hier zeigt auch für den Anerben die
jetzige Art der Berechnung der Brautschätze
ungleiches und unausgeglichenes Maß. Bei einem Hofe
von z.B. 1500 Mk. Grundsteuerreinertrag und 500 Mk.
Gebäudenutzungswert würde bei einem oder zwei
nachgeborenen Kindern der Brautschatz je 6000 Mk.
betragen, |
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– 135 – |
bei drei
oder mehr nachgeborenen Kindern je 4000 Mk., im
ersteren Falle also mindestens 6000 und höchstens
12000 Mk., im letzteren mindestens 12000 Mk. und je
nach der Kinderzahl beliebig steigen, bei sechs
abzubringenden Kindern also bis zu (6 · 4000=) 24000
Mk. Unter Zugrundelegung des 25fachen Betrages des
jährlichen Ertragswertes des Hofes würde selbst
unter Mitanrechnung des Gebäudenutzungswertes eine
Verschuldung des Hofes bis fast zur Hälfte (50000 –
24000 = 26000 Mk.) allein infolge der Brautschätze
eintreten. Und auf manchen Höfen giebt es noch eine
weit größere Zahl abzubringender Kinder als sechs! |
Die
Ungerechtigkeit dieses Systems der Lastentragung,
insbesondere der Berechnung der Brautschätze
leuchtet ein. Demgegenüber bedeutet auch die
Möglichkeit der Erhöhung oder Herabsetzung der
Brautschätze mittels Angehung der
Brautschatzkommission nur ein Notbehelf. |
Zweckmäßiger würden, ähnlich den Anerben-rechten
anderer Staaten, Vorschriften erscheinen, die von
vornherein eine billige Berücksichtigung aller in
Betracht kommenden Verhältnisse ermöglichten. Ein
Schritt vorwärts würde in dieser Richtung getan
sein, wenn zunächst unter Berücksichtigung des
Grund-steuerreinertrages und des
Gebäudenutzungswertes der Wert des ganzen
Hofvermögens in seinen einzelnen Wirtschaftserträgen
aus Früchten, Vieh, Holz und Nebenbetrieben im
Durchschnitt auf das Jahr berechnet und dieser
Jahreshofertrag nach Abzug der
Bewirtschaftungskosten mit dem 25fachen Betrage zu
Werte gesetzt würde. |
Von
dem so gefundenen, wirklichen Nutzungswerte des
Hofes würden dann zunächst die eingetragenen
Schulden in Abzug zu bringen sein. Denn bei diesen
handelt es sich um Lasten der ganzen Familie,
namentlich auch der abtretenden Meierleute. Erst
dann würden unter Berücksichtigung der
verbleiben-den Leistungs- |
|
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– 136 – |
fähigkeit
des Hofes die Leibzuchtsrechte festzustellen und in
Abzug zu bringen sein und schließlich nach
Sicherstellung eines angemessenen Anerbenvorzuges
unter weiterer Berücksichtigung der Kopfzahl der
Berechtigten die Brautschätze. |
Mit
dem Wegfalle des einen oder sämtlicher Leib-züchter
tritt bisher eine unverdiente Besserstellung des
Anerben ein. Billig würde mit dem Wegfall der
leibzuchtsmäßigen Hoflasten eine angemessene
Erhöhung der Brautschätze eintreten können, indem
der Wert der weggefallenen Leibzuchtslasten
nachträglich unter sämtliche Kinder verteilt, das
Leibzuchthaus aber dem Anerben belassen würde. |
Nach
der Hofübernahme steht nichts im Wege, daß der
Anerbe den Hof verpachtet oder auch veräußert und so
ohne Arbeitsleistung von den Auskünften des Hofes
lebt. Um einer derartigen, vom Höferechte gewiß
nicht Bestimmung empfehlen, nach welcher im Falle
nichteigener Bewirtschaftung durch den Anerben außer
bei gegründeter Ursache der mühelose Erlös für eine
Reihe von Jahren als Freigut an sämtliche
Geschwister oder Geschwisterstämme zur Verteilung
gelangte.
|
Im
nachstehenden Entwurfe sind als Ergebnis
zehnjähriger Liebhaberarbeit die Bestimmungen
unseres Höferechtes sowie die hier hervorgehobenen
Gesichtspunkte paragraphenweise zusammenzufassen
versucht. Berücksichtigt sind dabei die Bestimmungen
der Höferechte von Westfalen, Schaumburg-Lippe,
Hannover, Oldenburg und Mecklenburg. Möchte dem
Entwurfe bald ein fertiges Gesetz folgen.
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– 137 – |
B. Entwurf
zu einem Lippischen Höferechte.
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Übersicht:
A. Allgemeiner Teil
I. Geltungsbereich (§§ 1 – 10).
II. Verfügungsbeschränkungen (§§ 7 – 9). |
B.
Erbrecht.
I. Allgemeine Bestimmungen (§§ 10 – 14).
II. Anerbenrecht (§§ 15 – 22).
III. Brautschatzrecht (§§ 23 – 34). |
C.
Leibzuchtsrecht.
(§§ 35 – 43). |
D.
Schlussbestimmungen.
(§§ 44, 45). |
Ein vorurteilsfreier und unbefangener Sachkenner
wird es mir wohl auf mein Wort glauben, daß bei
dem Entwurfe dieses, für den Vaterlandfreund und
mitunter auch für andere Interessen habenden
Werks viele Mühe hat angewendet werden müssen,
um es nur einigermaßen vollständig liefern zu
können. Die Köpfe erster Größen haben immer noch
Spielraum genug, zum Entwurfe eines
vollständigen Gesetzbuches ganz annehmliche
Beiträge zu liefern. Führer, Einleitung S. 2.
|
A. Allgemeiner Teil. |
I.
Geltungsbereich.
§ 1. |
Dem
Höferechte unterliegt jede ländliche Besitzung,
welche aus Wohnhaus und Grundstücken besteht (Hof). |
Der
Hof muß eine Mindestgröße von 2,5 ha oder einen
Mindestgrundsteuerreinertrag von 75 Mk. haben |
|
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– 138 – |
und in
diesem Umfange ausschließlich oder nebenher land-
oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen. |
Als
Hofvermögen (Hofgut) gelten die vorhandenen Haus-,
Hof-, Vieh-, Feld- und Waldbestände, soweit sie in
den Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung
fallen. |
Als
Hofgut gelten die land- oder forstwirtschaftlichen
Nebenbetriebe sowie solche Liegenschaften, die
infolge Austausches oder sonst im Grundbuche
zugeschrieben sind. |
Als
Hofgut gelten Kirchenstühle, Begräbnisstellen,
Nachbar-, Wege-, Jagd- und Fischereirechte sowie
sonstige mit dem Hofe verbundene Gerechtigkeiten,
ferner die den Hof betreffenden Papiere, die
Forderungen und die Beträge aus Versicherungen z.B.
Feuer, Hagel und Vieh sowie die Anteile an
Unternehmungen zur Verwertung von Erzeugnissen des
Hofes (z.B. Rübenaktien, Molkereianteile). |
§ 2. |
Neuerworbene Liegenschaften (Neuerwerbungen, neo
acquisita) werden zu Hofgut durch grundbuchmäßige
Zuschreibung, für das Erbrecht, soweit sie unter
Aufwendung von Freigut erworben sind, durch
einmalige Vererbung nach dem deutschen bürgerlichen
Gesetzbuche vom 18. August 1896. |
§ 3. |
Werden
Höfe oder Hofteile ohne Genehmigung der gesetzlichen
Miterben innerhalb der ersten 15 Jahre nach dem
Hofantritte veräußert oder belastet, so gilt der
Gegenwert nicht als Hofgut, soweit er nicht zur
Tilgung der überkommenden Lasten verwendet wird. |
§ 4. |
Werden
Höfe oder Hofteile ohne Genehmigung |
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– 139 – |
der
gesetzlichen Miterben innerhalb der ersten 15 Jahre
nach dem Hofantritte verpachtet oder anderweit zu
Besitz und Nutzung überlassen, so gilt der
Jahresvertrag nicht als Hofgut, soweit er die
jährlichen Beträge der Lasten, der Unterhaltung oder
der Verbesserung des Hofes übersteigt oder soweit
nicht ein Fall der Errichtung einer Vormundschaft,
Pflegschaft oder Beistandschaft vorliegt. |
§ 5. |
Landesherrliche-, Staats-, Gemeinde- und sonstige
öffentliche Besitzungen sowie Fideikommiß-, Lehn-
und Stammgüter unterliegen nicht dem Höferecht,
soweit deren Verhältnisse gesetzlich, vertraglich
oder herkömmlich abweichend geregelt sind. |
§ 6. |
Die
Hofeigenschaft wird in Abteilung II Spalte 3 des
Grundbuches unter der Bezeichnung „Hofgut“ nach
Anhörung des Eigentümers von Amtswegen eingetragen. |
II. Verfügungsbeschränkungen. |
§ 7. |
Die
Vereinigung von Höfen ist verboten. |
Im
Falle tatsächlicher Vereinigung bleibt jeder Hof
seinem Wesen nach für sich bestehen, insbesondere
bezüglich der Steuern, Lasten, Gerechtsamen und
Grenzen sowie der Eintragungen in den öffentlichen
Büchern. |
§ 8. |
Die
Veräußerung ganzer Höfe ist zulässig. |
|
|
– 140 – |
Die
Veräußerung von Hofteilen bedarf zu ihrer
Rechtsgültigkeit der vorgängigen landespolizeilichen
Genehmigung der Regierung, welche das Grundbuch-amt
herbeiführt. |
§ 9. |
Die
landespolizeiliche Genehmigung (§ 8 Absatz 2) ist
nicht erforderlich. |
1. bei
Höfen über 50 ha, unter 2,5 ha oder unter 75
Mk. Grundsteuerreinertrag, |
2. bei
Höfen, welche seit 20 Jahren in derselben
Familie sind, wenn innerhalb 30 Jahren
unbebaute Grundstücke bis zu 2,5 ha und bis
zu 20% der Gesamtgröße des Hofes abgetrennt
werden, |
3. bei
Abtretung zu gemeinnützigen Zwecken Anlegung
oder Verbreiterung öffentlicher Wege, Gräben,
Bahnen, öffentlicher Gebäude, Friedhöfe), |
4. bei
Abtretung zwecks Begradigung oder Regelung
einzelner Grenzen des Hofes, |
5. bei
Abtretung zwecks Enteignung, |
6. bei
Abtretung einer Grundfläche, die im
Vergleiche zu dem ganzen Hofe so geringfügig
ist, daß die Abtretung für die Berechtigten
zweifellos unschädlich erscheint.
|
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– 141 – |
B. Das Höfeerbrecht.
|
I. Allgemeine Bestimmungen. |
§ 10. |
Der
Eigentümer kann unter Lebenden und auf den Todesfall
über den Hof frei verfügen. |
Soweit
Gütergemeinschaft besteht, können die
Mitberechtigten unter Lebenden und auf den Todesfall
nur gemeinschaftlich verfügen. |
§ 11. |
Mit
dem Ableben des Eigentümers geht der Hof auf den
Anerben über. |
Dem
Überlebenden Nichteigentümer verbleibt jedoch auch
für den Fall seiner Wiederverheiratung Besitz,
Verwaltung und Nutzung an dem Hofe bis zum
vollendeten 27. Lebensjahre des Anerben. |
§ 12. |
Bei
bestehender Gütergemeinschaft vererbt sich im Falle
unbeerbter Ehe der Anteil des verstorbenen Ehegatten
als Nachlaß nach den allgemeinen Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches. |
Im
Falle beerbter Ehe treten mit dem Ableben des einen
Ehegatten die gemeinschaftlichen Abkömmlinge an
Stelle der Frau, die Frau tritt an die Stelle des
Mannes. |
§ 13. |
Unberührt durch das Höfeerbrecht bleibt die Ver- |
|
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– 142 – |
erbung
des Vermögens, welches nach den §§ 1 – 4 nicht als
Hofgut anzusehen ist (freies Vermögen, Freigut). |
§ 14. |
Im
Falle tatsächlicher Vereinigung von Höfen (§ 7)
vererbt sich jeder Hof gesondert nach den
Vorschriften des Anerbenrechts (§§ 15 – 34). |
II. Das Anerbenrecht. |
§ 15. |
Die
Höfe vererben sich nach dem Rechte der Erstgeburt
(Anerbenrecht) mit dem Vorzuge der Söhne vor den
Töchtern, der Kinder einer früheren Ehe vor denen
einer späteren. Den eheleiblichen stehen die
legitimierten und für ehelich erklärten Kinder
gleich. Sie alle gehen den zur Zeit des Erbfalls
entmündigten oder zu Zuchthausstrafe rechtskräftig
verurteilten Kindern desselben Stammes sowie den
angenommenen Kindern und diese sämtlich wieder den
unehelichen Kindern vor. |
§ 16. |
An
Stelle eines wegfallenden Erben treten dessen
Abkömmlinge. |
Vollbürtige oder halbbürtige Geschwister,
letztere, soweit sie den Hoferblasser mit dem
Anerben zum gemeinsamen Elternteil haben, schließen
des Anerben angenommene oder uneheliche Kinder als
Anerben aus. |
§ 17. |
Soweit
Neuerwerbungen infolge Aufwendung von Freigut (§ 2)
dem Hofe im Grundbuche zugeschrie-ben sind, kann sie
der Anerbe zum Schätzungs- |
|
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– 143 – |
werte,
welcher den Betrag des aufgewendeten Freigutes
erreichen muß, übernehmen. |
§ 18. |
Der
Anerbe kann für seine Person und für die noch unter
seiner elterlichen Gewalt stehenden Kinder mittels
Erklärung vor Gericht auf das Anerbenrecht
verzichten. |
§ 19. |
Geistige oder körperliche Gebrechen, insbesondere
Mangel an Einsicht oder Willen, Verschwendung oder
Trunksucht, Blindheit, Taubstummheit schließen das
Erstgeburtsrecht aus, soweit diese Eigenschaften zur
Zeit des Hoferbfalles bestehen und zur
Bewirtschaftung des Hofes unfähig machen. |
§ 20. |
Die
Unfähigkeit (§ 19) wir unter Zuziehung
landwirtschaftlicher und ärztlicher Sachverständiger
unter den Formen der Entmündigung wegen
Verschwendung amtsgerichtlich regierungsseitig)
festgestellt. |
Gegen
den Beschluß steht binnen zwei Wochen seit der
gerichtlichen Zustellung die Beschwerde an das
Landgericht als letzte Instanz frei. (Eventuell
durch Regierung und Ministerium wie bisher). |
§ 21. |
Antragsberechtigt (§ 20) ist die Verwandschaft
der ersten drei, die Schwägerschaft der ersten
beiden Grade, ferner der gesetzliche Vertreter und
die zuständige Amtsgemeinde. |
§ 22. |
Dem
unfähigen Anerben verbleibt auf dem Hofe
standesgemäßer Unterhalt gegen Verrichtung
angemessener Arbeiten. |
|
|
– 144 – |
III. Das Brautschatzrecht.
|
§ 23. |
Als
Abfindung von dem Hofgute (§ 1) steht den
vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern des
Anerben als gesetzlicher Erbteil der Brautschatz zu. |
§ 24. |
Legitimierte, für ehelich erklärte, angenommene
und uneheliche Kinder beerben den Hoferblasser
brautschatzmäßig wie eheleibliche Kinder. |
§ 25. |
Auf
der Leibzucht geborene Kinder haben einen Anspruch
auf den Brautschatz nicht. |
§ 26. |
Der
Brautschatz wird nach dem Werte des Hofes berechnet. |
Der
Wert des Hofes beträgt das Fünfund-zwanzigfache des
Reinertrages der Hofgrundstücke und des Nutzwertes
der Hofgebäude zuzüglich des Wertes der Bestände. |
§ 27. |
Für
den Reinertrag und den Nutungswert sind die
Eintragungen in den öffentlichen Büchern maßgebend. |
Für
die Ermittelung des Beständewertes gilt mangels
Einigung der Beteiligten unter Ausschluß des
Rechtsweges das Sachverständigenverfahren (§ 28). |
§ 28. |
Beide
Teile ernennen je einen lippischen land- |
|
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– 145 – |
wirtschaftlichen Sachverständigen, diese ihrerseits
den Obmann. Mangels Einigung ernennt das zuständige
Amtsgericht den Obmann. |
Auf
Antrag eines der Beteiligten hat das zuständige
Amtsgericht die drei Gutachter auf treue und
gewissenhafte Erfüllung ihres Amtes eidlich zu
verpflichten. |
§ 29. |
Von
dem ermittelten Hofwerte (Hofrohwert) erhält der
Anerbe zunächst nach Abzug der eingetragenen
wirklichen Lasten (Hofreinwert) ein Drittel als
Voraus. Der Rest des Hofreinwertes vererbt sich
unter sämtliche Miterben nach Kopfteilen bzw.
Stämmen wie freies Vermögen. |
Eine
Leibzuchtslast wird vorab vom Hofreinwerte mit dem
10fachen Betrage ihres Jahresgeldwertes abgesetzt. |
Der
Brautschatz beträgt mindestens soviel wie der
einfache Grundsteuerreinertrag zuzüglich des
Gebäudenutzungswertes. |
§ 30. |
Aussteuer und Ausstattung sowie sonstige
Vorempfänge sind im Zweifel auf den Brautschatz
anzurechnen, soweit eine Anrechnung nicht bereits
bei der Teilung des freien Vermögens stattgefunden
hat. |
§ 31. |
Der
Brautschatz ist bei der Hochzeit des Berechtigten
fällig, im Falle seiner Nichtverheiratung mit
Vollendung des 25. Lebensjahres. |
Mit
dem Tage der Fälligkeit wird der Brautschatz
vererblich, veräußerlich und ohne Kündigung mit vier
vom Hundert verzinslich. |
Leibliche Eltern oder Elternteile können für die |
|
|
– 146 – |
Dauer
ihres Meierstandes Zeit und Art der Auszahlung des
Brautschatzes bestimmen. |
§ 32. |
Bis
zur Auszahlung des Brautschatzes hat der Berechtigte
gegen Verrichtung vorfallender Arbeiten auf dem Hofe
Anspruch auf standesgemäße Erziehung, Unterhaltung,
Kleidung und Wohnung. |
Diese
Ansprüche entfallen mit der Vollendung des 18.
Lebensjahres des Berechtigten, wenn der Anerbe mit
dreimonatiger Frist zum Vierteljahrschluß kündigt. |
Der
Brautschatzberechtigte kann den Hof jederzeit
verlassen. |
§ 33. |
Für
die Höhe des Brautschatzes ist der Zeitpunkt seiner
Fälligkeit maßgebend, soweit er sich nicht nach dem
Hofwerte zur Zeit des Hofantrittes des Anerben
berechnen läßt. |
Der
einem Brautschatzberechtigten bereits gewährte
Brautschatz gilt als Mindestbetrag auch für die
andern Berechtigten. |
§ 34. |
Die
Brautschätze sind auf Antrag nach Anhörung des
Eigentümers auch gegen dessen Widerspruch im
Grundbuche einzutragen.
|
|
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|
– 147 – |
C. Das Leibzuchtsrecht. |
§ 35. |
Mit
dem Hofantritte des Anerben steht den Vorgängern am
Hofe die Leibzucht zu. |
§ 36. |
Die
Leibzucht besteht mangels Einigung der Beteiligten
in Gewährung standesgemäßer freier Wohnung auf dem
Hofe sowie in einer Jahresgeld-leistung. |
Die
Jahresgeldleistung beträgt für den
Einzel-leibzüchter zwei vom Hundert des
Hofreinwertes (§ 29 Satz 2), mindestens aber ein
Drittel des Grundsteuerreinertrages, für mehrere
Leibzüchter zusammen drei vom Hundert des
Hofreinwertes, mindestens aber die Hälfte des
Grundsteuer-reinertrages. |
Die
Jahresgeldleistung ist vierteljährlich im Voraus zu
entrichten und mit jedem Vierteljahresersten ohne
Kündigung fällig. Im Verhältnis der Leibzüchter zu
einander steht jedem Leibzüchter die
Jahresgeld-leistung und die Wohnungsentschädigung (§
37) nach Kopfteilen zu. |
§ 37. |
Den
Leibzüchtern steht frei, die Leibzuchtswohnung nach
vierteljährlicher Kündigung gegen einmalige oder
rentenmäßige, billige Entschädigung zu räumen. |
Der
Anerbe kann unter gleichen Bedingungen die Räumung
der Leibzucht verlangen, wenn eine solche Störung
der persönlichen Beziehungen eingetreten ist, daß
ihm die weitere Leibzuchtshaltung auf dem Hofe nicht
mehr zuzumuten ist. |
Mangels Einigung gelten die Vorschriften des §
28. |
|
|
– 148 – |
§ 38. |
Wird
die Leibzucht vereinbart, so sind Leibzuchtswohnung
und etwaige sonstige Leistungen des Anerben in Geld
abzuschätzen. |
§ 39. |
Bei
Gewährung einer abgesonderten Leibzuchts-wohnung ist
der Leibzüchter befugt, seine Familie sowie die zur
standesgemäßen Bedienung und zur Pflege
erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen. |
Bei
Gewährung lediglich der Mitbenutzung einer Wohnung
ist der Leibzüchter nicht befugt, solche Personen
aufzunehmen, die erst nach dem Hofantritte
Familienangehörige des Leibzüchters geworden sind. |
Dasselbe gilt für Kinder, die aus dem Hausstande
des Leibzüchters bereits ausgeschieden sind. |
§ 40. |
Ob
eine abgesonderte Leibzuchtswohnung oder lediglich
die Mitbenutzung einer Wohnung zu gewähren ist,
richtet sich in Ermangelung einer Bestimmung des
Leibzuchtsvertrages nach der Gewohnheit oder in
Ermangelung dessen nach der Beschaffenheit des
Hofes. |
§ 41. |
Mit
dem Ableben des Leibzüchters fällt die
Leibzuchtswohnung für dessen Teil zum übernächsten
Vierteljahrsersten ohne Entgeld an den Hof zurück.
Der Wert der Jahresgeld- oder sonstigen Leistungen
an die Leibzucht vererbt sich wie freies Vermögen. |
§ 42. |
Wird
infolge Ablebens des einen Leibzüchters ein |
|
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|
|
– 149 – |
Teil der
Leibzuchtswohnung frei, so steht dem Überlebenden
bezüglich dieses Teiles das Vormieterecht zu. |
§ 43. |
Wer
einen Leibzüchter heiratet, muß die
Leibzuchtswohnung im Falle des Ablebens des
Leibzüchters mit dem übernächsten Vierteljahrsersten
ohne Kündigung und ohne Entgeld räumen. |
Dasselbe gilt für Familienangehörige des
Leibzüchters und sonstige in dessen Hausstand
aufgenommene Personen. |
|
|
|
|
– 150 – |
D. Schlussbestimmungen. |
§ 44. |
Die
Bestimmungen des Höferechtes gelten nur, soweit
gültige Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder auf den
Todesfall nicht vorliegen. |
Soweit
rechtsgeschäftliche oder höferechtliche Bestimmungen
nicht vorliegen, gelten die Vorschriften des
bürgerlichen Gesetzbuches vom 18. August 1896. |
§ 45. |
Das
Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1910 in Kraft. |
Die
bis zu diesem Tage vereinbarten oder bezoge-nen
Leibzuchten unterliegen dem bisherigen Rechte. |
|
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|
|
– 151 – |
Alphabetisches Verzeichnis |
Die Zahlen bedeuten
die Seiten |
A |
Abmeierung 30 |
Abtretung
eines Hofes, Muster eines Vertrages
126 |
Achsleute
25 |
Ackerbau 1 ff., A. und
Wirtschaft 3, A. und Bergbau
3 ff., A. und Staat
4 |
Adel 12, 13,
17, 18 |
Alter des Anerben bei Hofübernahme, Kritik
131 |
Ästinationsbücher 25 |
Allgemeine Gütergemeinschaft: s. Gütergemeinschaft |
Allodialvermögen 35 |
Amtsmeier 27 |
Anerbe, Recht bei Wiederverheiratung der Mutter
39,
Bestimmung durch den Hoferblasser 66 ff., Ansprüche
gegen den Hoferblasser 69, Vererbung des Freiguts
71, Alleinerbe des Hofguts
73, Erstgeburtsrecht
74,
unehelicher Anerbe 74, Unfähigkeit
75, sittenloser
Lebenswandel 76, Zuchthaus
76, Entziehung des
Anerbenrechts 76, Anerbenverzicht
77 ff.,
Erbhoffnung 78,
79, Alter bei Hofübernahme, Kritik
131, Stellung des Anerben, Kritik
134 |
Anerbenrecht, Entwurf 142 |
Anhang 113 |
Antichretische Verpfändung 30,
31 |
Auseinandersetzung seitens des überlebenden
Ehegatten 95 |
Ausländische Hand 10,
19 |
Auslegungsregeln bei letztwilligen Verfügungen des
Hoferblassers 69 |
Aussteuer und Ausstattung 68,
84 |
|
|
|
– 152
– |
B |
Bauerngüter, Erbfolge in die 71 |
Bauersleute, Verordnung wegen Eheverschreibung der
59, 81 |
Bäuerlicher Besitz, Lastenfreiheit 22 |
Belastung des Hofes 60 |
Beliehene Hand, Wandlungen 21 |
Berechnung des Brautschatzes 83, Kritik
132 |
Bergbau und Ackerbau 4 |
Bestandteile des Hofguts 53,
54 |
Besteuerung des Hofbesitzes 23 |
Bewegliches Hofgut 54 |
Bismarks, die, in Lemgo 19 |
Blomberg 9,
12 |
Brake 9, 12 |
Brautkinder 75 |
Brautschatz 81 ff., frühere Grundsätze
81,
Berechnung 83, Kritik der Berechnung
132,
Berechtigte 85, Fälligkeit
85, Verzinsung
86,
Verfügung über den B. vor dessen Kündbarkeit
86,
Sicherstellung 86, Erhöhung und Herabsetzung
86, B.-Kommission
87 |
Brautschatzrecht, Entwurf, 144 |
Bürgerliches Gesetzbuch, Verhältnis zur Güter-O. von
1786 39, 41, zum Höferecht
39 |
Bürgertum (Lehnsleute) 19 |
D |
Detmold 9,
12 |
Distraktions-(Dismembrations-)Ordnung
59 |
Dorftestament 120 ff., Muster
124 |
E |
Ehegatte, überlebender, Rechtsstellung
42, 89 ff.,
Rechtsstellung und Erbschaft bei
Verwaltungsgemeinschaft 91,
92, Verfügungsfreiheit
44, |
|
|
|
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|
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|
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Verzeichnis |
|
|
– 153
– |
Ehegatte, überlebender, Rechtsstellung bei
Gütergemeinschaft des BgB. 94, Auseinandersetzung
95, im Witwenstande, Kritik
131 |
Eheliches Güterrecht des BgB. 40 |
Ehen von Leibeigenen und -freien
16 |
Eheverschreibung der Bauersleute, Verordnung
59 |
Ehevertrag 40,
48, E. und Erbvertrag
48 |
Eigenhändiges Testament 113 ff., Muster
115 ff. |
Eingebrachtes Gut 45,
46 |
Einkindschaft 44 |
Einsicht des Grundbuches 34 |
Eintragungen in die Hypothekenbücher
29 |
Elorieren der Höfe 32 |
Entwurf eines Höferechts 130 ff. |
Entziehung des Anerbenrechts 76 |
Entwurf eines lippischen Höferechts
137 |
Erbbegräbnisse 35,
53 |
Erbfall bei kinderloser Ehe infolge Erbvertrags
48,
bei kindergesegneter Ehe 49 |
Erbfolge in die Bauerngüter, Verordnung
71,
gesetzliche E. 71 |
Erbfolgeordnung des BgB. 71 |
Erbhoffnung des Anerben 78,
79 |
Erblasser (Hof-) 65, s. auch Testament. |
Erbrecht und Güterstand 35 ff., des überlebenden
Ehegatten 92 |
Erhöhung des Brautschatzes 86 |
Erbvertrag 48 |
Errungenschaft 36 |
Erstgeburtsrecht 74,
75 |
Ertragswert des Hofes 50 |
F |
Falkenburg 9,
12 |
Falkmann, Simon VI und seine Zeit 18 |
Fälligkeit der Brautschätze 85 |
|
|
– 154 – |
Fischereirechte und -pflichten 54 |
Flörken, die, in Lemgo 19 |
Flößrechte 54 |
Fortgesetzte Gütergemeinschaft 38 |
Freibrief 16 |
Freies bäuerliches Vermögen 36 |
Freigut und Hofgut 35 ff., 68, Vererbung
71, Begriff
beim Erbrecht 72 |
Freikauf 21 |
Freimeier 12,
27 |
Freischilling 15 |
Führer, meierrechtliche Verfassung: s.
Vorwort, 16 |
G |
Gebundenheit des Hofes, Hofgutes 55 ff,
59, frühere
58, jetzige 59, Hoferblasser und G. 65 |
Geltungsbereich des Höferechts, Entwurf
137 |
Gemeine Vollmeier 12 |
Gemeinschaftliches Testament 117, Muster
118 |
Genehmigung zur Veräußerung von Höfen und
Hofgrundstücken 59,
60, landespolizeiliche 59 ff.,
61 |
Gesamtgut, Verfügung des Ehemannes 41,
42, Vererbung
42, 43, einseitige Bestimmung über das G.
44, 45 |
Gesetzliche Erbfolge 71 |
Gesetz über die Brautschätze 81 |
Gläubiger, Überlassung der Höfe an G.
30,
Hofgläubiger 73 |
Grenzvermarkungsgesetz 63 |
Großjährigkeit 38 |
Großkötter 12,
27 |
Groten, die, in Lemgo 19 |
Grundbesitz und Hörigkeit 7 ff., Landesherr und G.
7
ff., G. und Leibeigentum 16 |
Grundbuch-Blatt 32, Eintragungen usw.
33,
öffentlicher Glaube 34, Einsicht
34, G.-Ämter 32,
Grundbuchung, frühere 23 ff., heutige
32 ff. |
|
|
|
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|
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|
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|
|
– 155 – |
Grundherrlichkeit 10 |
Grundkredit 23 ff. |
Grundsteuerveranlagung 28 |
Gutseigene 16, -eigentum, Aufhebung desselben
22 |
Gutsherrlichkeit 11,
17 |
Gutshörigkeit 17 |
Guts- und Lehnsbesitz 13 |
Gütergemeinschaft, allgemeine 37, fortgesetzte
38,
für Ehen von 1900 39, Aufhebung
43, Eintragung
beider Ehegatten in das Grundbuch bei G.
59,
Aufhebung 95 |
Güterstand, gesetzlicher des BgB. 39,
45, G. und
Erbrecht 35 ff, neues Recht
38 |
Güterstände, des BgB. 40 |
Güterordnung von 1786 37 ff., Verhältnis des BgB.
zur Güter-O 39,
40, 41,
45 |
Güterrecht des BgB. 40 |
Güterrechtsregister 47 |
Gütertrennung des BgB. 46, Rechtsstellung des
überlebenden Ehegatten bei G. 91, Erbrecht des
überlebenden Ehegatten 92 |
H |
Halbmeier 12,
27 |
Halbspänner 12 |
Handdienste 12 |
Handschriftliches Testament 113 ff, Muster
115 |
Herabsetzung des Brautschatzes 86 |
Hochzeitsgeschenke 72 |
Hof, Vererbung 47, Unteilbarkeit
56, Genehmigung zur
Veräußerung 59,
60, Belastung
60, freie Verfügung
des Eigentümers 60, Vereinigung mehrerer Höfe
62 |
Hofabtretungsvertrag, Muster 126 |
|
|
– 156 – |
Hoferblasser 65 ff., H. und
Höferecht 66 ff., H. und
Pflichtteilsrecht 68,
Auslegungsregeln des Testaments des H.
69 |
Hoferhaltungsmöglichkeiten 49
ff., 94 |
Hofgebundenheit 55,
Hoferblasser und H. 65 ff. |
Hofgut, Begriff 53 ff.,
unbewegliches 53, bewegliches
54, Vererbung
55, 73,
Gebundenheit 55 ff., Frühere
G. 58, jetzige G.
59, H. und Freigut
35 ff., 68. |
Hofübernahme, Alter des Anerben, Kritik
131 |
Hofvermögen 35 ff. |
Hofzerstückelungsordnung 59 |
Horn 9, 12 |
Hoppenplöcker 12 |
Höfeerbrecht, Entwurf, 141 |
Höferecht 7, Änderung des H.
38, Erblasser und H.
66 |
Höferecht, Kritik 130,
Entwurf eines H. 137 |
Höferechtliche landesgesetzliche Sondervorschriften
39 |
Höhe des Brautschatzes 83 |
Hörigkeit und Grundbesitz 7 |
Huderechte und -pflichten 54 |
Hülfsgeld für unteilbare Lasten 31 |
Hypothekenbücher 28 ff. |
I |
Interimswirtschaft, Eintritt 97,
Mal- oder Meierjahre 99,
Rechtsstellung des Interimswirts
101, Vertrag 99 |
Intestaterbfolge 71,
90 |
Jagdrechte und -pflichten 54 |
K |
Kappel 7, 18 |
Katasterverwaltung 26 |
|
|
|
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|
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|
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|
|
– 157 – |
Katastrierung 24, Katastration
27 |
Kinder von Leibeigenen und -freien
16 |
Kirchenstühle 35,
53 |
Kleinkötter 12,
27 |
Kleinsorgen, die, in Lemgo 19 |
Kolon 12 |
Kolonatsvermögen 35 |
Kommission, Brautschatz- 88 |
Konservenfabriken, Anteile 54 |
Kottmanns, die, in Lemgo 19 |
Korvey 9 |
Kötter 12,
27 |
Kritik des Höferechts 130 |
L |
Lagerbücher 24 |
Landesherr und Grundbesitz 7 |
Landeslehen 20 |
Landespolizeiliche Genehmigung bei Verkäufen
59 ff., 61 |
Landespolizeiverordnung 58,
81, 97,
104 |
Landwirtschaft 3,
4 ff. |
Landwirtschaftliche Nebenbetriebe
54 |
Landwirtschaftliche Sachverständige
25 |
Lasten, Hülfsgeld für unteilbare
31 |
Lastenverteilung 31 |
Laßbrief 15 |
Leben, wirtschaftliches 2 |
Lebenswandel, sittenloser, des Anerben
76 |
Lehnsbesitz und Gutsbesitz 13,
20 |
Lehnsleute 19 |
Lehnsherr 14,
17, 18 |
Lehnsherrlichkeit 12,
17 |
Lehnslasten 20 |
|
|
– 158 – |
Lehnspflicht 20 |
Leibeigene 16 |
Leibeigentum 14,
20, Aufhebung, L. und
Grundbesitz 16 |
Leibzucht 103 ff., frühere
Grundsätze 103, heutige
Grundsätze 105, Beginn und
Ende 116, L.-Vertrag
107, Wohnung
109, Zubehörungen
110, Rechtseigenschaft der
Leibzuchtsgegenstände 111 |
Leibzugsrecht, Entwurf 147 |
Leihende Hand, Wandlungen 17 |
Lemgo 9, 18,
19 |
Letztgeburtsrecht 74 |
Letztwillige Verfügung, Erhaltung des Hofes durch L.
50, Auslegungsregeln
69; s. auch
Testament |
Lippe (Fluß) 7 |
Lippe (Detmold) 8 ff. |
Lippstadt 7,
18, Lipperode 7 |
M |
Maljahre 99 |
Marienfeld 18 |
Meier 12 |
Meierjahre 99 |
Meier zu Stapelage 19 |
Meyer, Kolonatsrecht, s. Vorwort
|
Menkhausen, Erbkötter von 19 |
Mittelkötter 12,
27 |
Mittel- oder gemeine Vollmeier 12 |
Molkerei-Anteile 54 |
Mühlenrechte und -pflichten 54 |
N |
Nachlaßgläubiger des Hoferblassers
74 |
Naturalleistungen 21 |
Nebenbetriebe, landwirtschaftliche
54 |
Neues Recht für Güterstand und Erbrecht
38 ff |
|
|
|
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|
|
– 159 – |
Neuordnung des Höferechts, Kritik
130 |
Nottestament 120, Muster
124 |
Numerierung der Besitzungen 27 |
O |
Öffentlicher Glaube des Grundbuches
34 |
P |
Paderborn 9 |
Pflichtteil 48,
68, Anrechnung der Aussteuer
68 |
Pflichtteilsrecht und Hoferblasser
68 |
Pottereirechte und -pflichten 54 |
R |
Neuordnung der Grundbucheintragungen
33 |
Ritter 12,
17 |
S |
Saalbücher 24,
25 |
Schaumburg-Lippe 8 |
Schlichtung 91 |
Schwalenberg 9 |
Selbstverfaßtes Testament 113
ff., Muster 115 |
Sicherstellung des Brautschatzes
86 |
Sittenloser Lebenswandel des Anerben
76 |
Sondervorschriften, höferechtliche
39 |
Spanndienste 12 |
Saat und Ackerbau 4, St. und
Wirtschaft 1 |
Stapelage, Erbkötter und Erbpächter des Meiers zu
19 |
Städteherrlichkeit 10 |
Stellung des Anerben, Kritik 134 |
Sternberg 9,
12 |
Steuern, Reichs- und Landesst. 23 |
Straßenkötter 12,
27 |
|
|
– 160 – |
T |
Testament: eigenhändiges 113,
Muster 115 ff.,
gemeinschaftliches 117,
Muster 118, Not-, Dorf- oder
Vorstehertestament 110,
Muster 124; s. auch
letztwillige Verfügung |
Testat-Erbfolge 90 |
U |
Unbewegliches Hofgut 53,
Freigut 72 |
Unehelicher Anerbe 74 |
Uneheliche Kinder, Brautschatz 85 |
Unfähigkeit des Anerben 75 |
Unschädlichkeitszeugnis 61 |
Unteilbare Lasten, Hülfsgeld 31 |
Unteilbarkeit des Hofes 56 |
Urproduktion 3 |
Überlebender Ehegatte, Rechtsstellung
42, 89
ff., Verfügungsfreiheit 44,
Erbrecht 92, Rechtsstellung
bei der Gütergemeinschaft des BgB.
94, im Witwenstande, Kritik
131 |
V |
Varenholz 9,
12 |
Veräußerung von Höfen und Hofgrundstücken,
Genehmigung 59,
60 |
Vereinigung mehrerer Höfe 62 |
Vererbung des Hofguts 55,
73, des Freiguts
71, nach Höferecht
55 |
Verfügung: s. letztwilliger B. und
Testament |
Verfügungsbeschränkungen: s. Höferecht, Entwurf
139 |
Verfügungsfreiheit des Hofbesitzers
59 ff, 65,
69,
bei letztwilliger Verfügung 68 |
Vermessung 7 |
Vermögensverwaltung des Mannes 45,
46
|
|
|
|
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|
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|
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Verzeichnis |
|
|
– 161 – |
Verordnung wegen Eheverschreibung der Bauersleute
59, 81 |
Verwaltung des ehelichen Vermögens
45, 46 |
Verwaltungsgemeinschaft des BgB.
40, 45, Ausschluß
46, Rechtsstellung des
überlebenden Ehegatten bei V. 91,
Erbrecht des überlebenden Ehegatten
92 |
Verzicht des Anerben 77 ff. |
Verzinsung des Brautschatzes 86 |
Viertelmeier 12 |
Vollmeier 12,
27 |
Vollspänner 12 |
Voraus bei Einkindschaft 44,
des überlebenden Ehegatten 49,
72, 94 |
Vorbehaltsgut der Frau 42,
45 |
W |
Walzende Güter 59,
61 |
Wasserrechte 54 |
Wegerechte und -pflichten 54 |
Weinkauf 14 |
Wert, Ertragswert, des Hofes 50 |
Wiederverheiratung, Rechtsfolge 38,
43 |
Wirtschaft und Staat 1, W. und
Ackerbau 3 |
Wirtschaftliches Leben 2 |
Wirtschaftsgegenstände 54 |
Wistinghausen, Erbkötter zu 19 |
Z |
Zubehör des Hofguts 35,
54, der Leibzucht
110 |
Zuckerrübenfabriken, Anteile 54 |
Zuspänner 12 |
Zuständigkeit für die Entziehung des Anerbenrechts
76 |
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